Kraut aus den USA löst mexikanisches ab
Mexiko steckt seit Jahren in einem aussichtslosen „Krieg gegen die Drogen“, der mehr als 100.000 Menschen das Leben gekostet hat. Unter anderem ist das Land ein großer Produzent von Cannabis, der den nordamerikanischen Markt versorgt. Seit der Konsum in vielen US-Bundesstaaten aber ganz oder zumindest zu medizinischen Zwecken legal ist, verändern sich auch Handel und Anbau in Mexiko.
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Wie die Zahlen der US-Grenzbehörde zeigen, ist der Bedarf nach mexikanischem Cannabis in den USA deutlich gesunken. Während 2011 noch 1,1 Millionen Kilo an der Grenze zwischen den beiden Ländern konfisziert wurden, ist diese Zahl im vergangenen Jahr auf rund 700.000 Kilo geschrumpft. Auch der Profit für die Händler und Kartelle ist in den Keller gerasselt: Laut NPR hat sich der Preis für ein Kilogramm mehr als halbiert.
Grund dafür ist unter anderem die bessere Qualität der in den USA produzierten Ware. Während das Kraut in Mexiko auf Großplantagen wächst, wird in den USA kontrollierter Anbau ermöglicht. Dabei dürfte das legal angebaute Cannabis auch jene Staaten versorgen, in denen Cannabis gar nicht legal ist.
Handel mit härteren Drogen befürchtet
Für Befürworter der Cannabis-Legalisierung in Mexiko ergibt sich aus diesem Wandel Handlungsbedarf. Sie befürchten, dass ein durch den Markt erzwungener Verkaufsstopp von mexikanischem Cannabis in die USA Produzenten und Händler noch tiefer in die Kriminalität treiben könnte, etwa indem sie zum Handel mit gefährlicheren Drogen wie Kokain oder Amphetaminen übergehen könnten.

Reuters/Jorge Duenes
Mit 120 Hektar Größe wurde 2011 eine der größten Cannabis-Plantagen in Mexiko von Soldaten gefunden
Auch für den lokalen Markt sehen sie Konsequenzen: Der mit der Drogengesetzgebung befasste Senator Gil Zuarth äußerte gegenüber dem „Wall Street Journal“ die Befürchtung, dass die für die USA gedachte Ware den lokalen Markt überfluten könnte.
Vom Kriminellen zum Unternehmer?
Im Gegenzug würde die Legalisierung des Anbaus Kriminelle quasi von heute auf morgen in legale Unternehmen verwandeln, die gewinnbringend Geschäfte treiben können. Das für den Anbau benötigte Wissen sowie die Logistik für den Transport seien bereits vorhanden, sagt etwa Mike Vigil, ein ehemaliger Agent der US-Drogenbehörde Drug Enforcement Administration (DEA).
Die mexikanische Regierung signalisierte Bereitschaft zu einer Liberalisierung der Gesetze. Seit Dezember des vergangenen Jahres ist der Anbau und Eigenverbrauch laut dem Obersten Gerichtshof für vier Kläger legal - ein Präzedenzfall.
Im April legte Mexikos Präsident Enrique Pena Nieto nach und forderte, dass die medizinische Nutzung von Cannabis erlaubt und die straffreie Menge für den Eigengebrauch künftig erhöht werden soll. Mitte Dezember stimmte der Senat mit 98 Prozent für ein Gesetz, dem zufolge der Anbau für medizinische und wissenschaftliche Zwecke zukünftig erlaubt ist. Keine Rede ist allerdings vom legalen Konsum als Genussmittel.
Mexiko spielte mit Gedanken an Export
Bereits 2012, kurz nach der erfolgten Legalisierung in Washington und Colorado, hatten mexikanische Politiker mit dem Gedanken gespielt, dass legaler Export mexikanischen Cannabis in die USA zum wirtschaftlichen Standbein des Landes werden könnte. Dass die USA das zulassen, ist aber unwahrscheinlich. Wie der designierte Präsident Donald Trump künftig mit der Drogenproblematik umgehen wird, bleibt vorerst ohnehin offen.

Grafik: ORF.at; Quelle: US Customs and Border Protection
Grundsätzlich sorgt die Haltung der USA und anderer Staaten im „Krieg gegen die Drogen“ immer wieder für herbe Kritik, unter anderem auch vom Friedensnobelpreisträger und kolumbianischen Präsidenten Juan Manuel Santos. Ihm zufolge ist es widersinnig, „einen Bauern einzusperren, der Cannabis anbaut, wenn inzwischen Anbau und Verbrauch in acht US-Bundesstaaten legal sind“.
Billig macht attraktiv - noch
Noch ist die Ware aus Mexiko auch in den US-Bundesstaaten ein Problem. Der Grund ist wiederum ihr Preis: Sie ist oft deutlich billiger als jene, die legal in den USA angebaut wird. Obwohl mexikanische Kartelle ihr Geld mittlerweile vor allem mit dem Handel von Kokain, Heroin, Amphetaminen und in anderen Bereichen machen, bietet Cannabis ein kontinuierliches, sicheres Einkommen.
Kritiker glauben aber, dass dies nur noch eine Frage der Zeit ist. Die Preise würden bereits so stark sinken, dass der Verdienst pro Kilo „das Risiko nicht mehr wert ist“, so der bereits in Mexikos Geheimdienst tätige Sicherheitsexperte Alejandro Hope gegenüber dem „Wall Street Journal“. „In dem Moment, in dem der Handel mit Cannabis aus Mexiko unprofitabel wird, bricht er zusammen. Wir sind nicht weit davon entfernt“.
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