Reminiszenz an frühere Tage
Auf ihrem zehnten Studioalbum „Hardwired... To Self-Destruct“ machen Metallica, was sie am besten können: Metallica sein. Die zwölf Songs vereinen die Elemente, die die Band zu den Megasellern des Heavy Metal gemacht haben - wirklich gut funktionieren aber nur die wütenden Hochtempokracher, die an das Frühwerk der Band erinnern.
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Die Reminiszenz an die Anfangszeit beginnt beim Sound: „Hardwired ... To Self Destruct“ klingt wie eine geschliffene Version des Metallica-Debüts „Kill ’Em All“ (1983). Und konsequenterweise brettert die Band mit dem Album-Opener „Hardwired“ gleich ordentlich los.
Verlorenes iPhone, verlorene Ideen
Für die Musik zeichnen dieses Mal fast ausschließlich Sänger und Gitarrist James Hetfield und Schlagzeuger Lars Ulrich verantwortlich. Dass Gitarrist Kirk Hammett so gut wie nicht am Songwriting beteiligt war, hat einen kuriosen Grund: Hammett ging das iPhone verloren und mit ihm nach eigenen Angaben die Ideen für 250 Gitarrenriffs.

Blackened
Hinweis
Metallicas „Hardwired ... To Self Destruct“ ist bei Blackened und Universal Music Group erschienen.
Im Fall von Metallica macht das aber - fast - nichts. Hammett ist zwar schon seit 1983 bei der Band, die Dynamik in der Gruppe wird aber seit jeher vom Verhältnis zwischen Hetfield und Ulrich bestimmt, den nach Angaben größten Metallica-Fans der Welt. „Sein ganzes Haus ist voll mit Metallica-Utensilien“, sagte Hetfield vor Kurzem in einem Interview über seinen Schlagzeuger.
Hetfield und Ulrich - beide mittlerweile 53 Jahre alt - lernten einander mit 19 in Kalifornien kennen. Ersterer kommt aus einfachen Verhältnissen, der Vater Truckfahrer und Prediger. Die Prügel, die er vom Vater bezog, verarbeitete er in seinen wütenden Texten ebenso wie den Krebstod der Mutter. Der in Dänemark geborene Ulrich dagegen stammt aus einem reichen Elternhaus, der Vater war Tennisprofi und besaß einen Jazzclub.
Die Wut der Band ...
Neben schnellen Nummer finden sich auch balladenhaftere wie „Here Comes Revenge“ und „Murder One“ - eine Hommage an den verstorbenen Motörhead-Sänger Lemmy Kilmister -, die fast schon an die Werke des legendären, 1991 erschienen „Black Album“ erinnern, denen aber letztlich ein wenig der Biss fehlt.

Metallica
Bassist Robert Trujillo, Ulrich, Hammett und Hetfield (v. l. n. r.)
Was immer noch da ist, glaubt man den Bandmitgliedern, ist die Wut, die Metallica nach wie vor versprühen. „Wir sind vier wütende Typen“, sagte Hammett bei einem Besuch in Paris gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Wut sei auch der Grund gewesen, warum er überhaupt mit der Musik angefangen habe. Beim Gitarrenspielen gingen ihm so viele Saiten kaputt, dass er mit dem Wechseln nicht hinterherkomme. „Ich spiele immer sehr, sehr aggressiv und auf sehr wütende Weise, dann geht es mir besser“, sagte Hammett.
... und die Wut der Fans
Wütend waren in der Vergangenheit auch die Fans ob der musikalischen Experimente der Band. Nach dem endgültigen kommerziellen Durchbruch mit dem „Black Album“ versuchten sich Metallica 1996 mit dem Rockalbum „Load“ neu zu erfinden, was der Band nach Meinung vieler Fans misslang. Die 2003 erschienene Platte „St. Anger“ geriet wegen ihres verunglückten Sounds in die Kritik, ebenso „Death Magnetic“ (2008). Für Unmut unter den Fans sorgte heuer auch ein Werbedeal der Band mit der noblen Modemarke Brioni, im Rahmen dessen sich das Quartett in weißen Anzügen und im Frack ablichten ließ.
Das Mite November erschienene Album, zu dessen zwölf Liedern es jeweils ein Video auf der Website der Band gibt, könnte Fans aber tatsächlich versöhnen. „Hardwired ... To Self Destruct“ ist ein solides Album geworden, mit wenigen musikalischen Höhepunkten. Dafür ist es das erste Metallica-Album seit 20 Jahren, das wirklich nach Metallica klingt - mehr dazu in fm4.ORF.at.
Philip Pfleger, ORF.at
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