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Viel Konkurrenz auf „Smart Home“-Markt

Mit Überwachungskameras, Rauchmeldern und „intelligenten“ Thermostaten wirbt der „Smart Home“-Hersteller „Nest“. Ab Februar bietet der zur Google-Mutter Alphabet gehörende Konzern seine Geräte auch in Österreich an. Viel Konkurrenz auf einem kleinen Markt und Bedenken beim Datenschutz begleiten den Start im deutschsprachigen Raum.

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Vernetzte Geräte, die den Haushalt automatisieren, sind schon lange nicht mehr Science-Fiction: Der Trend zum „Smart Home“ bestimmt seit Jahren das Geschehen auf Messen, große Konzerne investieren zunehmend in entsprechende Start-ups. In ihren Produktbeschreibungen werben Hersteller wie „Nest“ mit automatisch geregelten Thermostaten, Überwachungskameras, die per Smartphone überprüft werden können, und Brandmeldern, die Warnungen via App versenden.

„Nest“ verspricht durch die Anbindung des Eigenheims an das Internet ein gesteigertes Sicherheitsgefühl für die eigenen vier Wände und Einsparungen bei den Energiekosten. Mit einem Thermostat, der automatisch die Temperatur regelt und erkennt, wann Bewohner zu Hause sind und welche Temperatur als angenehm empfunden wird, wurde der Hersteller im Jahr 2011 bekannt. Im Schnitt sollen sich damit die jährlichen Heizkosten um rund zehn Prozent reduzieren lassen.

Google "Nest" Produkt

AP/Eric Risberg

Die von „Nest“ angebotenen Überwachungskameras können mittels App überprüft werden

Später Markteinstieg in Europa

Für „Nest“ kommt der Markteinstieg im deutschsprachigen Raum jedoch recht spät: Nach der Markteinführung in Nordamerika sind die Produkte der Alphabet-Tochter seit 2014 in Großbritannien, Frankreich und den Benelux-Staaten erhältlich, erst jetzt wird das Verkaufsgebiet um weitere vier Länder, darunter Österreich, aufgestockt. Der erhoffte Boom dürfte für „Nest“ auf dem europäischen Markt ausgeblieben sein.

In einer Studie des Veranstalters der Internationalen Funkausstellung (IFA) in Berlin im Vorjahr gaben nur drei Prozent der Befragten an, bereits eine intelligente Heizungssteuerung in ihrem Haushalt zu verwenden, weniger als die Hälfte der Teilnehmer steht dem Trend grundsätzlich positiv gegenüber. Europäische Hersteller wie Netatmo, eQ-3 und Tado verkaufen ihre Produkte bereits seit mehreren Jahren in Europa - ob sich „Nest“ auf dem überschaubaren Markt etablieren kann, bleibt abzuwarten.

Automatisierung durch genaue Nutzungsprofile

Für Datenschützer bietet das „smarte“ Verhalten indes Anlass zur Sorge: Obwohl eine Internetverbindung nicht für alle Geräte verpflichtend ist, lohnt die Anschaffung für den Offlinebetrieb alleine selten. Mit der Netzanbindung steht nicht nur der volle Funktionsumfang zur Verfügung, das Gerät nimmt im Normalfall auch Kontakt mit dem Hersteller auf. Dementsprechend umfangreich lesen sich die Datenschutzerklärungen der jeweiligen Produzenten.

Google "Nest" Produkt

AP/Eric Risberg

Zu „Nests“ „Smart Home“-Produktlinie zählt auch ein kombinierter Rauch-/Kohlenmonoxidmelder

Bei „Nest“ werden je nach Gerät verschiedene Daten an den Hersteller übertragen, selbst der angebotene Rauchmelder ist in der Lage, Bewegungen zu erkennen. Dass ein An- und Abwesenheitsprofil des Käufers angefertigt wird, ist eine der Grundfunktionen des Thermostats. Auch wenn betont wird, diese Daten nach modernsten Standards zu sichern und sie nur bei expliziter Zustimmung an Dritte weiterzugeben: Angelegte Profile werden mit all diesen Details auf Rechnern - auch in den USA - gespeichert, Garantie für die sichere Verwahrung gibt es keine.

Pannen in der Vergangenheit

Schon im vergangenen Jahr wurde bei einem Test der US-Universität Princeton festgestellt, dass manche Geräte, darunter auch jene der Marke „Nest“, zumindest Teile der Benutzerinformation unverschlüsselt über das Internet versenden und diese so von unbeteiligten Dritten gelesen werden können. Zwar werden bekanntgewordene Sicherheitslücken im Normalfall rasch behoben. Das „Internet der Dinge“, das auch vernetzte Haushaltsgeräte umfasst, gilt momentan aber als besonders beliebtes Angriffsziel und ist damit eines der zentralen Themen auf Sicherheitskongressen.

Auch technische Probleme können die Freude an der automatisierten Haussteuerung trüben: Ein Software-Update für den „Nest“-Thermostat im letzten Winter führte dazu, dass es in einigen Haushalten über Nacht plötzlich kalt wurde. Unsanft geweckte Kleinkinder und verärgerte Kunden waren die Folge, Anleitungen zur Problembehebung waren damals zwar schnell verfügbar, spätestens wenn ein USB-Kabel verbunden werden muss, um das Gerät manuell aufzuladen, bleibt jedoch nicht viel vom „smarten“ Zuhause.

Technik mit Ablaufdatum

Was passieren kann, wenn der Hype um das intelligente Zuhause nicht anhält, zeigt ausgerechnet die Alphabet-Tochter selbst: Nachdem zwei Jahre zuvor der Konkurrent Revolv aufgekauft wurde, schaltete „Nest“ im Mai des Vorjahres die notwendigen Server für den Betrieb der Geräte des Herstellers ab. Der ehemals rund 280 Euro teure „Smart Hub“ ist seither komplett funktionslos. „Nest“ sei das bessere Produkt und brauche zur Weiterentwicklung mehr Ressourcen, wurde damals argumentiert - ohne Rücksicht auf die Kunden zu nehmen.

Ob sich eine Investition in ein „smartes“ Zuhause aktuell lohnt, ist aus der Geschichte der Vorgängerprodukte nicht abzuleiten. Für „Early Adopter“ besteht jedoch die Gefahr, dass die in der Anschaffung teuren Produkte erneut obsolet und damit praktisch nutzlos werden. Vor dem Kauf sollte auf jeden Fall darauf geachtet werden, dass ein etwaiger Sinneswandel des Herstellers zu keinem plötzlichen Kälteeinbruch in den eigenen vier Wänden führt.

Florian Bock, ORF.at

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