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Projekt gegen Wasserknappheit in Nahost

Der seit Jahren geplante Bau eines Kanals zwischen dem Roten und dem Toten Meer soll 2018 beginnen. Das bestätigte ein Sprecher des israelischen Ministeriums für regionale Zusammenarbeit am Montag. Mit dem Vorhaben soll die Trinkwasserversorgung in der Region sichergestellt werden, Umweltschützer befürchten unterdessen schwere Folgen für das Tote Meer.

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Ein rund 180 Kilometer langer Kanal soll künftig Rotes Meer und Totes Meer miteinander verbinden. Das als „Friedenskanal“ bezeichnete Milliardenprojekt wurde von Jordanien, Israel und Palästinensern bereits 2013 gemeinsam mit Unterstützung der Weltbank beschlossen und soll in erster Linie der Wasserknappheit in den angrenzenden Regionen entgegenwirken. Vor allem in Jordanien hat sich aufgrund des Zuzugs vieler Flüchtlinge die Situation weiter verschärft.

Eine Karte zeigt das Rote Meer und das Tote Meer

ORF.at/OSM

Rund 180 Kilometer trennen das Rote Meer vom Toten Meer

Bis zu 850 Millionen Kubikmeter Wasser

Das Projekt sieht vor, Wasser aus dem Roten Meer zunächst in eine Entsalzungsanlage bei der jordanischen Küstenstadt Akaba zu pumpen. Das auf diese Art gewonnene Trinkwasser soll dann nach Jordanien und Israel geleitet, die Salzlake dagegen mittels Pipeline ins Tote Meer gepumpt werden. Durch den Vorgang soll sich zusätzlich auch Strom gewinnen lassen.

Nach der ersten Bauphase, die drei Jahre dauern soll und deren Beginn für kommendes Jahr angekündigt wurde, sollen jährlich 100 Millionen Kubikmeter Trinkwasser produziert werden können. Bis zum Jahr 2060 soll das Projekt 850 Millionen Kubikmeter Trinkwasser im Jahr für die anliegenden Regionen produzieren.

Rettung des Toten Meers

Mit dem Vorhaben soll auch versucht werden, den seit Jahrzehnten sinkenden Pegel des Toten Meeres anzuheben. Im Moment sinkt der Pegel des zwischen Israel, Jordanien und Palästinensergebieten gelegenen Gewässers jedes Jahr durchschnittlich um einen weiteren Meter. Ohne Gegenmaßnahmen könnte das Tote Meer austrocknen.

Küstengebiet am Toten Meer

Getty Images/Boryan

Das Tote Meer trocknet aus, an der Küste entstehen Senklöcher, die viele Meter tief sein können

Verantwortlich dafür ist vor allem die Nutzung des Wassers aus dem in das Tote Meer fließenden Jordan, der seit den 1960ern Israel als wichtigste Trinkwasserquelle dient. Das Wasser wird auch landwirtschaftlich genutzt. Im südlichen Teil des Toten Meers trägt hingegen die industrielle Nutzung des Salzsees zur Austrocknung bei: Hier wird für die Gewinnung von Mineralien Wasser verdampft.

Kanal als „kleineres Übel“

Umweltschützer warnten vor gefährlichen ökologischen Folgen der Vermischung der Meere. So könnten sich neben einer Veränderung des Salzgehalts etwa große Mengen Gips bilden. Auch Korallenriffe im Roten Meer wären durch den Bau des Kanals gefährdet. Eine bereits 2012 von der Weltbank in Auftrag gegebene Studie kam zum Schluss, dass die ökologischen Folgen bei entsprechender Planung minimiert werden können.

Stephan Kempe, Geologieprofessor von der Technischen Universität Darmstadt, sieht das Projekt jedoch als kleineres Übel. „Natürlich wäre es schöner, wenn man den Jordan reanimieren könnte“, sagt Kempe im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. „Aber das ist nicht realistisch.“ Selbst wenn der Jordan wieder in voller Kraft fließen sollte, würde das nicht zu einem Ansteigen des Wasserpegels im Toten Meer, sondern nur zu einer Stabilisierung der Lage führen, erklärt er.

Entscheidung für Umsetzung im März

Jordanien hat im November fünf Finalisten aus 17 internationalen Unternehmensgruppen ausgesucht, die sich an der Ausschreibung für das Bauprojekt beteiligt hatten. Darunter sind nach Medienberichten 20 Firmen aus China, Frankreich, Kanada, Italien, Japan, Südkorea, Singapur und Spanien. Bis Ende März soll feststehen, wer den Bau letztlich ausführen solle, so der Sprecher des israelischen Ministeriums. Die Weltbank hat die Kosten auf 10 Milliarden US-Dollar geschätzt.

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