Staus blieben vorerst noch aus
Seit Mitte Dezember sind bei den Autobahngrenzübergängen an der österreichisch-bayrischen Grenze Kontrollen in Kraft. Rund um die Uhr werden Autofahrer nun an drei Übergängen herausgewinkt. Zum Auftakt trafen sich in Salzburg die Innenminister von Österreich und Bayern, Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Joachim Herrmann (CSU), um sich ein Bild zu machen.
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Die verschärften Kontrollen betreffen die Grenzübergänge bei Passau/Suben an der deutschen Autobahn A3 (OÖ), bei Kiefersfelden/Kufstein an der A93 (Tirol) und an der A8 Salzburg - München beim Walserberg.
Sobotka für „Unaufgeregtheit“
Hier trafen einander auch Herrmann und Sobotka. Bayerns Innenminister Herrmann begründet den Rund-um-die-Uhr-Grenzeinsatz der deutschen Polizei: „Es ist weder hinreichend abschreckend noch überzeugt es die eigenen Bürger, wenn einmal jemand an der Grenze steht und ein anderes Mal keiner. Wenn wir sagen, dass wir Grenzkontrollen durchführen, muss das auch sichtbar den ganzen Tag und die ganze Nacht stattfinden.“ Es gehe nicht nur um Flüchtlinge, sondern „um die Sicherheit insgesamt“. Es seien im vergangenen Jahr auch Terroristen festgenommen worden, „die den Flüchtlingsstrom missbraucht haben“.

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Sobotka (l.) und Herrmann einig über Sinnhaftigkeit der Kontrollen
Sobotka empfahl Kritikern der Grenzkontrollen mehr „Unaufgeregtheit“. Bisher hätten die Kontrollen größtenteils tagsüber stattgefunden, nun eben zu allen Zeiten. Außerdem würden sich Belastungen relativieren, wenn jemand dafür keinen Schaden an Leib oder Leben nehme.
Regelung vorerst bis Februar
„2015 wurden in Österreich noch über 1.000 illegale Schlepper aufgegriffen“, sagte Sobotka. „2016 waren es bis heute 130.“ Wenn am 15. Februar die vom EU-Rat zuletzt im November verlängerten Binnenkontrollen auslaufen, müsse man die Situation neu bewerten. „Die Sicherheitslage wird sich aber bis dahin nicht so verändern, dass wir die Grenzkontrollen aufgeben werden können.“

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Positiv wertete der Innenminister in diesem Kontext die Registrierung von Flüchtlingen außerhalb der EU-Außengrenzen. „Aber man muss im Februar einmal schauen, ob der EU-Vertrag mit der Türkei funktioniert und dass Rückführungsabkommen mit Herkunftsländern wie Ägypten oder Tunesien forciert werden.“
Kritik an möglichen Behinderungen
Die große Sorge, vor allem seitens der Stadt Salzburg, waren die erwartbaren Staus. Gerade zur Skisaison sei das kein Zeichen guter Nachbarschaft, sagen Salzburger Wirtschaftsvertreter - mehr dazu in salzburg.ORF.at.
Bereits Anfang des Monats hatten Salzburgs Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ), der ARBÖ und die ASFINAG vor allem im Urlauberverkehr Verzögerungen befürchtet. Der Salzburger Stadtchef hatte kritisiert, es werde „ausgerechnet unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen und vor dem Beginn der Skisaison“ weitere Staus geben. Davon betroffen werde in Salzburg nicht nur unmittelbar die Autobahngrenze Walserberg sein, sondern durch den Umgehungsverkehr auch die kleineren Übergänge im Nahbereich.
„Das belastet die Bevölkerung und die Wirtschaft massiv und widerspricht dem gut nachbarschaftlichen Klima zwischen Salzburg und Bayern“, sagte Schaden, der die polizeitaktische Sinnhaftigkeit der jetzt verkündeten Maßnahme bezweifelte: Aktuell sei keine Zunahme des Flüchtlingsstroms feststellbar, die Konzentration auf die drei großen Grenzübergänge sei wohl eher symbolträchtig mit Blick auf die bayrische Innenpolitik. „Dieses Symbol und diese Kraftmeierei wird aber Zehntausenden Reisenden viele Stunden Stauzeit am Walserberg einbringen“, so Schaden.
Kontrollen gingen schnell
Zu Beginn der Kontrollen blieb der befürchtete Stau noch aus. Ein kurzer Blick auf Rückbank und in den Kofferraum, Ausweiskontrolle. Oft dauerte es nur ein bis zwei Minuten, und die Lenker konnten weiterfahren.

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Zunächst blieb der große Stau noch aus
„Ich bin mir der Belastung bewusst“, sagte Hermann. „Wir gehen aber auf den Wunsch Österreichs ein, damit keine großen Behinderungen zulasten der Pendler, Touristen und der Wirtschaft stattfinden.“ In Spitzenzeiten seien zwar punktuell Staus und Verzögerungen zu erwarten. Es werde aber weiterhin nicht jedes Fahrzeug kontrolliert, nicht immer müsse auch der Kofferraum geöffnet werden. Die Polizei habe zudem Erfahrung und einen guten Blick dafür, wer herausgewinkt werden muss. „Geringe Verzögerungen sind ja auch im Sinne der bayrischen Wirtschaft.“
Ärger in Deutschland
Um die Kontrollen durchzuführen, werden 100 bayrische Polizisten der deutschen Bundespolizei unterstellt. Diese führt ja bereits seit September 2015 die Kontrollen an der deutsch-österreichischen Grenze durch.
Herrmann hatte sich dazu mit dem deutschem Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) auf die Mithilfe bayrischer Polizisten bei den Grenzkontrollen verständigt. Doch auch in Deutschland stießen die Maßnahmen auf Kritik: Der polizeipolitische Sprecher der deutschen Sozialdemokratischen Landtagsfraktion, Peter Paul Gantzer, kritisierte laut Bayerischem Rundfunk, die verstärkten Kontrollen seien unwirksam. Er sagte, der Einsatz der Landespolizei an der Grenze reiße weitere Lücken an anderer Stelle. Angesichts von zwei Millionen Überstunden könne es nicht sein, „dass die Landespolizei den Job der Bundespolizei machen müsse“.
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