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Förderung mit Bedingungen

Schneller als geplant hat die Regierung ihren Beschäftigungsbonus beschlossen. Am Dienstag passierte die Förderregelung den Ministerrat. Darin enthalten sind auch jene Beschränkungen, die in den vergangenen Tagen für Diskussionen in der Koalition sorgten. Sie sollen laut Regierung vor allem die heimischen Arbeitnehmer schützen.

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„Wir müssen die österreichischen Interessen konsequent vertreten“, sagte Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) nach dem Ministerrat und führte auch gleich aus, was er darunter versteht: Die Regierung wolle den „weiteren Zuzug von Arbeitskräften aus dem europäischen Ausland“ nicht weiter „fördern“.

Konkret bedeutet das nach dem nun beschlossenen Entwurf: Die Förderung an Unternehmen für neue Arbeitsplätze wird an Bedingungen geknüpft. Die Hälfte der Lohnnebenkosten wird dem Arbeitgeber nur erlassen, wenn der neu eingestellte Mitarbeiter entweder in Österreich arbeitslos gemeldet war, den Job gewechselt hat, aus einer österreichischen Ausbildungsstätte kommt oder - und das ergänzt die Kern-Pläne vom Wochenende - ein Beschäftigungsverhältnis auf Basis einer Rot-Weiß-Rot-Karte vorweisen kann.

Regierung sieht sich auf Boden von EU-Recht

Den letzten Punkt habe seine Partei in die Regelung reklamiert, sagte Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP). Der Wirtschaftsminister war gemeinsam mit Kern vor die Presse getreten - in Zeiten von Regierungskoordinatoren ein nicht alltägliches Bild.

Am Dienstag lobten Kanzler und Vizekanzler einhellig den gemeinsames Beschluss. Sie zeigten sich überzeugt, dass sich die Regierung mit der neuen Regelung auf dem Boden des EU-Rechts bewegen werde. Da man bei der Förderung nicht auf den Wohnort abgestellt habe, handle es sich um eine „durchsetzungsfähige Lösung“, sagte Kern. Mitterlehner sah einen „entsprechenden Gestaltungsspielraum“.

Die EU-Kommission kündigte an, sich die Regelung näher anzuschauen. Solange kein konkreter Vorschlag auf dem Tisch liege, könne es aber keinen Kommentar geben, sagte ein EU-Kommissionssprecher am Dienstag in Brüssel. Aus EU-Kommissionskreisen war zu hören, dass es sich wohl nicht um eine direkte Diskriminierung anderer EU-Bürger handle. Es könnte aber eine indirekte Diskriminierung vorliegen.

„Punktgenau vorgehen“

Kanzler und Vizekanzler hatten zuvor darauf verwiesen, dass Beschäftigungspolitik in der EU Aufgabe der Mitgliedsstaaten sei. Da in der EU eine gemeinsame Sozialpolitik fehle, sei ein Handeln auf nationaler Ebene nötig, sagte Kern. Laut dem Kanzler kam der größte der größte Zuwachs an Jobs in den vergangenen Jahren zugewanderten Arbeitnehmern zugute. Die Arbeitslosigkeit sei währenddessen insgesamt gestiegen sei. Wenn der Staat nun zwei Mrd. Euro zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit in die Hand nehme, müsse man nun auch punktgenau vorgehen.

Wie bereits in der Früh gegenüber Ö1 brachte der Kanzler überdies das Beispiel der deutschen Pkw-Maut. Diese Konstruktion würde die EU akzeptieren, so der Kanzler. Die österreichische Regierung gehört selbst allerdings zu den größten Gegnern der deutschen Mautpläne.

Evaluierung nach zwei Jahren

Mitterlehner wies darauf hin, dass sich ein Unternehmen pro Arbeitnehmer und Jahr etwa 4.000 Euro an Lohnnebenkosten ersparen könne - und der Bonus gilt immerhin für drei Jahre. Der Vizekanzler glaubt, dass so über drei Jahre 160.000 Arbeitsplätze zusätzlich geschaffen werden könnten. Auch Kern geht von einer sechsstelligen Summe aus.

Wie lange die Aktion läuft, soll von ihrem Erfolg abhängern. Kern sagte, der Bonus gelte fürs Erste nur so lange, bis die dafür budgetierten zwei Mrd. aufgebraucht sind. Ihm wäre es lieber, wenn das sehr schnell geschehe, was bedeuten würde, dass die Arbeitslosigkeit rasch gesunken sei.

Evaluiert wird der Bonus jedenfalls nach zwei Jahren. Dann soll entschieden werden, ob die Maßnahme allenfalls verlängert werden könnte. Weitergehen würde der Bonus selbst aber auch bei einer Beendigung. Denn garantiert ist, dass die schon genehmigte Lohnnebenkostenhalbierung für die zusätzlichen Arbeitsplätze drei Jahre lang läuft.

Keine Doppelförderung

Doppelförderungen sollen durch die Regelung jedenfalls vermieden werden. Daher wird für einen Beschäftigten, für den eine Lohnnebenkostenförderung gemäß Start-up-Förderung bezogen wird, nicht gleichzeitig auch ein Beschäftigungsbonus gewährt. Betriebe, die dem Sektor Staat zugerechnet werden, können nicht gefördert werden.

Die Antragstellung ist ab 1. Juli möglich und hat grundsätzlich vor Schaffung des ersten zu fördernden zusätzlichen Arbeitsplatzes zu erfolgen. Die Kosten über den kommenden Finanzrahmen 2018-21 belaufen sich auf zwei Mrd. Euro. Nach spätestens zwei Jahren erfolgt gemäß Wunsch des Finanzministeriums eine Evaluierung. Abgewickelt wird das Förderprogramm nicht nur über die Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws), sondern auch über die Österreichische Hotel- und Tourismusbank (ÖHT).

Lob von FPÖ, Ärger bei NEOS

Lob für die Regierungspläne kam in einer ersten Reaktion von der FPÖ. „Das ist ein Versuch, der löblich ist“, sagte Obmann Heinz-Christian Strache am Dienstag bei einer Pressekonferenz. Die Themenführerschaft sieht er in diesem Bereich weiterhin bei seiner Partei. Es handle sich nämlich um eine langjährige Forderung der Freiheitlichen, die - wie viele - noch vor Kurzem verteufelt worden sei.

Weit weniger freundlich fiel das Urteil von NEOS aus. Die Regierung beschädige mit ihren Plänen die europäische Einigungsidee, so NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker in einer Aussendung. Für den NEOS-Abgeordneten ist die Einschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit „eine gefährliche Drohung für Europa und Österreich“. Team-Stronach-Klubobmann Robert Lugar ortete wiederum ein „bürokratisches Ungeheuer“. Der einzig richtige Ansatz wäre es, die Lohnnebenkosten für alle zu senken.

Wirtschaft zufrieden abwartend

Grundsätzlich zufrieden äußerten sich die Vertreter der Wirtschaft. Allerdings hänge der Erfolg nun noch an einer einfach handhabbaren Umsetzung, schreiben Wirtschaftskammer (WKÖ) und Industriellenvereinigung (IV) in Reaktion auf den Ministerratsbeschluss. Die Maßnahme gehe „in die einzig richtige Richtung“, um Wirtschaft und Arbeitsmarkt anzukurbeln, weil die Betriebe von Kosten entlastet werden, so WKÖ-Präsident Christoph Leitl.

Auch Christoph Neumayer, Generalsekretär der IV, erwartet durch die Maßnahme positive Beschäftigungsanreize. Klar sei jedoch, „dass die Umsetzung sich in der unternehmerischen Praxis bewähren“ müsse und nicht zu einem bürokratischen Mehraufwand führen dürfe. Allerdings werde das Wachstumspotenzial nicht ausgeschöpft, weil Fachkräfte aus dem EU-Ausland von der Förderung weitgehend ausgeschlossen sind.

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