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Neue Ausstellung zeigt altes Gold

Mit einem Ausflug in die Bronzezeit geht man derzeit im Kunsthistorischen Museum Wien weit in die Geschichte zurück. Das hat einen guten Grund: Im Zentrum der Ausstellung „Das erste Gold“ steht das kürzlich entdeckte Goldbergwerk auf dem Berg Ada Tepe in Bulgarien - von dort stammen möglicherweise auch die Schätze von Troja und Mykene.

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Im Dunkel des Saals des Kunsthistorischen Museums kommen sie besonders gut zur Geltung: die teils sehr massiven und schlichten, nur mit wenigen Einkerbungen und Schwärzungen verzierten Goldgefäße und Goldschmuckobjekte, von denen tatsächlich kaum zu glauben ist, dass sie schon 3.500 Jahre alt sind. Wie diese Prachtstücke entstanden sind, woher ihr Rohmaterial eigentlich stammte, darüber wusste man bisher wenig. Beziehungsweise glaubte man, dass das meiste europäische Gold in der Bronzezeit aus Flüssen gewaschen wurde. Ein Irrtum.

Gut zehn Jahre ist es her, da wurde im touristisch wenig erschlossenen Gebirge der Rhodopen im Südosten Bulgariens ein archäologischer Sensationsfund gemacht: Man entdeckte das erste prähistorische Goldbergwerk Europas. „Wir kennen aus dieser Periode grundsätzlich nicht viele Bergwerke, für Edelmetall schon gar nicht. Ada Tepe ist wirklich einmalig“, sagte der bulgarische Vizedirektor des Archäologischen Instituts in Sofia, Hristo Popov, im Interview mit ORF.at.

Für 3.000 Jahre vergessen

Popov hat die Ausstellung im Kunsthistorischen Museum mitkuratiert. Rund um die Ausgrabungen von Ada Tepe präsentiert man nicht nur über 300 Gold-, Silber- und Bronzeobjekte aus der bulgarischen Bronzezeit aus 14 Museen, sondern auch erste Forschungsergebnisse.

Spiralen als Haarschmuck

KHM-Museumsverband

Diese goldenen Spiralen waren einst ein begehrter Haarschmuck

Das Ausstellungsprojekt ist eine bulgarisch-österreichische Kooperation – und nicht nur das: Seit vergangenem Jahr ist ein Team der Österreichischen und der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften in Ada Tepe, um die Funde vom Goldabbau und der zugehörigen Bergwerkssiedlung zu untersuchen. Das Glück der Forscher ist es, dass das Bergwerk, wie man herausgefunden hat, nur einige hundert Jahre lang, zwischen 1.500 vor Christus und 1.000 vor Christus, betrieben wurde. Dann geriet es in Vergessenheit.

Begehrtes Edelmetall

Das Kunsthistorische Museum hat die Entdeckungen in Ada Tepe zum Anlass genommen, die Geschichte des begehrten Edelmetalls in Europa zu erzählen.

Keine Spuren der Eisenzeit, Römerzeit oder des Mittelalters überlagern die bronzezeitlichen Hinterlassenschaften – sonst hätte man dort vermutlich nichts gefunden. So aber gibt es bereits jetzt aufsehenerregende Resultate: Man fand heraus, dass schon damals zum Abbau von Gold die Feuersetztechnik eingesetzt wurde: Mittels Erhitzung wurde das Gestein brüchig gemacht und damit das Golderz leichter zugänglich. Die Methode war bisher nur aus der Römerzeit bekannt.

Globalisierung in der Bronzezeit

Zu sehen sind in der Ausstellung auch Spiralröllchen, auf den ersten Blick geheimnisvolle, etwa drei Zentimeter lange Kringel, die man sich auf die Haarlocken steckte: Vor Jahrtausenden waren sie ein weit verbreiteter Bestandteil der Tracht in Zentral- und Südosteuropa. Sie waren damals den Eliten vorbehalten oder wurden den Göttern geweiht, waren aber keinesfalls Alltagsobjekte der Bergleute im bulgarischen Gebirge.

Ausstellungshinweis

„Das erste Gold. Ada Tepe: Das älteste Goldbergwerk Europas“, bis 25. Juni 2017, Kunsthistorisches Museum Wien.

Das Gold, das die Arbeiter damals gewannen, war für den Handel vorgesehen. „Die Bronzezeit ist bereits eine Zeit von Globalisierungsprozessen in Europa“, meint Popov. Der Handel mit wertvollen Metallen beschränkte sich nicht nur auf den Rohstoffaustausch, sondern trug auch zur überregionalen Verbreitung von Objekten und Formen bei.

Valcitran: Größter Goldschatz der Bronzezeit

Das gilt auch für den Goldschatz von Valcitran – das wichtigste Ausstellungsstück: Er wurde auch von mediterranen Formen inspiriert. Es sind 13 Objekte, kleine goldene Becher, deckelförmige Scheiben, ein Gefäß mit tropfenförmigen Schalen und mit ca. 12,5 Kilogramm der größte Goldschatz der Bronzezeit überhaupt.

Schatz von Vălčitran

KHM-Museumsverband

Teile des Schatzes von Valcitran

1924 wurde er zufällig bei Feldarbeiten in Nordbulgarien entdeckt: Die Dorfbewohner hatten versucht, den Fund zu verheimlichen, die Polizei kam aber dahinter, als in der Umgebung bei Zahnärzten und Goldschmieden kleine Stücke auftauchten. Zum Glück, wie Popov erklärt: „Einige der wertvollen Golddeckel waren damals schon mit Weintraubenscheren beschnitten, weil die Dorfbewohner das Gold untereinander aufgeteilt hatten.“

Troja und Mykene auf der Spur

Das Gold von Valcitran selbst stammt nicht aus Ada Tepe, dafür vermutlich ein anderes: nämlich das von Mykene und Troja. Troja und die mykenische Kultur Griechenlands waren mit dem Schiff schon damals gut erreichbar - und noch ein anderes Argument spricht für die Theorie: Die Herkunft des vielen Goldes von Mykene ist bisher ungeklärt, während man weiß, dass der Abbau in Ada Tepe gleichzeitig mit dem Palastbau im Süden begann. Für die Forschung gibt es also noch viel zu tun: Die Goldschätze müssen geochemisch ausgewertet werden. Ein nicht ganz einfacher Prozess, der aber lohnend wäre: Denn so könnte man die damaligen Handelswege ergründen.

Paula Pfoser, für ORF.at

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