Mitterlehner verbittet sich „Querschuss“
Wie viel Freundschaft braucht eine Partei? Mit dieser Frage dürften sich ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner und sein Klubobmann Reinhold Lopatka zuletzt intensiv beschäftigt haben. „Partei ist keine Freundschaftsgruppe, sondern eine Interessengruppe“, sagte Mitterlehner am Dienstag vor Journalisten. Zumindest was Wahlempfehlungen angeht.
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Mit seiner öffentlich bekanntgegebenen Präferenz für den FPÖ-Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer sorgte Lopatka am Wochenende für Wirbel in der Partei. Nicht zuletzt, weil seine Meinung nicht der seines Chefs entspricht. „Wenn ich Parteiobmann bin, müssen solche Aussagen mit mir abgestimmt werden“, so Mitterlehner. Sonst sei das als „Querschuss“ zu werten, sagte Mitterlehner am Rande des Ministerrates am Dienstag. Darüber habe er mit Lopatka gesprochen, die Angelegenheit sei damit geklärt. Um seinen Rücktritt habe er den Klubchef nicht gebeten.
„Abklärung der Vorgangsweise“
Von einem „Streit“ in der ÖVP wollte Mitterlehner zudem nicht reden, es sei vielmehr um die „Abklärung der Vorgangsweise“ gegangen, so der ÖVP-Chef. Dass es in der ÖVP in puncto Bundespräsidentenwahl verschiedene Meinungen und Präferenzen für Alexander Van der Bellen und für Hofer gebe, sei völlig in Ordnung und nachvollziehbar.
Nach Konflikt: ÖVP um Beruhigung bemüht
Nach dem Konflikt zwischen ÖVP-Parteichef Reinhold Mitterlehner und seinem Klubobmann Reinhold Lopatka sind die ÖVP- Regierungsmitglieder beim Ministerrat um Beruhigung bemüht.
Ganz so abgeklärt klang Mitterlehner in einem Interview mit den „Oberösterreichischen Nachrichten“ („OÖN“) am Montag noch nicht. Dort wurde die Aussage Lopatkas als „Illoyalität“ bezeichnet. In Medien war unter Berufung auf ÖVP-Insider von einer „letztmaligen Verwarnung“ für Lopatka die Rede gewesen. Übrig blieb davon, dass Lopatka „bedauert“, Mitterlehner nicht vorab über seine geplante Pro-Hofer-Positionierung informiert zu haben.
„Lopatka steht zu seiner Erklärung“
In einer Aussendung von Montag wurde ausdrücklich „festgehalten“: „Klubobmann Reinhold Lopatka steht zu seiner Erklärung vom Donnerstag der vergangenen Woche.“ Auch sei diese keine Wahlempfehlung gewesen, sondern „persönliche Präferenz“, wie sie auch Mitterlehner selbst zugunsten von Van der Bellen erkennen habe lassen.
Am Dienstag ging Lopatka Fragen zur Causa beim Ministerrat aus dem Weg und zeigte sich gegenüber Journalisten ungewohnt wortkarg. Außenminister Sebastian Kurz, der bereits als möglicher Nachfolger Mitterlehners und ÖVP-Spitzenkandidat bei der nächsten Nationalratswahl gehandelt wird, wollte die aktuellen Diskussionen in der Partei ebenfalls nicht kommentieren.
Viele schwarze Stimmen für Van der Bellen
In der ÖVP besteht zwar eine Vereinbarung, dass keine offizielle Wahlempfehlung der Partei abgegeben wird, allerdings sprachen sich in den vergangenen Wochen etliche ÖVP-Vertreter offen für Van der Bellen aus. Als einziger aktiver ÖVP-Bundespolitiker hatte Lopatka mit einigem Lob für Hofer aufhorchen lassen, der laut seinen Aussagen „der bessere Kandidat“ sei und gezeigt habe, dass er „für ein hohes Amt geeignet“ sei.
Die Arbeit in der Koalition sei durch das eisige Klima zwischen ÖVP-Vizekanzler und Klubobmann nicht belastet, versicherte SPÖ-Regierungskoordinator Thomas Drozda: „Ich habe heute zweimal mit dem Herrn Vizekanzler und viermal mit dem Herrn Klubobmann gesprochen und ich habe keine Schockwellen mitbekommen“, sagte Drozda nach dem Ministerrat.
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