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Ende der Ära Correa

Nach zehn Jahren an der Macht wählt Ecuador am Sonntag einen Nachfolger für Präsident Rafael Correa. Rund 12,8 Millionen wahlberechtigte Bürger können unter acht Kandidaten entscheiden. Der Favorit auf die Nachfolge von Rafael Correa im Präsidentenamt ist Lenin Voltaire Moreno.

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In letzten Umfragen führte Moreno (63), Kandidat von Correas Partei Alianza Pais, mit rund 32 Prozent vor dem konservativen früheren Banker Guillermo Lasso von der Partei Creando Oportunidades („Chancen schaffen“, CREO) mit 21,5 Prozent. Chancen kann sich auch Cynthia Viteri von der Christsozialen Partei ausrechnen. Zudem werden am Sonntag die 137 Abgeordneten der Nationalversammlung gewählt.

Stichwahl als Chance für Opposition

Da Moreno mindestens 40 Prozent holen und zugleich zehn Punkte vor dem Zweiten liegen müsste, deutet alles auf eine Stichwahl am 2. April hin. Hier würde sich die Frage stellen, ob sich das Lager der Correa-Gegner einig zeigt und damit wie in Brasilien und Argentinien die linke Ära beendet wird. Moreno will den linksorientierten Kurs Correas fortsetzen und zwei Milliarden Dollar (1,9 Mrd. Euro) zusätzlich in Sozialprogramme investieren.

Lenin Moreno

Reuters/Henry Romero

Ex-Vizepräsident Lenin Voltaire Moreno in der Favoritenrolle

Von 2007 bis 2013 war Moreno Vizepräsident. Seit einem Raubüberfall vor fast zwanzig Jahren ist er auf einen Rollstuhl angewiesen und setzt sich weltweit für Benachteiligte ein. Daneben ist er Autor vor allem von Büchern über den Humor. Eine Auswahl der Werke: „Theorie und Praxis des Humors“, „Die besten Witze der Welt“, „Humor der Berühmten“, „Philosophie für Leben und Arbeit“.

Modernisierungsschub dank Öleinnahmen

Dank der staatlichen Öleinnahmen hatte Correa stark in den Bau von Straßen, Kraftwerken und Krankenhäusern investiert, die meist mit Hilfe chinesischer Firmen gebaut wurden. Zudem wurde das Bildungssystem verbessert. Aber im Zuge des niedrigeren Ölpreises kam diese auf Ressourcenausbeutung ausgerichtete Politik an ihre Grenzen. Zudem gibt es Kritik an Umweltzerstörungen im Amazonas-Gebiet durch die Ölförderung, die zur Vertreibung indigener Gemeinschaften führte.

Correas linker Kurs

In Correas Amtszeit stieg das Bruttoinlandsprodukt (BIP) pro Kopf jährlich um 1,5 Prozent - verglichen mit nur 0,6 Prozent in den 25 Jahren davor, wie das Center for Economic and Policy Research in Washington berichtete. Zuletzt lag es bei rund 6.200 Dollar (etwa 5.800 Euro) im Jahr. Sozialausgaben wurden auf fast neun Prozent des BIP verdoppelt, die Armutsquote im Land konnte um 38 Prozent reduziert werden.

Karte zeigt Ecuador und seine Nachbarstaaten

APA/ORF.at

Es gab aber Kritik an einem teils autoritären Politikstil und mehreren Korruptionsaffären. Auch Moreno ging im Wahlkampf auf Distanz zu Correas Methoden und räumte Probleme mit Schmiergeld ein. Anders als etwa Hugo Chavez in Venezuela und Evo Morales in Bolivien hatte Correa der Versuchung widerstanden, die Verfassung zu ändern, um länger an der Macht bleiben zu können.

Der Odebrecht-Skandal

Die Wahl beeinflussen kann auch der weit verzweigte Korruptionsskandal um den brasilianischen Baukonzern Odebrecht, der auch in Ecuador schwelt. Was wusste die Regierung? In Ecuador sollen Berichten zufolge insgesamt 33,5 Millionen Dollar (31,5 Mio. Euro) Schmiergeld geflossen sein, und zwar in Correas Amtszeit.

Die Ermittlungen gegen Odebrecht hatten im Jahr 2014 begonnen und nach und nach ein ausgeklügeltes System zur Zahlung von Schmiergeldern an Politiker, Parteien, Staatsbeamte und Manager zutage gefördert. Mit dem Geld sollen sich der Konzern und andere Baufirmen Aufträge gesichert und teils sogar eine vorteilhafte Gesetzgebung erkauft haben. Das Unternehmen gab zu, in zwölf Ländern illegale Zahlungen in Höhe von 788 Millionen Dollar (rund 740 Mio. Euro) geleistet zu haben.

Wahl mit außenpolitischen Folgen

Ecuador ist neben Bolivien und Venezuela eines der letzten Länder in Südamerika mit einer dezidiert linken Umverteilungspolitik. Mäßigend auf die Regierung in Caracas einwirkend und die Friedensverhandlungen zwischen ELN-Guerilla und kolumbianischer Regierung begleitend, hat das Land auch außenpolitisch zuletzt mehr Verantwortung übernommen.

Julian Assange in London

Reuters/Peter Nicholls

WikiLeaks-Gründer Assange: Seit 2012 im Asyl in Ecuadors Botschaft in London

Mit Spannung wird erwartet, wie es nach der Wahl mit dem Asyl für WikiLeaks-Gründer Julian Assange in Ecuadors Botschaft in London weitergehen wird. Lasso hatte bereits angekündigt, bei einem Wahlsieg das Asyl zu beenden. Mehrere Staaten pochen auf Assanges Auslieferung. Ihm droht unter anderem in den USA der Prozess. Es ist unklar, was er noch weiß und wen er in Bedrängnis bringen könnte.

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