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Annäherung bei flexibleren Arbeitszeiten

Eine Überarbeitung des Regierungsprogramms ist einer der großen Schwerpunkte, mit denen die Bundesregierung nicht nur ins neue Jahr starten, sondern auch bis zum Ende der Legislaturperiode regieren will. Das gaben Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) und Staatssekretär Harald Mahrer (ÖVP), die für die Koordination des Vorhabens zuständig sind, am Dienstag nach dem Ministerrat bekannt.

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Für eine Umsetzung gibt sich die Regierung rund drei Wochen Zeit - bereits bis zu den Semesterferien soll es eine Einigung geben. Konkret wolle man Mahrer zufolge bis dahin die Schwerpunkte der Regierungsarbeit für die verbleibenden 18 Monate der Legislaturperiode definieren und formulieren. Es soll Festlegungen und konkrete Zeitpläne geben, so Wirtschaftsstaatssekretär Mahrer, der als Hintergrund der Vorgangsweise nannte, dass sich die Rahmenbedingungen geändert hätten.

Mitterlehner für „Gang zur Normalität“

Einblick in den angepeilten Weg könnte die Rede „Worauf warten? Zeit, die Dinge neu zu ordnen“ von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) am Mittwoch in Wels bieten. Koalitionspartner ÖVP will sich nach den Personaldebatten der vergangenen Tage jedenfalls wieder ganz auf inhaltliche Arbeit konzentrieren. „Ein bestimmter Gang zur Normalität würde uns guttun“, hatte ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner zu Wochenbeginn nach der Vorstandssitzung seiner Partei am Sonntag gesagt.

„Nicht an uns gescheitert“

Betonte Zuversicht prägte ganz in diesem Sinn auch den Ministerrat. Drozda und Mahrer stellten jedenfalls eine ebenfalls bis zu den Semesterferien angepeilte Einigung in der koalitionsintern umstrittenen Arbeitszeitflexibilisierung in den Raum. Dass das bisher nicht gelungen ist, schoben Mahrer und Drozda vor allem auf die Sozialpartner. Drozda sprach vom bisherigen „Austausch sattsam bekannter Positionen“, nun werde es mehr geben. „Es ist nicht an uns gescheitert“, so auch Mahrer. Die Sozialpartner seien federführend in der Ziehung.

Sozialminister Alois Stöger

ORF.at/Roland Winkler

Stöger will in Arbeitsmarktfragen aktiv werden

Vor dem Ministerrat hatte Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) positiv auf den Wunsch der ÖVP reagiert, in Arbeitsmarktfragen aktiv zu werden. Bei der Frage der Flexibilisierung gebe es viele Modelle, die man diskutieren werde. Klar sei: „Überstunden sind Überstunden, und die müssen bezahlt werden.“ Auf ein Datum für eine Einigung wollte er sich nicht festlegen.

Kritisch zeigte sich die Arbeiterkammer. Einbußen an Einkommen oder bezahlter Freizeit lehnte Präsident Rudolf Kaske in einer Aussendung ab: „Derartige Modelle wird es mit uns ganz sicher nicht geben.“ Die Arbeiterkammer sei zwar jederzeit gesprächsbereit, es dürfe sich aber um keine Einbahnstraße handeln, betonte er.

Innenminister und ÖAAB-Vertreter Wolfgang Sobotka (ÖVP) pochte auf Entscheidungen an Ort und Stelle, also in den Betrieben. Für Mehrleistungen müsse es eine entsprechende Abgeltung geben. Er verwies hier aber auf bekannte ÖVP-Modelle wie das Zeitwertkonto.

E-Voting-Test bei Auslandsösterreichern?

Sobotka kündigte unterdessen auch einen Vorstoß in Sachen E-Voting an. Auf dem Weg zum Ministerrat sprach er sich dafür aus, die elektronische Stimmabgabe zunächst bei Auslandsösterreichern zu testen. In diesem Bereich könnte man schon in die Umsetzung gelangen. Einer Abschaffung der Briefwahl kann Sobotka indes nichts abgewinnen - ganz im Gegenteil denkt er sogar über eine Ausweitung nach. Etabliert werden könnte ein ähnliches Modell wie in der Schweiz. Dort werden den Bürgern Briefwahlkarten automatisch zugeschickt.

Innenminister Wolfgang Sobotka

ORF.at/Roland Winkler

Sobotka will E-Voting eine Chance geben

Ebenfalls machbar ist aus Sicht des Ministers der von der SPÖ forcierte vorgezogene zweite Wahltag. Freilich sieht sich Sobotka bei der Wahlrechtsreform nicht an vorderster Front. Das Innenministerium sei hier mehr oder weniger der Zusammenfasser. Das ausführende Organ bei der anstehenden Reform sei das Parlament.

„Möglichkeiten für Kompromiss offengehalten“

SPÖ und SPÖ waren laut ORF-Reporter Thomas Langpaul beim Ministerrat bemüht, keine neuen Gräben auszuheben, sondern die Möglichkeiten für einen Kompromiss offenzuhalten.

SPÖ in Kopftuchdebatte abwartend

Thema im Ministerrat war auch das zuletzt von der ÖVP vorgeschlagene Kopftuchverbot im öffentlichen Raum. Laut Drozda ist die SPÖ hier grundsätzlich diskussionsbereit - für die SPÖ seien aber in Sachen Integration andere Themen wie etwa der Spracherwerb prioritär. Inhaltlich verwies Drozda auf die Zuständigkeit von Staatssekretärin Muna Duzdar (SPÖ), diese wiederum erneuerte auf dem Weg zum Ministerrat ihre Skepsis gegenüber einem Kopftuchverbot. Duzdar meinte, es gebe wichtigere Themen. Man könne diese Frage schon diskutieren, dann aber nur im Dialog und unter Einbindung aller Religionsgemeinschaften.

In der ÖVP beharrte man auf dem unter anderen von Außen- und Integrationsminister Sebastian Kurz forcierten Vorschlag. Mahrer ging von einer Einigung aus. Dem Staatssekretär zufolge wolle man aber erst „gemeinsam gackern, wenn die Eier im Nest liegen“.

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