Tödliche Hippie-Sekte
Die Nacht zum 9. August 1969 ist für die Traumfabrik Hollywood zum Alptraum geworden. Die mit dem Regisseur Roman Polanski verheiratete Schauspielerin Sharon Tate, im achten Monat schwanger, und vier Gäste wurden in ihrer Villa in der Nähe von Los Angeles auf brutalste Weise ermordet.
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In der folgenden Nacht wüteten die Mörder im Haus der Geschäftsleute Leno und Rosemary LaBianca. Drei Monate lang lebte Los Angeles in Angst, bis die Täter verhaftet wurden: Charles Manson und vier Mitglieder seiner Hippie-Sekte.
„Führer mit hypnotischen Augen“
Doch auch die Vorgeschichte ist von Wahnvorstellungen und Verbrechen geprägt: Als Manson im März 1967 in San Francisco eintraf, hatte er schon über 16 Jahre Gefängnis hinter sich, mehr als die Hälfte seines Lebens. In der Drogen- und Hippie-Szene des berühmten Haight-Ashbury-Distrikts entwickelte er sich rasch zu einer „Führerpersönlichkeit“.
Vor allem junge Frauen fühlten sich von dem Mann, dem „hypnotische Augen“ nachgesagt wurden, angezogen. Mit seinen Anhängern, die er „Family“ nannte, zog er im Frühjahr 1968 auf die Spahn-Ranch in der Nähe von Los Angeles, eine heruntergekommene Kulissenstadt aus den goldenen Jahren Hollywoods.
„Helter Skelter“ im Wüstenloch
Manson predigte freie Liebe, wobei „frei“ das war, was er seinen hörigen Jüngern befahl. Und er entwickelte die abstruse Idee, dass die „schwarze Rasse“ die „weiße“ auslöschen wolle. Er sagte einen „Rassenkrieg“ voraus, der im Sommer 1969 beginnen sollte.
Nur Manson, der sich selbst als eine Art Messias sah, und seine Gruppe würden in einem „bodenlosen Loch in der Wüste“ überleben und später als neue Weltherrscher zurückkehren. Nach einem Song der Beatles nannte er seine Philosophie „Helter Skelter“.
Killerkommando geschickt
Als der „Rassenkrieg“ ausblieb, entschied sich Manson, ihn selbst zu starten: Eine Reihe Weißer sollten ermordet werden. In der Nacht zum 9. August schickte er Susan Atkins, Patricia Krenwinkel, Linda Kasabian und Charles Watson zur Tate/Polanski-Villa.

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Die Opfer der ersten Mordnacht: Voityck Frykowski, Sharon Tate, Stephen Parent, Jay Sebring, and Abigail Folger
Polanski hielt sich wegen Dreharbeiten in England auf, Freunde von Tate leisteten der Hochschwangeren Gesellschaft, als das Mordkommando eintraf. Gerüchteweise sollte der Plan eigentlich dem Musikproduzenten Terry Melcher gelten, der zuvor in der Villa gewohnt hatte. Er hatte Songs von Manson abgelehnt.
Mit Tat geprahlt
Wie Atkins später schilderte, töteten sie Tate als Letzte, nachdem sie die anderen erschossen und erstochen hatten. Sie wollten die Schauspielerin damit besonders quälen. Die 28-Jährige starb nach fünf Stichwunden in Brust und Rücken. In der Nacht darauf töteten Krenwinkel, Watson und Leslie Van Houten das Ehepaar LaBianca. Die Polizei kam der Manson-„Familie“ auf die Spur, weil Atkins, die unter Mordverdacht in einem anderen Fall im Gefängnis saß, vor anderen Häftlingen mit der Tat prahlte.
Staatsanwalt wies Anstiftung nach
Während des Prozesses, eines der längsten und teuersten Strafverfahren in der amerikanischen Justizgeschichte, behaupteten die angeklagten Sektenmitglieder, sie hätten auf eigene Initiative gehandelt. Staatsanwalt Bugliosi gelang es aber mit Hilfe von Kronzeugin Kasabian, die dafür frei ging, nachzuweisen, dass Manson die Morde angeordnet hatte. Obwohl der Sektenführer nicht selbst Hand an die Opfer gelegt hatte, wurde er wegen Anstiftung zu den Bluttaten zum Tode verurteilt.
Keine Begnadigungen
Ein Jahr später wurde seine Strafe in lebenslange Haft umgewandelt. Sämtliche Gnadengesuche wurden abgewiesen - wie auch die seiner Komplizen. Van Houten, Watson und Krenwinkel sind weiterhin in Haft, Atkins starb 2009 an Krebs.
Auch nach der Verhaftung Mansons und seiner Mittäter existierte die Sekte noch einige Jahre weiter. So scheiterte etwa die Manson-Anhängerin Lynette Fromme 1975 bei einem Attentatsversuch auf den damaligen US-Präsidenten Gerald Ford.
Neue Suche nach Leichen
2008 wurden die Ermittlungen noch einmal aufgenommen. Jahrelang kursierten Gerüchte, Manson und seine „Familie“ hätten auf der Farm noch weitere Menschen umgebracht. So soll Atkins in Haft einer Zellenkollegin verraten haben, dass drei Leichen auf dem Grundstück vergraben seien. Die „Manson-Family“ wurde immer wieder von Autostoppern und jungen Ausreißern besucht, deren Verschwinden relativ unbemerkt geblieben wäre.
Die Spekulationen veranlassten den Polizisten Paul Dostie dazu, in seiner Freizeit eigene Untersuchungen anzustellen. An mehreren Stellen auf der Farm schlug sein Spürhund an. Die kalifornische Polizei untersuchte daher, um den Gerüchten entgegenzutreten, das Gelände noch einmal - gefunden wurde aber nichts.