Zusammenhang mit Flughafen-Anschlag?
Nach dem Anschlag auf einen Nachtclub in Istanbul mit 39 Toten sind die Hintergründe der Tat weiterhin ungeklärt. Die türkischen Sicherheitsbehörden fahnden mit einem Großaufgebot nach dem flüchtigen Täter. Ministerpräsident Binali Yildirim ließ offen, in welche Richtung ermittelt werde, er sprach lediglich von einem „bewaffneten Terroristen“. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gab an, die Tat verübt zu haben.
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Ein „heldenhafter Soldat des Kalifats“ sei verantwortlich, heißt es in einer am Montag im Internet verbreiteten Erklärung des IS. Zugeschlagen habe man an einem Ort, an dem „Christen ihren abtrünnigen Feiertag begehen“, wie es im Statement weiter heißen soll. Die Echtheit des Bekennerschreibens ließ sich zunächst nicht überprüfen.
Angriff soll sieben Minuten gedauert haben
Es könne sein, dass der Angreifer seine Waffe im Club gelassen und sich im Tumult unter die Flüchtenden gemischt habe. Mindestens ein bewaffneter Angreifer war Sonntagfrüh kurz nach Beginn des neuen Jahres in den örtlich weithin bekannten Nachtclub „Reina“ am Bosporusufer eingedrungen und hatte minutenlang wahllos auf Hunderte von Feiernden geschossen. Sieben Minuten soll der Angreifer geschossen haben, bis zu 180 Schüsse sollen gefallen sein, berichten türkische Medien.
Unterdessen arbeiten die Ermittler „mit Nachdruck“ daran, den Täter zu identifizieren, sagte Yildirim. Innenminister Süleyman Soylu erklärte, der Attentäter habe sein Gewehr unter einem Mantel verborgen und womöglich die Kleidung gewechselt, bevor er den Club verließ. „Ich hoffe, er wird schnell gefasst, so Gott will.“
Attentäter aus Kirgistan oder Usbekistan?
Die Tatsache, dass der Angriff einem vornehmen Club galt, in dem auch Ausländer verkehren, werteten Beobachter in der Türkei als Hinweis auf einen möglichen islamistischen Hintergrund. Nach dem türkischen Einmarsch im August in Syrien hatte der Anführer des IS, Abu Bakr al-Bagdadi, im November zu Anschlägen in der Türkei aufgerufen.
Die Zeitung „Hürriyet“ berichtete am Montag ohne Angaben von Quellen, es gebe Vermutungen, wonach der flüchtige Attentäter aus Kirgistan oder Usbekistan stamme und etwas mit dem IS zu tun habe. Die Ermittler schließen dem Bericht zufolge nicht aus, dass der Mann mit der mutmaßlichen IS-Zelle zusammenhängt, die im vergangenen Juni den dreifachen Selbstmordanschlag auf den Istanbuler Atatürk-Flughafen mit 47 Toten verübt haben soll.
Der Zeitung zufolge hatten Polizei und Geheimdienste in der Türkei vor Silvester Informationen über möglicherweise zum Jahreswechsel bevorstehende Anschläge in verschiedenen Städten erhalten. Im Dezember habe es in diesem Zusammenhang Razzien und Festnahmen gegeben. Am 30. Dezember sei dann eine Geheimdienstwarnung aus den USA über die Gefahr von IS-Anschlägen in Istanbul oder Ankara am kommenden Tag eingegangen.
Aufnahmen von Überwachungskameras aufgetaucht
Zuletzt waren immer mehr Aufnahmen von Überwachungskameras aufgetaucht, auf denen der bzw. die Täter zu sehen sein sollen. Von einer vor dem Nachtclub installierten Überwachungskamera sei etwa eine schwarz gekleidete Person mit Rucksack zu sehen, die offenbar auf einen Polizisten schießt. Andere Aufnahmen aus dem Inneren des Nachtclubs sollen dann eine gänzlich anders gekleidete Person zeigen.
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APA/AP/CCTV/Haberturk Newspaper
Auf einem Überwachungsvideo ist ein Mann mit einer Waffe zu sehen
Keine Opfer aus Österreich
Montagfrüh hieß es, die Identität einer Leiche sei noch unklar. Bis zu 25 Todesopfer kamen aus dem Ausland. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) bestätigte Montagfrüh, dass keine Österreicher unten den Opfern seien. Es seien Österreicher im Club anwesend gewesen, sie seien aber unverletzt, so Kurz im „Ö1-Morgenjournal“. Sie seien bei ihrer Ausreise unterstützt worden.
Elf der identifizierten Todesopfer waren türkische Staatsangehörige, ein weiterer habe zusätzlich die belgische Staatsangehörigkeit gehabt, hieß es von den türkischen Behörden. Die meisten Todesopfer stammten den Angaben zufolge aus arabischen Staaten. Als Herkunftsländer genannt wurden Saudi-Arabien, Libanon, Irak, Tunesien, Marokko, Indien, Jordanien, Kuwait, Kanada, Israel, Syrien und Russland. Auch zwei Inder sollen getötet worden sein.
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Reuters/Umit Bektas
Vor dem Nachtclub wurden im Gedenken an die Toten Blumen niedergelegt
PKK weist Verantwortung von sich
Von kurdischer Seite wurde die Verantwortung für das Attentat abgewiesen. Die Agentur Firat, die der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahesteht, zitierte deren Chef Murat Karayilan mit der Aussage, dass keine kurdische Gruppierung hinter der Tat stecke. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen verurteilte den Anschlag als abscheuliche und barbarische Tat. Alle Terrorakte seien verbrecherisch und durch nichts zu rechtfertigen, unabhängig von ihrer Motivation, teilte der Sicherheitsrat mit.
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