20 Prozent als „Honorar“ für Beamte
Nach neuen Korruptionsvorwürfen wächst der Druck auf die Bürgermeisterin von Italiens Hauptstadt Rom, Virginia Raggi. Die Opposition forderte am Montag den Rücktritt der Politikerin der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung (Movimento 5 Stelle), nachdem in der italienischen Hauptstadt zehn Bauunternehmer unter Hausarrest gestellt worden waren.
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Den Männern wird vorgeworfen, Mitglieder der Stadtverwaltung bestochen zu haben, um Aufträge für die Renovierung von staatlichen Schulen zu erhalten, wie die Behörden am Montag mitteilten. Die Mitarbeiter des Rathauses sollten 20 Prozent aus öffentlichen Mitteln kassieren, die für die Renovierungen vorgesehen sind. Gegen sie wird ermittelt.

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Virginia Raggi bei einer Rede als Bürgermeisterin
Grillo: Es wurden Fehler gemacht
Die Fünf-Sterne-Bewegung versicherte Raggi ihren Rückhalt, bat die Bürgermeisterin aber, ihr Team im Rathaus neu aufzustellen. Raggi hatte nach ihrem Wahlsieg im Juli einen radikalen Neuanfang im korruptionsgeplagten Rom versprochen. Raggi wird von ihrer Partei allerdings offenbar an die kurze Leine genommen. Sie müsse sich von umstrittenen Mitarbeitern trennen, hieß es am Wochendende.

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Fünf-Sterne-Chef Beppe Grillo
„Es wurden Fehler gemacht, die Virginia eingestanden hat: Sie hat den unpassendsten Personen der Welt vertraut. Von heute an schalten wir in einen anderen Gang“, schrieb der Gründer und Chef der Bewegung, der Komiker Beppe Grillo, am Samstag in seinem Internetblog.
Vertraute mussten gehen
Vizebürgermeister Daniele Frongia, ein Vertrauter der Bürgermeisterin, reichte bereits seinen Rücktritt ein. Er bleibt jedoch im Gemeinderat als Verantwortlicher für Sportangelegenheiten. Auch mit ihrem Bürochef Salvatore Romeo verliert Raggi einen wichtigen Vertrauten. Romeo koordinierte mit Raggi das politische Kabinett.

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Der Eingang zum römischen Rathaus auf dem Kapitol
Die beiden Vertrauten Raggis waren von der Fünf-Sterne-Bewegung beschuldigt worden, die Bürgermeisterin schlecht beraten zu haben. Mit der Trennung von Frongia und Romeo hofft die fast täglich mit Rücktrittsaufforderungen konfrontierte Raggi, ihren Posten zu retten.
Schwerer Schlag für Grillo-Partei
Frongia und Romeo galten als Vertraute des am Freitag wegen Korruptionsvorwürfen festgenommenen bisherigen Personalchefs Raffaele Marra. Er galt als „rechte Hand“ der 38-jährigen Bürgermeisterin. Grillo hatte schon vor Monaten die zentrale Stellung Marras im Gemeinderat kritisiert. Die Anschuldigungen gegen Marra betreffen Geschäfte aus dem Jahr 2013. Marra werden Verbindungen zum skandalumwitterten Ex-Bürgermeister Roms, Gianni Alemanno, vorgeworfen.
Der Skandal um den festgenommenen Marra ist ein schwerer Schlag für die Grillo-Partei, die ihren Erfolg auf der Forderung nach Ehrlichkeit und Transparenz in der italienischen Politik aufgebaut hat. „Es ist lächerlich: Grillo und Raggi glauben, die Krise in Rom einfach mit einer Kabinettumbildung zu lösen“, kritisierte Matteo Orfini, Präsident der regierenden Demokratischen Partei (PD). Auch Raggis Chefberaterin in Umweltfragen, Paola Muraroz, war zuvor zurückgetreten. Gegen sie wird separat wegen Amtsmissbrauchs ermittelt.
Rom als Testfeld
Raggi war im Juni mit einer überwältigenden Mehrheit von 70 Prozent gewählt worden. Die Amtsführung von Fünf Sterne in Rom wird als Gradmesser für die Chancen einer Regierungsbeteiligung der Protestpartei auf nationaler Ebene gesehen. Scheitert Raggi in Rom, wäre das eine große Blamage für ihre Fünf-Sterne-Bewegung, die laut Umfragen mit rund 30 Prozent Italiens stärkste Einzelpartei ist und nach der Parlamentswahl, die spätestens im Frühjahr 2018 stattfinden wird, die italienische Regierung anführen könnte.
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