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Illustre Namen in ungewohnter Rolle

Der ehemalige deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) ist am Sonntag von der deutschen Bundesversammlung zum Bundespräsidenten gewählt worden. Zwar hatte er fünf Gegenkandidaten, sein Sieg stand aber ob einer Übereinkunft von SPD und CDU/CSU außer Frage. Im Mittelpunkt stand daher eher die illustre Liste der Wähler.

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Denn die Bundesversammlung, die nur zur Präsidentenwahl zusammentritt, setzt sich nicht nur aus den Abgeordneten des Bundestages (derzeit 630) zusammen, sondern auch aus ebenso vielen Vertretern der 16 Länder. Die Bundesländer entsenden nicht nur Politiker, sondern auch Prominente in die Versammlung. Und diesmal sind die Länderparteien besonders kreativ geworden.

Tortengrafik über die Zusammensetzung der Bundesversammlung

Grafik: ORF.at; Quelle: APA

Löw, Kerkeling, Ferres, Berben

So nominierten die Grünen in Baden-Württemberg Fußballbundestrainer Joachim Löw, gleich drei Olympiasieger und eine Paralympics-Siegerin durften ihre Stimme abgeben. Die CDU von Nordrhein-Westfalen schickte den Comedian Hape Kerkeling und die Schauspielerin Veronica Ferres ins Rennen.

Die SPD des Bundeslandes hat den YouTuber Julien Bam, der dürfte vor allen den Jüngeren ein Begriff sein, und die Schauspielerin Mariele Millowitsch auserkoren. Mit Iris Berben und Natalia Wörner, beide von SPD-Ländern nominiert, traf sich fast das ganze Who’s who der weiblichen deutschen Fernsehlandschaft in der Bundesversammlung.

Auch ein Promi als Kandidat

Auch für die Musik war gesorgt. Die Schlagersängerin Katja Ebstein traf auch ihren Genrekollegen Roland Kaiser, Silbermond-Sängerin Stefanie Kloß konnte sich am Rande vielleicht noch Tipps von Altrocker Peter Maffay holen. Sie alle kamen mit SPD-Tickets - ebenso wie der Schriftsteller Feridun Zaimoglu. Die Grünen in Niedersachsen schickten die Travestiekünstlerin Olivia Jones.

Dabei gab es auch unter den Kandidaten einen echten B-Promi: Alexander Hold ist seit 2001 als Fernsehrichter bekannt, er wurde von den Freien Wählern ins Rennen um das höchste Staatsamt geschickt.

Zeitleistengrafik über die bisherigen Bundespräsidenten Deutschlands

Grafik: ORF.at; Fotos: APA/dpa/AFP; Quelle: APA

Chancenloses Quartett

Als eine Art Spaßkandidat fungierte Engelbert Sonneborn. Der 78-Jährige ist der Vater des EU-Abgeordneten und Satirikers Martin Sonneborn („Titantic“) und tritt für die Piratenpartei an, weil er „ausreichend Zeit für repräsentative Aufgaben“ habe. Sohn Martin durfte übrigens mitwählen, die Piraten haben ihn nominiert.

Mit dem Kölner Politologen und Armutsforscher Christoph Butterwegge schickte die Linkspartei einen Kandidaten ins Rennen, der als scharfer Kritiker der Agenda 2010 in Erscheinung getreten ist. Komplettiert wurde das Quintett vom 75-jährigen Albrecht Glaser, ehemals CDU-Kommunalpolitiker und mittlerweile Vizechef der rechtspopulistischen AfD.

Sie alle galten als chancenlos, nachdem sich im Vorfeld CDU/CSU und SPD auf den gemeinsamen Kandidaten Steinmeier geeinigt hatten - auch wenn dieser Prozess nicht ganz friktionsfrei war.

Verstimmung zwischen CDU und CSU bei der Kür

Die CSU mit ihrem Chef Horst Seehofer hatte sich auf den Standpunkt gestellt, die CDU/CSU-Fraktion habe als stärkste Fraktion das Recht, den Nachfolger von Joachim Gauck zu bestimmen. Die SPD beharrte allerdings auf Steinmeier - wissend, dass CDU/CSU keinen Kandidaten finden würden, der etwa in einer freien Abstimmung ohne SPD-Stimmen die Mehrheit finden würde.

Der Entscheidung waren vergebliche Anläufe der Vorsitzenden der drei Koalitionsparteien vorangegangen, einen gemeinsamen Kandidaten zu finden. Die CDU und Kanzlerin Angela Merkel hatten bereits zuvor angedeutet, dass man mit Steinmeier als Präsidenten leben könne. Die Entscheidung zu seinen Gunsten bedeutete vor allem eine Niederlage für die CSU und eine Vertiefung des laufend angespannten Klimas zwischen den beiden Unionsparteien.

Ruf nach Direktwahl

Immer wieder wird in Deutschland der Ruf nach einer Direktwahl des Bundespräsidenten wie in Österreich laut. Zuletzt plädierte in einer YouGov-Umfrage eine deutliche Mehrheit dafür. 71 Prozent der Befragten gaben an, sie würden eine Wahl durch das Volk befürworten. Nur 16 Prozent waren dagegen, 13 Prozent hatten keine Meinung dazu. Frühere Umfragen wiesen ganz ähnliche Ergebnisse auf.

Ein Schlaglicht auf den Stellenwert der Wahl wirft auch die Absage von Schleswig-Holsteins Ex-Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU): Er gab seine Stimme an einen Ersatzmann weiter, weil sein Dackel erkrankt und seine Frau auf Urlaub ist.

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