Walzer mit Weltkarriere
Im Februar 1867 ist die Uraufführung des „Donauwalzers“ im Saal des Wiener Dianabades erfolgt, und seitdem hat der Strauss’sche Walzer eine beachtliche Weltkarriere hingelegt. „An der schönen, blauen Donau“ ist nach 150 Jahren akustisches Kulturgut sondergleichen und entfaltet seine Wirkung besonders dann, wenn es um das kollektive Erfahren gehen.
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Genau genommen handelt es sich beim „Donauwalzer“ um ein spät eingelöstes Versprechen von Johann Strauss gegenüber dem Wiener Männergesang-Verein. Der Verein hatte Strauss bereits Jahre zuvor um eine Widmungskomposition anlässlich des alljährlichen Narrenabends des Gesangsvereins gebeten. Doch Strauss zierte sich zunächst, den Text des Hausdichters des Männergesang-Vereins, Josef Weyl, zu vertonen.
Ausstellungshinweis
„Donau, so blau: 150 Jahre ,An der schönen, blauen Donau’ von Johann Strauss“, bis 12. Mai 2017, Wienbibliothek im Rathaus, Eingang Felderstraße, 1010 Wien, Montag bis Donnerstag 9.00 bis 18.30 Uhr, Freitag 9.00 bis 16.30 Uhr, bei freiem Eintritt.
Strauss soll zur Vertonung von Texten keine besondere Beziehung gehabt haben. Immer wieder übte er sich in Ausflüchten und nahm seine Konzertreisen, die ihn um den halben Globus führten, als Grund für seine Säumigkeit. Doch der Männergesang-Verein hat nicht lockergelassen, bis Strauss die Widmungskomposition tatsächlich zu Ende brachte.
Uraufführung unter Krisenstimmung
Der „Donauwalzer“ dürfte daher auf Raten entstanden sein, und in seiner Orchesterfassung letztlich gegen Ende des Jahres 1866 zu Ende komponiert worden sein. Für den Charakter des „Donauwalzers“ mitunter prägend, waren die Umstände seiner Uraufführung im Zuge des traditionellen Narrenabends des Wiener Männergesang-Vereins.
Denn aufgrund der Krisenstimmung in der Monarchie nach der bitteren militärischen Niederlage gegen Preußen bei Königgrätz im Jahr 1866 wurde es als unpassend erachtet, das wilde Treiben des Männergesang-Vereins in seiner ursprünglichen, höchst ausgelassenen Form stattfinden zu lassen.

Wien Bibliothek/F. Groeger
Johann-Strass-Plakat aus dem Jahr 1875
Statt zum Narrenabend wurde zu einer sogenannten Liedertafel geladen, im Zuge derer nicht getanzt wurde. Nicht nur Königgrätz dämpfte den Fasching des Jahres 1867. In Wien grassierte eine Choleraepidemie. Die Stimmung war mehr als gedrückt. Und wenn schon nicht getanzt wurde, sollte der Walzer zumindest ein wenig lustig klingen.
Die Legende von der missglückten Premiere
Der „Donauwalzer“ entfaltete am Premierenabend des 15. Februar 1867 seine volle Wirkung. Aufgeführt wurde „An der schönen, blauen Donau“ vom Wiener Männergesang-Verein gemeinsam mit der Kapelle des Infanterieregiments 42 als Chorfassung.
Der satirische Text von Weyl, dem auch ein gewisser Jammer über die herrschenden Zustände in der Monarchie zugrunde lag, in Kombination mit dem einschmeichelnden Rhythmus begeisterte im Saal des Wiener Dianabades das Publikum. Fast ein Jahrhundert lang wurde allerdings das Gegenteil behauptet. Es war davon die Rede, dass der Walzer bei seiner Premiere beim Publikum durch die Bank durchgefallen sei, was erst in den 1980er Jahren von Historikern widerlegt wurde.
Strauss blieb dem Abend fern
Grund dafür, dass sich der historische Irrtum beharrlich hielt, dürfte Strauss‘ Enttäuschung angesichts nur einer Wiederholung des Walzers im Zuge der Premiere gewesen sein. Strauss war an dem Abend im Dianabad selbst nicht anwesend und ging davon aus, dass lediglich eine Wiederholung ein klarer Beleg für den Unmut des Publikums gewesen sei.
Der Komponist war es gewohnt, dass Stücke bei großem Gefallen mindestens vier- bis fünfmal wiederholt wurden. Doch bei der Liedertafel handelte es sich um einen langen Konzertabend, an dessen Ende der „Donauwalzer“ uraufgeführt wurde, was der Grund für lediglich eine Wiederholung des Stückes war.
Der Urtext von Josef Weyl, 1866
Wiener, seid froh / Oho, wieso? / No so blickt nur um / I bitt, warum? / Ein Schimmer des Lichts / Wir seh’n noch nichts! / Ei, Fasching ist da! / Ach so, na ja! / Drum trotzet der Zeit / O Gott, die Zeit / Der Trübseligkeit / Ah! Das wär’ g’scheit! / Was nutzt das Bedauern, das Trauern / Drum froh und lustig seid!
Franz von Gernerths Text, 1889
Donau so blau / so schön und blau / durch Tal und Au / wogst ruhig du hin / dich grüßt unser Wien / dein silbernes Band / knüpft Land an Land / und fröhliche Herzen schlagen an deinem schönen Strand.
Die Geburt des Schlagers
Nicht nur das Publikum zeigte sich begeistert, auch die Presse lobte den „Donauwalzer“ in den höchsten Tönen. Fast alle Zeitungen berichteten über den Premierenabend von „An der schönen, blauen Donau“. Das „Neue Fremdenblatt“ sprach hinsichtlich der Eröffnungsnummer der zweiten Abteilung von „einem entschiedenen Schlager“ und führte damit den Begriff „Schlager“ früh in die Musikwelt ein. Damals war aufgrund des musikalischen Aufbaus noch von den „Donauwalzern“ in der Mehrzahl die Rede. Erst im Lauf der Geschichte wurde im Sprachgebrauch aus den „Donauwalzern“ der „Donauwalzer“, der heute die Opusnummer 314 trägt.
Der „Donauwalzer“ wird international
Trotz des Erfolges der Premiere konnte sich der „Donauwalzer“ zunächst nicht durchsetzen. Die Premiere in der Orchesterfassung fand am 10. März 1867 im Wiener Volksgarten statt und ist ohne große Resonanz verklungen.
Die internationale Karriere des „Donauwalzers“ begann im Mai 1867, als Strauss die Orchesterfassung im Rahmen der Weltausstellung in Paris aufführte. Ein Gastspiel in London, im September desselben Jahres, ebnete der Walzerpartie den Weg zur internationalen Bekanntheit. Die Aufführung in London wurde als großes Spektakel mit einem 100-Mann-Chor inszeniert. Strauss sprach vom „größten Konzert meines Wirkens“.
1889 erhielt der „Donauwalzer“ einen neuen Text von Franz von Gernerth. Die neue Fassung wurde im Dreher-Park in Wien Meidling 1890 abermals im Zuge einer Liedertafel des Männergesang-Vereins uraufgeführt und erhielt damit neue Popularität. Der „Donauwalzer“ wurde zunehmend zu der Volkshymne, die er heute ist.

Wien Bibliothek/Franz Gernerth
Franz von Gernerth verfasste 1889 einen neuen Text für den „Donauwalzer“
Eine Melodie, viele Einsatzgebiete
Als am 27. April 1945 die Unabhängigkeit Österreichs proklamiert wurde, wurde mangels einer aktuellen Nationalhymne vor dem Parlament der Strauss’sche Walzer intoniert. Auch die österreichische Fußballnationalmannschaft setzte nach dem Zweiten Krieg zunächst auf den „Donauwalzer“.
Und die ersten Töne, die anlässlich des Starts des Fernsehversuchsprogramms des Österreichischen Rundfunks am 1. August des Jahres 1955 gesendet wurden, waren jene des „Donauwalzer“, der eine tiefe Identifikation vonseiten des Publikums versprach. Der alljährliche Einsatz in den Radio- und TV-Programmen des ORF anlässlich der Jahreswende knapp nach Mitternacht hat den „Donauwalzer“ endgültig zur national gefärbten Erkennungsmelodie werden lassen.
Blaue Uniformen, blaue Donau
Doch etwa auch Regisseur Stanley Kubrick bediente sich des „Donauwalzers“. Er platzierte ihn prominent im Klassiker „2001: Odyssee im Weltraum“. Und natürlich ist ein Stück von der Tragweite des „Donauwalzers“ auch anfällig für diverse krude Deutungen und Interpretationen.
So rückte der Wiener Psychoanalytiker Alfred Pritz den Text des „Donauwalzers“ in die Nähe des subtilen Humors und deutete ihn als Anspielung auf ein Ereignis während des Zweiten Napoleonischen Krieges, als Hunderte französische Reiter in ihren blauen Uniformen in die Donau gedrängt wurden und ertranken. Die Uniformen der Franzosen sollen dabei den Strom in ein sattes Blau getüncht haben - die schöne, blaue Donau.
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