Desmond Doss rettet als Soldat im Zweiten Weltkrieg mehr als 70 Kameraden das Leben - ohne je eine Waffe zu benutzen. Diese unglaubliche Geschichte hat Mel Gibson nun mit Andrew Garfield in der Hauptrolle verfilmt. „Hacksaw Ridge - Die Entscheidung“ läuft bereits in heimischen Kinos.
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Doss wuchs in einer einfachen Arbeiterfamilie auf dem Land auf. Seine Eltern erzogen ihn stark religiös, und auch für Desmond spielte der Glaube eine große Rolle. Besonders prägte ihn aber ein heftiger Streit mit seinem Bruder, der gewaltsam eskalierte. Desmond schwor sich daraufhin, nie eine Waffe in die Hand zu nehmen.
Sanitäter ohne Waffe
Trotzdem meldete er sich bei Beginn des Zweiten Weltkriegs für den Armeedienst. Seine Familie und seine Kameraden nahmen an, dass Desmond nun in Kriegszeiten eine Ausnahme macht und sich an der Waffe ausbilden lässt. Doch der junge Mann blieb sich treu und weigerte sich, ein Gewehr auch nur anzufassen. Vor dem Militärgericht bekam er recht und durfte als Sanitäter mit seiner Truppe in den Krieg ziehen.
Inszeniert Gibson das Werk zunächst als Drama um einen jungen Mann und dessen Kampf gegen seine Umgebung, entwickelt sich „Hacksaw Ridge“ in der zweiten Hälfte zum brutalen Kriegsfilm. Denn bei der Schlacht um Okinawa stehen Desmond und seine Kameraden am Hacksaw-Rücken einer japanischen Übermacht gegenüber und scheinen keine Chance zu haben.
Nichts für schwache Nerven
Es sind extrem explizite Bilder, die Regisseur Gibson hier zeigt: zerfetzte Körper, Gedärme, die aus dem Bauch hängen, bis zur Unkenntlichkeit entstellte Männer. Immer wieder erinnern diese opulenten Schlachtszenen an Gibsons Erfolg „Braveheart“, für den er vor gut 20 Jahren zwei Oscars gewann. Auch jetzt macht der Regisseur eindringlich klar, wie erbarmungslos und roh Krieg ist.
Summit/Mark Rogers
Andrew Garfield (M.) als Desmond Doss inmitten seiner Kameraden - und unbewaffnet
Das ist allerdings nicht sein einziges Anliegen. Stattdessen fokussiert Gibson auf Desmonds Glauben. Immerhin ist der amerikanisch-australische Regisseur spätestens seit seinem Film „Die Passion Christi“ als streng gläubig bekannt. Deswegen macht er in „Hacksaw Ridge“ immer wieder deutlich: Desmond handelt aus religiösen Gründen so, sein Glaube verbietet Gewalt.
Antisemitismus und christliche Propaganda
Das ist an sich auch eine spannende Geschichte, gerade hinsichtlich seines Kriegseinsatzes. Doch Gibson weist immer und immer wieder auf Desmonds Glauben hin - was im blutigen Finale schließlich darin mündet, dass Desmonds Bibel, die er in den Kriegswirren verloren hat, heldenhaft aus der Schlacht gerettet wird. Der Film ist gleichzeitig ein eindringlicher Antikriegsfilm und christliche Propaganda. Die christliche Propaganda stößt umso saurer auf, da Gibson in der Vergangenheit mit antisemitischen Auswürfen für Aufregung gesorgt hatte.
Summit/Mark Rogers
Ein Lächeln, das Desmond das Herz wärmt
Die Begeisterung über den Film ist dennoch recht groß. Für gleich sechs Oscars wurde er nominiert, darunter in den Kategorien „Beste Regie“ und „Bester Schauspieler“. Dass er gerade diese beiden Oscars einheimst, bei denen es mit „La La Land“ einen äußerst starken Favoriten gibt, darf angezweifelt werden. Aber Gibson dürfte sich alleine durch die Nominierungen rehabilitiert fühlen.
„Blutiger Kriegsfilm“ als „Image-Reparatur“
Im Branchendienst Rotten Tomatoes haben den Film jene, die ihn schon im Kino gesehen haben, zu 94 Prozent positiv bewertet - ein selten gesehener Wert, auch bei den Kritikern waren es 86 Prozent. Selbst Medien, denen man mit Sicherheit nicht vorwerfen kann, unkritische Gibson-Fans zu sein, etwa die deutsche „taz“, geben sich begeistert. Die „taz“ titelte ihre Besprechung in Anspielung auf Yasmina Rezas Theaterstück „Gott des Gemetzels“ und resümiert: „(...) ein blutiger Kriegsfilm verhilft ihm zur Image-Reparatur.“