„Casablanca“ mit Humphrey Bogart als Rick Blaine und Ingrid Bergman als Ilsa Lund gilt als Inbegriff des Kinos - auch wenn niemand so genau weiß, warum. Vielleicht macht die Mischung den Reiz aus: Bogarts Coolness, eine unglückliche Liebesgeschichte voller Kitsch und Elemente eines Weltkriegs-Politthrillers. Regisseur Michael Curtiz ging mit dem Streifen jedenfalls in die Filmgeschichte ein.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Der Einfluss des Films auf Hollywood besteht ebenfalls bis heute. Zahlreiche Referenzen an die Liebesgeschichte finden sich etwa im Oscar-Favoriten „La La Land“. Legendär an „Casablanca“ sind vor allem die Sprüche. „Spiel es einmal, Sam. Zur Erinnerung an damals“ lautet eines der berühmtesten Zitate (und nicht „Spiel’s noch einmal, Sam“, wie viele glauben). Ilsa sagt diesen Satz, als sie mit ihrem Mann Victor Laszlo (Paul Henreid) unerwartet in „Rick’s Cafe Americain“ in Casablanca auftaucht und den Pianisten Sam (Dooley Wilson) wiedertrifft, Ricks guten Freund und Begleiter.
picturedesk.com/Warner Bros/Mary Evans
Bogart und Bergman vor der Kamera
Und dieses „Damals“, das sie meint, ist natürlich klischeegerecht Paris, die Stadt der Liebe, in der Ilsa und Rick im Sommer 1940 eine Affäre hatten, kurz bevor die Nazis Frankreichs Hauptstadt besetzten. Und zwar in einer Zeit, in der Ilsa dachte, dass ihr zu schützender Mann, der Widerstandskämpfer Laszlo, womöglich tot ist.
Jubiläum im Gartenbaukino
Das Wiener Gartenbaukino zeigt Casablanca anlässlich des Jubiläums von 10. bis 19. Februar.
In kitschigen Rückblenden erfährt der Zuschauer, wie das damals war, wie sich Ilsa und Rick in den letzten Tagen vor dem Einmarsch der Deutschen das Leben versüßten („Wir haben doch ausgemacht: keine Fragen“). Romantisch fällt hier auch der Satz, den jeder kennt und den Bogart viermal im Film sagt: „Ich seh’ dir in die Augen, Kleines“ (also nicht: „Schau mir in die Augen, Kleines“, der Originalsatz lautet „Here’s looking at you, kid“).
Die namensgebende Stadt Casablanca ist für den Film, der Ende 1941 spielt, zu einem Tummelplatz für Emigranten aus dem eingeschlossenen Europa verklärt, die alle zum großen Auswandererhafen Lissabon wollen und dann nach Amerika. Doch der historische Hintergrund ist ein bisschen konstruiert - am ehesten kam in Marokko noch Tanger an das heran, was hier für Casablanca beschrieben wird. Die Bar im dortigen Hotel „El Minzah“ war ein Refugium, ähnlich wie „Rick’s Cafe“ im Film.
Egal: Das alles hinderte die Amerikanerin Kathy Kriger nicht daran, vor ein paar Jahren in der Innenstadt von Casablanca „Rick’s Cafe“ zu eröffnen - aus Zelluloid wurde sozusagen ein echtes, stilvolles Lokal.
Geschichtsklitterung in Deutschland
Aus historischen Ungenauigkeiten wurde in der ersten deutschen Synchronfassung sogar regelrechte Geschichtsklitterung. Im Original war „Casablanca“ ein US-amerikanischer Propagandafilm gegen das nationalsozialistische Deutschland. Als der Streifen zehn Jahre nach seinem Entstehen im deutschsprachigen Raum gezeigt wurde, ist vom ehemaligen Politkrimi nicht viel mehr als eine harmlose Romanze geblieben.
25 Minuten kürzer war in der übersetzten Version dann nicht mehr Regimekritik und Widerstandskampf angesagt, sondern die Jagd nach einer naturwissenschaftlichen Formel. Erst 1975 strahlte die ARD die ungekürzte und neu synchronisierte Fassung aus, die bis heute bekannt ist.
„A kiss is just a kiss“
Doch zurück zur Geschichte, die im Film erzählt wird: Erst im Laufe der etwa 100 Minuten versteht man, warum das Lied „As Time Goes By“ so viel Wehmut bei den Beteiligten hervorruft („You must remember this / A kiss is just a kiss / A sigh is just a sigh ...“)
Der in Casablanca als Zyniker bekannte Rick („Ich halte für niemanden den Kopf hin“), den Humphrey Bogart darstellt - man möchte gar nicht sagen, dass er ihn „spielt“, denn er scheint mit der Rolle zu verschmelzen -, selbst dieser Rick hat eine weiche pathetische Seite und ein Herz. Und am Ende wächst er über sich hinaus.
AP/Kurt Strumpf
Damit Bogart an Bergman heranreichte: Plateauabsätze
Trockene Sprüche, wie für Memes getextet
Zunächst jedoch gibt es herrlich schräge Dialoge mit Bogart, die heute ohne Weiteres als Memes für Soziale Netzwerke taugen würden, etwa: „Welche Nationalität haben Sie?“ Antwort: „Ich bin Trinker.“ Oder aber: „Wo warst Du letzte Nacht?“ Antwort: „Das ist so lange her, ich erinnere mich nicht.“ „Sehen wir uns heute Nacht?“, Antwort: „Ich plane nie so weit im Voraus.“ Oder: „Was hat Sie nur in Gottes Namen nach Casablanca verschlagen?“ Antwort: „Meine Gesundheit. Ich kam nach Casablanca wegen der Quellen.“ „Quellen? Was für Quellen? Wir sind in der Wüste.“ „Man hat mich falsch informiert.“
Rick ergeht sich zunächst in Selbstmitleid: „Nicht zu fassen: Von allen Kaschemmen der ganzen Welt kommt sie ausgerechnet in meine.“ Doch am Schluss wählt er nicht die Rache oder Eifersucht, sondern stellt die unbezahlbaren, sicheren Transitvisa Ilsa und ihrem Mann zur Verfügung - damit die beiden als Paar weiter für die gute Sache kämpfen können. Es gibt Wichtigeres als die Liebe. Oder: Die größte Liebe ist die, die sich nie (ganz) erfüllt.
APA/AFP/Don Emmert
Das legendäre Piano
Und noch was: Der Film ist ein Hoch auf die Freundschaft, denn Rick bleibt in (Französisch-)Marokko, bei dem korrupten Polizeichef Louis Renault (Claude Rains): „Louis, ich glaube, dies ist der Beginn einer wunderbaren Freundschaft.“
Party und Merchandise
Das 75. „Casablanca“-Jubiläum in diesem Jahr will Bogarts Sohn Stephen jedenfalls groß feiern. Die Bergman-Töchter Isabella Rossellini und Pia Lindström sind zu dem traditionellen Bogart-Filmfestival Mitte Oktober in Key Largo im US-Staat Florida eingeladen. Seit 2013 richtet der Humphrey-Bogart-Nachlass das Treffen mit Fans aus aller Welt aus.
picturedesk.com/Warner Bros/Mary Evans
Razzien standen an der Tagesordnung. Rick auf Beobachterposten
Bogarts Erkennungszeichen waren Trenchcoat und Hut, die im Mundwinkel hängende Zigarette und ein Drink in der Hand. Mit diesem Mythos ist heute noch Geld zu verdienen. Der gebürtige Niederländer Robbert de Klerk verwaltet den Nachlass. „Zusammen mit dem Studio Warner Bros. bringen wir in diesem Jahr einen ‚Casablanca‘-Spielautomaten für Casinos heraus“, erzählte De Klerk der deutschen Nachrichtenagentur dpa. Im „Bogie“-Sortiment gibt es bereits Gin-Flaschen mit Foto und Unterschrift, einen britischen Trenchcoat, einen Füllfederhalter aus Frankreich, wie ihn Bogart einst benutzte.
„Er war mehr ein Einzelgänger“
Bogart selbst war kein Star, der gern im Rampenlicht stand, sagt sein Sohn. „Er mochte seine Arbeit, er stand gerne vor der Kamera, doch er war mehr ein Einzelgänger. Am liebsten spielte er Schach, ging mit ein paar Freunden segeln oder Golf spielen“, erzählt Stephen Bogart. Zu seinen Lieblingsfilmen zählte Bogart laut seinem Sohn „Die Spur des Falken“, „Der Schatz der Sierra Madre“ - und natürlich „Casablanca“.