Autohersteller springen auf
Der Markt für Elektroautos ist in den vergangenen Jahren in Schwung gekommen. Aus dem Blickfeld geriet dabei das Wasserstoffauto. Seit den 1970er Jahren als Zukunft der Mobilität gepriesen, ist es der Wiedergänger der Autobranche. Nun aber sorgt eine mächtige Allianz für große Fortschritte. Auch Experten meinen, dass die Brennstoffzelle manch bedeutsamen Vorteil gegenüber der Batterie hat.
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Die Zeichen stehen derzeit auf Strom, die großen Autokonzerne investieren Milliarden für klimaschonende E-Antriebe. Wenig Aufmerksamkeit fiel dabei dem Wasserstoffauto zu. Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder: In Österreich fahren derzeit nur 13 Pkws mit Brennstoffzelle, mehr als 9.000 werden hingegen mit Batterie betrieben. Das soll sich bald ändern: Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos verkündete eine hochkarätige Industrie-Phalanx, sie wolle den Wasserstoffantrieb endgültig zum Erfolg führen.
Produktion im großen Stil
Unter der Führung des japanischen Autoherstellers Toyota und dem französischen Gasehersteller Air Liquide schlossen sich im Jänner dieses Jahres rund ein Dutzend Weltkonzerne wie BMW und Shell dafür zum „Hydrogen Council“ zusammen. Sie wollen jährlich 1,4 Mrd. Euro in die Technik stecken. Damit hat das H-Auto nun eine mächtige Lobby, die das Thema nach Jahrzehnten wieder aus dem Dornröschenschlaf weckt.
Bisher haben Toyota und Hyundai Autos mit Brennstoffzelle in Großserie. Honda und General Motors produzieren in einem Joint Venture Brennstoffzellen für Autos beider Konzerne. Daimler will noch in diesem Jahr einen Geländewagen mit Wasserstofftechnik herstellen, allerdings als Hybrid mit E- und H-Antrieb. BMW will ab 2025 Brennstoffzellenautos in Serie auf die Straße bringen.
Aus dem Auspuff kommt nur Wasser
Wasserstoff hat sich zum Hoffnungsträger der Branche entwickelt. In einer Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG unter 1.000 Managern weltweit schlossen sich 78 Prozent der Meinung an, dass Brennstoffzellenautos den wahren Durchbruch für Elektromobilität bringen würden.

Grafik: ORF.at; Quelle: Toyota
Dabei ist das H-Auto eigentlich ein Stromauto: Wasserstoff reagiert in einer Brennstoffzelle mit dem Sauerstoff der Luft und wird in Strom umgewandelt. Damit wird das Fahrzeug angetrieben. Aus dem Auspuff kommt lediglich Wasserdampf. Wasserstoff riecht nicht und ätzt nicht, ist nicht schwer abbaubar oder krebserregend.
Schnell betankt
Gegenüber Batterien hat Wasserstoff auch den Vorteil, dass die Betankung nur wenige Minuten braucht. Wasserstoff ist kein begrenzter Rohstoff. Die Reichweite von Autos mit Brennstoffzelle ist außerdem deutlich höher als die von akkubetriebenen Fahrzeugen. Rund 600 Kilometer verspricht Hersteller Hyundai. Zudem ist dem H-Auto eine kleine Batterie beigefügt, um Leistungsspitzen abzudecken.
„Wenn hohe Reichweite gefragt ist, hohe Leistung etwa für große Autos und kurze Betankungszeit, dann ist das Wasserstoffauto das Mittel der Wahl“, sagt Alexander Trattner vom Hydrogen Center Austria (HyCentA), einem Forschungszentrum für Wasserstoff am Campus der TU Graz.

Reuters/Gary Cameron
Ein H-Auto von unten: Brennstoffzellen (links), Wasserstofftanks (gelb) und zusätzliche Batterie (rechts)
Die Frage der Sicherheit eines Hydrogentanks im Auto stellt sich für Trattner nicht: „Die Technologie ist absolut sicher und beherrschbar. Die Tanks sind dicht, es gibt keinerlei Austritt. Das ist ein Irrglaube von früher.“ Aufklärung sei das Wichtigste, so Trattner, gerade über den Wasserstoff. „Die eine Hälfte denkt bei dem Wort ans Haarefärben, die andere Hälfte an die Hindenburg.“
Trattner sieht einen bestechenden Vorteil am H-Antrieb: Eine ganze Flotte rein batteriebetriebener Autos aufzuladen sei schwer zu bewerkstelligen. „Der Strom muss beim Laden auch zur gleichen Zeit erzeugt werden. Speichern ist hier nicht möglich. Beim Wasserstoffauto ist das anders, da kann der Vorgang geteilt werden.“
Kaum Tankstellen vorhanden
Doch auch die Brennstoffzelle hat in der Infrastruktur einen großen Hemmschuh: Es gibt derzeit noch kaum Tankstellen, und davon sind nicht alle öffentlich. Laut Trattner gibt es derzeit in Österreich fünf öffentliche, drei weitere sind in Planung. Zum Vergleich: E-Autos können an mehreren tausend Stellen im Land geladen werden, inzwischen vermehrt auch an Schnellladestationen.
Deutschland hat 19 öffentliche Wasserstofftankstellen am Netz, allerdings sind dort enorme Investitionen geplant. Bis 2023 soll ein Netz von rund 400 Tankstellen stehen. In Österreich hingegen ist das Netz „weniger dicht“, wie auch Andreas Dorda vom Verkehrsministerium (BMVIT) sagt.
Hohe Kosten
Laut einer EU-Richtlinie sollen die Mitgliedsländer bis Ende 2025 eine ausreichende Anzahl öffentlich zugänglicher Tankstellen gewährleisten können. „Dieses Ziel werden wir noch dieses Jahr erreichen“, sagt Dorda. Das Problem sei: „Die Hersteller wollen die Autos nicht bauen, solange es keine Tankstellen gibt und umgekehrt.“
Forscher Trattner sieht Probleme bei der Umsetzung. „Die Ziele sind sehr hoch gesteckt, die Umsetzung läuft aber sehr schleppend“. Solange die Stückzahlen auch noch dermaßen begrenzt sind, ist das H-Auto in Relation sehr teuer. Ein Kleinwagen mit Brennstoffzelle kostet laut Verkehrsclub Austria (VCÖ) noch rund 70.000 Euro.
„Wasserstoff als Schlüssel“
Für beide Modelle gibt es in Österreich seit Jahresbeginn Unterstützung vom Bund: Wer sich ein E- oder H-Auto anschafft, wird mit 4.000 Euro gefördert. Zudem wird die Errichtung von Ladeinfrastruktur gefördert. In Deutschland waren Maßnahmen wie eine Ankaufprämie für E-Autos zunächst nur mäßig erfolgreich. Das heimische Ministerium will die Ankäufe durch einen Maßnahmenmix aus Prämie, Ladestationen und zusätzlichen Anreizen ankurbeln.
Das Klimaabkommen von Paris formulierte den Plan, weltweit aus fossiler Energie auszusteigen. Damit ist das Ende des Zeitalters von Diesel und Benzin eingeläutet. „Jetzt haben wir eine Übergangsphase mit einer Vielzahl an Varianten. Wenn man die Klimaziele von Paris ernst nimmt, stellt Wasserstoff den Schlüssel dar“, sagt Trattner. Durchsetzen würden sich aber beide Varianten: Batterie und Brennstoffzelle. Beide hätten für unterschiedliche Zwecke ihren Nutzen.
Auch Dorda sieht in Zukunft die Koexistenz: „Zu erwarten ist, dass die Brennstoffzelle ihren Platz in der Bandbreite der Technologien einnimmt. Schwere Lkws werden eher mit Hybrid oder Brennstoffzellen fahren. Autos, die nur in der Stadt unterwegs sind, hingegen eher mit Batterie. Wie genau die Marktanteile dieser Technologien dann sein werden, ist aber noch nicht absehbar“.
Caecilia Smekal, ORF.at
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