Höhere Effizienz ohne Lokführer?
Autonomes Fahren wird derzeit vor allem als das große Zukunftsthema der Autobranche gehandelt. Das Thema betrifft aber zunehmend auch den Schienenverkehr, wie zuletzt etwa bei der Vorstellung der „Strategie 2020“ der Schweizer Bundesbahnen (SBB) deutlich wurde.
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„Digitalisierung und Automatisierung eröffnen neue Möglichkeiten“, zeigt man sich bei den SBB überzeugt, weswegen „auch die Möglichkeit von ferngesteuerten Zügen“ geprüft werden soll. Es handelt sich um einen Vorstoß, der auch bei anderen Bahnunternehmen bereits auf der Agenda steht. Nicht nur Autos sollen künftig autonom fahren, sondern auch Züge, hieß es dazu auch schon von der Deutschen Bahn (DB).
„Ich rechne damit, dass wir 2021, 2022 oder 2023 so weit sind, dass wir in Teilen unseres Netzes vollautomatisch fahren können“, sagte bereits im Vorjahr der damalige DB-Chef Rüdiger Grube der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ („FAZ“). Erst im Jänner zeigte sich dann auch ÖBB-Chef Andreas Matthä offen für Züge ohne Lokführer und nannte dabei Güterverkehr auf Zubringerstrecken auch schon als mögliches erstes Einsatzfeld - mehr dazu in oesterreich.ORF.at
Im Nahverkehr bereits Realität
Bereits Realität sind fahrerlose Züge bisher etwa im Nahverkehrssystem etlicher Städte und auf Verbindungsstrecken zwischen Flughafenterminals. Die „Stuttgarter Zeitung“ nennt hier etwa die Metrolinie 15 im brasilianischen Sao Paulo, U-Bahnen in Barcelona, Turin, Paris, Dubai, Kopenhagen sowie die Docklands Light Railway in London als Beispiele unter vielen. Deutscher Vorreiter ist zudem die seit 2008 fahrerlose U-Bahn-Linie 3 in Nürnberg.

Reuters/Michaela Rehle
Nürnbergs U3 ist bereits fahrerlos
Bereits fixiert ist mit der U5 auch die erste fahrerlose U-Bahn-Linie Wiens, die - geht alles nach Plan - 2023 eröffnet werden soll. Erfahrungen mit der „Entwicklung einer autonom fahrenden Eisenbahn als Individualverkehrslösung für Nebenbahnen“ - wie es in einer aus dem Jahr 2008 datierten Ausschreibung beim Verkehrsministerium heißt - wurden in Österreich bereits auf der Traunseebahn (Oberösterreich) gemacht. Für eine Zulassung des Systems gelte es noch, „behördliche Verfahren, Gesetzesänderungen und Praxistests“ abzuwarten, wie die „Oberösterreichischen Nachrichten“ („OÖN“) 2012 berichteten.
„Gewaltige Umbauten“ als Hürde
Wirtschaftsinformatiker Oliver Gebauer, dessen Dissertation Basis für das Vorhaben war, zeigte sich gegenüber der „Stuttgarter Zeitung“ mit dem auf „AutoBahn“ getauften und auf Laserscannern, Kameras und diversen Sensoren setzenden Pilotprojekt in Oberösterreich dennoch schon zufrieden. Eine von Gebauer angesprochene mögliche Kostendeckung von bis zu 60 Prozent wurde von der Zeitung angesichts der in diesem Fall nicht notwendigen Infrastrukturänderungen aber auch wieder relativiert.
Auf dem Weg in eine fahrerlose Zukunft seien Bahnbetriebe und Kommunen vielfach mit sehr hohen Kosten konfrontiert, wobei hier unter anderem jene rund 600 Millionen Euro genannt wurden, die in Nürnberg für die Adaptierung der Strecke und U-Bahnhöfen notwendig waren. „Gewaltige Umbauten“ seien eine große Hürde auf dem Weg in eine fahrerlose Zukunft. Neben U-Bahnen sei autonomes Fahren derzeit zudem zwar auch bei Regionalstrecken durchaus eine Option - abseits geschlossener Verkehrssystemen wie diesen werde die Sache aber deutlich komplizierter.
„Viele technische und rechtliche Fragen offen“
Noch viele technische und vor allem rechtliche offene Fragen ortete laut „FAZ“ ein Sprecher der deutschen Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG). Von Arbeitnehmerseite wurde hier auch der im Raum stehende Verzicht auf Lokführer scharf kritisiert.
Ex-DB-Chef Grube zeigte sich dennoch überzeugt: „Das automatisierte Fahren kommt“ und dem könne und dürfe man sich nicht entziehen. Das Fahren ohne Lokführer in einem komplexen Schienensystem mit Regional-, Fern- und Güterzügen sei aber sehr wohl „schwieriger als bei einer U-Bahn“, wie Grube dann doch eingestand: „Aber es ist möglich.“
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