Budget-„Pfusch“ bei „guter Gesetzesidee“
Mitte Jänner hat das Konzept für ein neues Erwachsenenschutzgesetz den Ministerrat passiert - nur um gleich wieder ins Wackeln zu kommen, da die Aufteilung der Finanzierung zwischen ÖVP-Justizminister Wolfgang Brandstetter und Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) zumindest anfangs ungeklärt schien. Beide Ressorts versichern aber, dass die Regelung nicht am Geld scheitern soll.
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Laut dem Finanz- und dem Justizministerium ist die Finanzierung des Erwachsenenschutzgesetzes gewährleistet. Das Finanzministerium habe dem Justizministerium die notwendige Umschichtung im Justizbudget genehmigt, hieß es aus Schellings Büro. Ursprünglich war - angesichts des knappen Justizbudgets - freilich die Rede davon gewesen, dass das neue Gesetz auch durch zusätzliche Mittel aus dem Budget gespeist wird.
Reformplan ohne Geld für Richter „unseriös“
Nach der Präsentation der Reformpläne hatte sich die Richtervereinigung „bestürzt“ darüber geäußert, dass man zwar das Gesetz realisieren wolle, Schelling aber die Finanzierung verweigere: „Wie vom Herrn Justizminister in der Vergangenheit mehrfach betont, ist eine Finanzierung aus dem Justizbudget nicht möglich. Die den betroffenen Menschen in Aussicht gestellten Verbesserungen sind so nicht umsetzbar. Ein dahin gehendes Versprechen wäre unseriös“, betonten die Richter.
Laut einem Sprecher der Vereinigung dürfte es um Kosten von jährlich rund 15 Millionen Euro gehen. Sie fallen zum Teil an, weil die Überwachung der für die Betroffenen ergriffenen Maßnahmen komplexer wird. Außerdem sollen die Verfahren künftig alle drei Jahre neu aufgerollt werden. Brandstetter hatte von Anfangskosten von rund zehn Millionen Euro gesprochen. Ein Inkrafttreten mit 1. Juli 2018 lasse sich bewerkstelligen, hatte der Minister betont, sehr zum Zweifel der Richter.
Minister aus Expertensicht zu optimistisch
Expertenschätzungen bewegen sich größtenteils im Rahmen von elf bis 13 Millionen Euro an zusätzlichen Kosten pro Jahr. Die Zahl der Sachwalterschaften hat sich innerhalb nur weniger Jahre von rund 30.000 auf mehr als das Doppelte erhöht. Brandstetters zumindest nach außen kommunizierte Ansicht, dass die Maßnahme bald kostenneutral sein würde, da Kosten von Sachwalterschafen wegfallen würden, halten Experten für realitätsfern.
Finanzbedarf „nicht einfach frei erfunden“
„Das Erwachsenenschutzgesetz zu beschließen, aber die ausreichende Finanzierung zu verweigern ist vorsätzlicher Regierungspfusch. So nehmen Rot und Schwarz einer guten Gesetzesidee die Chance auf eine funktionierende Umsetzung“, kritisierten auch die Grünen und erinnerten daran, dass im ersten Entwurf zur Reform noch von 17 Millionen Euro jährlichen Zusatzkosten die Rede gewesen sei. Nun sollten es nur noch 9,5 Millionen Euro sein. Zudem habe der Finanzminister durchgesetzt, dass dieser Betrag bis 2022 auf null Euro schrumpfen sollte.
Der Justizminister habe den nötigen Finanzbedarf „nicht einfach frei erfunden“, „das ist der von den zuständigen Expertinnen und Experten errechnete Mehrbedarf. Wenn der Finanzminister jetzt meint, die Justiz soll es für die Hälfte machen und ab 2022 überhaupt ganz gratis, ist das eine vorsätzliche Schädigung einer guten Idee“, so die Grünen. Die zusätzlichen Mittel seien notwendig, um die durch das Gesetz entstehenden Mehrbelastungen bei Gericht und Erwachsenenschutzvereinen abzudecken.
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