Männliche Malteser sind EU-Sorgenkinder
Wer männlich, zwischen 65 und 75 Jahre alt ist und aus Malta stammt, ist mit hoher Wahrscheinlichkeit übergewichtig. Wie die am Mittwoch veröffentlichten Zahlen der Statistikbehörde Eurostat zeigen, sind aber alle anderen Erwachsenen auch nicht aus dem Schneider. 51,6 Prozent haben einen Body-Mass-Index von über 25 und gelten daher als übergewichtig.
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Die Daten stammen aus der Europäischen Gesundheitsbefragung 2014. Laut dieser hatten 46,1 Prozent Normalgewicht und 2,3 Prozent Untergewicht. Fast jeder Sechste über 18-Jährige (15,9 Prozent) leidet sogar unter Adipositas - krankhafter Fettleibigkeit.

Grafik: ORF.at; Quelle: Eurostat
Österreich liegt mit einem Anteil von 14,7 Prozent unter dem EU-Durchschnitt von 15,9 Prozent auf Rang 21. Die Fettleibigkeitsrate ist am höchsten in Malta (26,0 Prozent), die geringste Rate an fettleibigen Erwachsenen weist Rumänien mit nur 9,4 Prozent auf.
Jüngere und Gebildete im Vorteil
Der Anteil fettleibiger Erwachsener variiert deutlich je nach Altersgruppe und Bildungsniveau. Mit Ausnahme der ab 75-Jährigen gilt: Je älter die Altersgruppe, desto höher der Anteil adipöser Menschen. In der Altersgruppe der 65- bis 74-Jährigen lag der Anteil fettleibiger Menschen in der EU bei 22,1 Prozent, in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen dagegen bei knapp unter sechs Prozent.
Auch bei Betrachtung des Bildungsniveaus ist ein klares Muster erkennbar: In der EU sinkt der Anteil adipöser Menschen mit steigendem Bildungsniveau. Tatsächlich beträgt der Anteil Fettleibiger bei Personen mit niedrigem Bildungsniveau fast 20 Prozent, bei Personen mit mittlerem Bildungsniveau 16 Prozent und bei Personen mit hohem Bildungsstand nicht ganz zwölf Prozent.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Eurostat
Ein systematischer Unterschied zwischen Männern und Frauen lässt sich bei Adipositas nicht feststellen: In der einen Hälfte der Mitgliedsstaaten war der Anteil der betroffenen Männer höher, in der anderen Hälfte war es der Anteil der Frauen. Allerdings bestehen innerhalb einzelner Mitgliedsstaaten erhebliche Unterschiede. In Malta, Kroatien, Slowenien und Zypern sind die Männer signifikant dicker als die Frauen, in Litauen, Lettland und den Niederlanden ist es umgekehrt. Auf EU-Ebene war der Anteil der von Adipositas Betroffenen im Jahr 2014 bei Männern (16,1 Prozent) und Frauen (15,7 Prozent) beinahe gleich hoch.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: Eurostat
Ausgrenzung, Depressionen, Krankheit drohen
Zahlreiche Studien belegen, dass Fettleibigkeit Auslöser für mehr als 60 Begleiterkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Beschwerden und Depressionen sein kann. Ausgrenzung im Alltag und im Job verstärke die Krankheit zusätzlich. Sie führe in der Regel zu noch mehr Stress und damit zu einem erneut veränderten Essverhalten sowie zu weiterer Gewichtszunahme.
Junge Menschen mit einem hohen Body-Mass-Index sind außerdem - geschlechtsunabhängig - besonders stark gefährdet, an einer Essstörung zu erkranken. Bei adipösen Mädchen liegt dieses Risiko sogar bei rund 50 Prozent, bei Burschen bei 30 Prozent.
Der Body-Mass-Index in der Kritik
Die Einstufung nach dem Body-Mass-Index ist umstritten, da sie ausschließlich Körpergewicht und Größe berücksichtigt. Ein relativ hohes Körpergewicht und damit ein hoher BMI können auch durch viel Muskelmasse, höhere Knochendichte, stärkere Knochen- und Gelenkdurchmesser, größere Schulterbreite und viele andere Faktoren verursacht sein. Besonders stark trifft das bei Sportlern zu.
Der Body-Mass-Index
Der Body-Mass-Index (BMI) ist definiert als Körpergewicht in Kilogramm, geteilt durch das Quadrat der Körpergröße in Metern. Dabei gelten folgende Definitionen:
- Untergewicht: BMI unter 18,5
- Normalgewicht: BMI zwischen 18,5 und unter 25
- Übergewicht: BMI von 25 oder mehr (Präadipositas + Adipositas)
„Der BMI ist ein schlechter Prognosefaktor für Gesundheit,“ kritisierte Jeffrey Hunger von der Abteilung für Psychologie und Hirnforschung der Universität von Kalifornien in Santa Barbara dieses Jahr bei den Alpbacher Gesprächen. „Alleine in den USA fallen dadurch 74 Millionen Menschen in eine falsche Kategorie.“ Millionen von ihnen seien gesund, obwohl sie laut BMI als „krank“ eingestuft würden, Millionen Menschen seien eigentlich krank, obwohl der BMI sie als „gesund“ darstelle.
„Übergewicht stigmatisiert, macht Stress und führt zu einem zwei- bis dreifach höheren Risiko für Substanzabhängigkeit“, sagte Hunger. „Es wäre viel sinnvoller, nicht einen bestimmten BMI als Zielwert anzupeilen, sondern harte Parameter wie den Blutdruck und die Blutzuckerwerte als Ziele anzusehen.“
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