Bilder von eigenartiger Schönheit
Das Kunst Haus Wien hat Peter Dressler, einem der zentralen österreichischen Fotokünstler und Wien-Chronisten, unter dem Titel „Wiener Gold“ die erste große Retrospektive gewidmet: Bilder mit Komik und – sehr frei nach dem Vienna-Art-Week-Motto – von eigenwilliger Schönheit.
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Der 2013 verstorbene Künstler Peter Dressler war ein begnadeter Wiederverwerter, einer, der das Recyceln des eigenen Materials zum Prinzip erklärte. Eines seiner Motive exemplifiziert seinen dezent-skurrilen Humor vielleicht am besten: das Foto eines kleinen Hundes, aufgenommen 1972 auf der Wiener Schmelz und auf Karton affichiert, mit dem Dressler um die halbe Welt reiste.

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Papphund Burschi und die Tapire im NHM
Der Papphund, 27 Zentimeter lang und von Dressler auf den Namen Burschi getauft, besuchte „Mit großem Interesse“, so der Titel der Serie, die auratisch aufgeladenen Räume der internationalen Museen – vom Naturhistorischen Museum (NHM) in Wien (abgelichtet vor der Tapir-Vitrine) über den Louvre in Paris bis hin zum Museum of Modern Art in New York (dort vor Picasso verweilend). Aber man traf Burschi etwa auch – im Leopardenfell-Look – in einer minimalistischen Hotelhalle in Bangkok, in einem postkommunistischen Möbelhaus in Prag, in Parks und im leeren Swimming Pool.
Dressler als Wiener Stadtchronist
„Dressler ist einer, der immer versucht hat, die Aura der Räume infrage zu stellen. Wenn der kleine Hund auftaucht, ändert sich etwa sofort die Autorität des Museums“, so Christine Frisinghelli, eine der Kuratorinnen der Kunst-Haus-Retrospektive im Gespräch mit ORF.at. „Dressler stellte den Hund hin, fotografierte ihn heimlich und brachte durch diese kleine Intervention die Dinge in Bewegung.“ Mit Leidenschaft und Ausdauer verfolgte Dressler dieses Projekt – ganze zehn Jahre lang.
Ausstellungshinweis
„Peter Dressler - Wiener Gold“, bis 5. März 2017, Kunst Haus Wien, täglich 10.00 bis 18.00 Uhr.
Dass Dressler heute nicht allen Kunstinteressierten ein Begriff sein mag, hat weniger mit seiner Bedeutung, als mit der besonderen Vernachlässigung und Geringschätzung der Fotografie in Österreich zu tun, so Frisinghelli: Der 1942 im rumänischen Brasov (Kronstadt) geborene Künstler hat die Fotokunst hierzulande maßgeblich geprägt – nicht zuletzt durch seine langjährige, über 35 Jahre andauernde Arbeit als Assistenzprofessor an der Akademie der bildenden Künste in Wien.
Der eigentlich als Maler ausgebildete Dressler begann seine Fotoarbeit mit einem, wie er sagte, „Realismus der 70er Jahre“. Wien war der zentrale Ort, die vertraute Umgebung, in der er das Material fand, das er ironisch-kritisch, manchmal auch subversiv einfing und so auch Wiener Stadtgeschichte erzählte: Toilettenkritzeleien, Geschäftslokale oder Transportwägen auf dem Brunnenmarkt. Dabei blieb er aber nicht dokumentarisch, sondern erzählte – teils über Tableaumontagen – sorgfältig komponierte Geschichten: „Die Ketten der Assoziationen sind meine Welt.“
Ironisch-melancholische Selbstinszenierungen
Ende der 1980er Jahre folgte dann sein Bruch mit den narrativen Beobachtungen, Dressler machte sich selbst zur Hauptfigur seiner Fotografien. Er inszenierte Bilder geprägt von Humor und Melancholie: In „Eher seltene Rezepte“ präsentiert er sich mit Kochhaube und seltsamen Objekten, in „In unmittelbarer Nähe“ als dandyhafter Kunstsammler, der seine Bilder nachbessert, in „Greifbare Schönheit“ als Kaufhausbesucher, der in der Konsumwelt zulangt, in „Tie Break“ als Tennisspieler, der im langen Nadelstreifjackett in den Räumen der Akademie der bildenden Künste gegen sich selbst antritt.

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Dressler in seinem Bild „Tie Break“
Trotz dieser Selbstinszenierungen war Dressler kein Narziss, betont Frisinghelli, der definierte, wer dazu gehört und wer nicht. Es ist die Schau eines aufmerksamen Beobachters und eigenwilligen Geschichtenerzählers.
Paula Pfoser, für ORF.at
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