Trotz Widerstands: Türkischer Minister will in Köln auftreten

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Der türkische Wirtschaftsminister Nihat Zeybekci plant für heute einen Wahlkampfauftritt in einem Kölner Hotel. „Wir werden uns darauf vorbereiten“, sagte ein Polizeisprecher. Die Polizei sei informiert, dass eine derartige Veranstaltung geplant sei. Da es sich aber um eine „privatrechtliche Veranstaltung“ handle, sei die Polizei dort nicht im Einsatz.

Zuvor waren zwei mit Zeybekci geplante Veranstaltungen in Köln-Porz und Frechen abgesagt worden. Auch in anderen deutschen Städten kassierten türkische Politiker eine Abfuhr. Die Absagen führten zu großen Spannungen zwischen der Türkei und Deutschland. Zeybekci will heute am Nachmittag außerdem in Leverkusen ein Grußwort bei einem Konzert sprechen. Zeybekci will für das von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan angestrebte Präsidialsystem werben. Darüber können die Türken in einem Referendum am 16. April abstimmen.

„Keiner von euch kann uns daran hindern“

Die türkische Regierung hatte davor angekündigt, trotz wachsender Kritik in Deutschland für das umstrittene Verfassungsreferendum zu werben. Außenminister Mevlut Cavusoglu kritisierte bei einem Wahlkampfauftritt gestern in der Südtürkei Beschränkungen und Auftrittsverbote in Deutschland und den Niederlanden als undemokratisch und kündigte weitere Veranstaltungen an.

„Keiner von euch kann uns daran hindern“, sagte er vor Anhängern. „Wir können überall hingehen, wo wir wollen, unsere Bürger treffen, unsere Treffen abhalten“, sagte der Außenminister.

Yücel-Verhaftung belastet Beziehungen zusätzlich

Die Kundgebungen stehen in der Kritik, weil eine Verfassungsänderung dem türkischen Präsidenten Erdogan erheblich mehr Machtfülle geben würde. Schon jetzt wird ihm von Kritikern vorgeworfen, autoritär zu regieren. Zudem sorgt die Inhaftierung des deutsch-türkischen Journalisten Deniz Yücel für massive Kritik. Erdogan hatte die Spannungen am Freitagabend mit neuen Vorwürfen weiter angeheizt.

Yücel sei ein Mitglied der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und deutscher Agent, der sich einen Monat lang in der deutschen Botschaft versteckt habe, sagte Erdogan. Das Auswärtige Amt nannte die Vorwürfe abwegig.

Erdogan: „Beihilfe zum Terrorismus“

Erdogan kritisierte auch das Auftrittsverbot in Deutschland. Die dafür Verantwortlichen sollten wegen „Beihilfe zum Terrorismus“ belangt werden, sagte er.

Yücel hatte sich vor mehr als zwei Wochen freiwillig der Polizei für eine Befragung gestellt und sitzt seither im Gefängnis. Ihm wurde bisher die Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Er hat die Beschuldigungen zurückgewiesen.

Krisendiplomatie im Hintergrund

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel telefonierte unterdessen mit dem türkischen Regierungschef Binali Yildirim, wie ein Regierungssprecher bestätigte. Über Inhalte wurde nichts mitgeteilt. Tags darauf ist ein weiterer Auftritt eines türkischen Ministers in Deutschland geplant. In der kommenden Woche will der deutsche Bundesaußenminister Sigmar Gabriel seinen Kollegen Cavusoglu treffen.