Themenüberblick

Verpflichtendes Integrationsjahr kommt

Im neuen Arbeitsprogramm der Regierung, zu dem sich am Montag SPÖ und ÖVP bekannt haben, sind neben dem Komplex Arbeit noch etliche weitere Themen abgehandelt. Umfangreich beleuchtet werden auch Sicherheit und Integration: samt dem Ausbau von Überwachungsmaßnahmen, Vollverschleierungsverbot und Rückkehrzentren für abgelehnte Asylwerber.

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Acht der 35 Seiten des Paktes drehen sich um diese Fragen. Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sagte dazu in einer Pressekonferenz nach dem Sonderministerrat, man habe beim Thema Integration in der Vergangenheit „zu wenige Anstrengungen“ unternommen, man habe vielleicht auch ein falsches Bild über notwendige Maßnahmen gehabt. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sei der SPÖ sehr beim Integrationsjahr entgegengekommen.

„Harte Sanktionen“ bei Verweigerung

Dieses Integrationsjahr mit verpflichtenden Kursen und gemeinnütziger Tätigkeit soll für Asylwerber mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit, für Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte etabliert werden. Dabei sollen die Integrationsmaßnahmen dokumentiert werden. „Wird die Teilnahme am Programm oder einzelnen Modulen verweigert, kommt es zu harten Sanktionen“, heißt es im Pakt der Regierung.

Zudem soll der Dienstleistungsscheck für Asylwerber geöffnet werden. Die Deutsch- und Wertekurse werden ausgebaut, für jene mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit und Asylberechtigte besteht ein Rechtsanspruch auf die Sprachkurse. Schon für kommende Woche werden die entsprechenden Begutachtungsentwürfe angekündigt.

Kopftuchverbot in Justiz und Polizei

Offenbar durchgesetzt hat sich Integrationsminister Kurz beim Kopftuchverbot in Justiz und Polizei. Das Wort selbst ist nicht im Pakt zu finden, sondern wird unter dem Begriff „Neutralitätsgebot“ behandelt. Ausdrücklich erwähnt ist hingegen das Vollverschleierungsverbot: „Wir bekennen uns zu einer offenen Gesellschaft, die auch eine offene Kommunikation voraussetzt. Vollverschleierung im öffentlichen Raum steht dem entgegen und wird daher untersagt.“

Der Pakt bringt unter dem Punkt „Sicherheit und Integration“ auch neue Maßnahmen zur Überwachung. So sollen „technische Ermittlungsmöglichkeiten zur Überwachung von Gefährderinnen und Gefährdern“ ausgebaut werden. Bei konkretem Verdacht soll im Regelfall U-Haft verhängt werden. „In Fällen, in denen die Gefährdung nur abstrakt ist und die Untersuchungshaft unverhältnismäßig wäre, wird die elektronische Fußfessel als gelinderes Mittel angestrebt und durch die Gerichte entschieden.“

Ausweispflicht bei Kauf von SIM-Karte

Videomaterial öffentlicher Betreiber ist auf Anordnung der Staatsanwaltschaft bei einer Gefährdungslage den Sicherheitsbehörden herauszugeben. Wo es technisch möglich ist, soll auch Echtzeitstreaming eingesetzt werden können. Eine akustische Überwachung soll auch im Auto analog zu jener in der Wohnung möglich werden.

Auch die Überwachung internetbasierter Kommunikation soll ermöglicht werden, sodass es Kriminellen nicht mehr möglich ist, durch Skype, WhatsApp und dergleichen jegliche Überwachungsmöglichkeit zur verhindern. Telekommunikationsanbieter sollen verpflichtet werden, nach staatsanwaltschaftlicher Anordnung Daten bis zu zwölf Monate zu speichern. Um die Ausnützung von Wertkartenhandys für Straftaten zu verhindern, wird beim Erwerb einer SIM-Wertkarte eine Ausweispflicht eingeführt. Bei sexueller Belästigung in Gruppen sollen höhere Strafen greifen.

Rückkehrzentren werden eingerichtet

Um die Zahl der Migranten zu reduzieren, ist eine Verstärkung der Grenzkontrollen vorgesehen. Dabei sollen auch Kennzeichenerfassungsgeräte zum Einsatz kommen. Der Assistenzeinsatz des Bundesheeres soll weiter ausgebaut werden. Die Rückkehrberatung soll intensiviert werden, die Rückkehrprämien sollen angepasst werden.

„Für die Durchsetzung einer neu zu fassenden Ausreiseanhaltung“ werden „Rückkehreinrichtungen sowie Rückkehrzentren“ eingerichtet. Mit der Unterbringung in solchen Quartieren geht die Verhängung einer Gebietsbeschränkung einher. Eine Unterbringung in einem Rückkehrzentrum mit Bewegungsbeschränkung im Rahmen der Ausreiseanhaltung erfolgt, wenn eine Person die Behörden über ihre Identität bewusst getäuscht hat oder sie sich rechtswidrig hier aufhält. Solche Rückkehrzentren sind geschlossene Einrichtungen, bei denen eine jederzeitige Ausreise möglich ist, eine Bewegungsfreiheit in Österreich besteht hingegen nicht mehr. Es gibt nur noch Sach- und keine Geldleistungen mehr.

„Schule 4.0“ muss noch warten

Die Pläne der Regierung zur Bildung finden ebenfalls ihren Platz im neuen Arbeitsprogramm: Die lange verhandelte Schulautonomie soll im April durch den Ministerrat und Anfang 2018 in Kraft treten. Was noch dauern wird, ist Kerns „Schule 4.0“: Die Finanzierung von Gratistablets und Laptops für alle Schüler und Lehrer ist noch offen. Ein Einstieg soll zunächst einmal ab 2018 erfolgen. Bis 2020/21 sollen alle Schulen über eine einem Breitbandanschluss entsprechende technologische Anbindung sowie über ein leistungsstarkes WLAN verfügen.

Bis 2020 soll die nächste Mobilfunkgeneration 5G in jeder Landeshauptstadt verfügbar sein. Die verpflichtende Papierrechnung für Handy und Internet wird abgeschafft. Interessant auch jene Punkte, die sich nicht in der Vereinbarung finden: So ist etwa von einer Modellregion für die gemeinsame Schule der Sechs- bis 14-Jährigen keine Rede mehr. Auch eine Umstellung der Schulfinanzierung auf einen Sozialindex ist nicht enthalten.

Neue Zugangsregeln an Unis

Die Koalition hat auch weitere Zugangsbeschränkungen an den Unis fixiert: Bis Juni 2017 soll ein Umsetzungskonzept zur Einführung eines Studienplatzfinanzierungsmodells an öffentlichen Universitäten „inklusive Aufnahmeverfahren und Zugangsregeln wo erforderlich“ vorgelegt werden. Auch eine Erhöhung der Forschungsprämie und eine fixe Dotierung der Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung sind vorgesehen.

Auch die Lehrlinge sollen nicht zu kurz kommen: Vorbereitungskurse auf die Lehrabschlussprüfung sollen übernommen werden, Auslandspraktika für Lehrlinge mit Schwerpunkt Sprachenerwerb werden ausgebaut.

MRT-Wartezeiten sollen kürzer werden

Durch das überarbeitete Regierungsprogramm soll auch in puncto Gesundheit etwas weitergehen: SPÖ und ÖVP wollen den Druck zum Abbau langer Wartezeiten auf Computertomografie- und Magnetresonanzuntersuchungen erhöhen. Gibt es bis Ende März 2017 keine vertragliche Lösung zwischen Sozialversicherung und der in diesem Fall zuständigen Wirtschaftskammer, sollen gesetzliche Maßnahmen ergriffen werden. Auch bei der psychischen Gesundheit wird aufs Tempo gedrückt: Bis 30. Juni 2017 sollen Sozialversicherungen und der Hauptverband ein Konzept vorlegen, um die Zahl der Therapieeinrichtungen österreichweit um ein Viertel zu erhöhen.

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