Suche nach Gründen für Misserfolg
Die unterlegene US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton, ihre Parteifreunde und Wahlkampfspender suchen nach Gründen für die schwere Niederlage, die kaum jemand erwartet hat. Nun macht Clinton das Vorgehen von FBI-Direktor James B. Comey in der E-Mail-Affäre kurz vor der Wahl zumindest zum Teil für den Misserfolg verantwortlich.
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Comeys Vorgehen habe ihr die Chance auf den Wahlsieg genommen, sagte Clinton sinngemäß laut Berichten des TV-Senders CNN und der „New York Times“ („NYT“) in einer Telefonkonferenz mit Wahlkampfspendern. Der Chef der Bundespolizei habe ihr einen „Doppelschlag“ verpasst, indem er am 29. Oktober die Einleitung neuer Untersuchungen publik gemacht und dann am Sonntag vor der Wahl plötzlich bekanntgegeben habe, dass nichts Belastendes gefunden worden sei.

APA/AFP/Yuri Gripas
Für ihre Wahlniederlage hat Clinton einen Mitschuldigen genannt: FBI-Chef James B. Comey
Schwung nach TV-Debatten gestoppt
CNN und „NYT“ beriefen sich dabei auf Angaben eines Teilnehmers der Telefonkonferenz. Demnach sagte Clinton, der erste Schritt habe den Schwung gestoppt, den sie nach drei TV-Debatten und der Veröffentlichung des Skandalvideos mit vulgären und misogynen Äußerungen ihres Wahlgegners Donald Trump gewonnen habe. Der zweite eigentlich entlastende Schritt habe Trump-Befürworter schlicht befeuert in ihrem Glauben, das System sei manipuliert.
Zugleich seien unentschiedene Wähler vergrault worden. Zusammen sei das „zu viel“ gewesen, um es zu überwinden. Die E-Mail-Affäre drehte sich darum, dass Clinton in ihrer Zeit als Außenministerin einen privaten Server auch für dienstliche Korrespondenzen benutzt hatte.
„Sehr, sehr harte Tage“
Auch Clintons Pressesprecherin Jennifer Palmieri machte dem FBI-Chef Vorwürfe. „Keiner hat erwartet, dass wir verlieren“, so Palmieri. „Was hat sich in den letzten Tagen vor der Wahl verändert, dass ihn Stimmen gewinnen und uns Stimmen verlieren hat lassen? Der einzige aufgetretene Faktor war Comey, das war zu viel“, hieß es weiter.
Clinton räumte den Angaben zufolge aber ein, dass es auch anderen Gegenwind im Wahlkampf gegeben habe, der nicht „angemessen bekämpft“ worden sei. Schlussendlich habe es „zahlreiche Gründe“ gegeben, weshalb die Wahl für sie nicht erfolgreich gewesen sei. Sie räumte weiters ein, dass die vergangenen Tage „sehr, sehr hart“ waren. Zugleich rief die Demokratin dazu auf, „wieder rauszugehen“ und weiter „für die Anliegen zu kämpfen, die wir unterstützen“. Laut Angaben eines Teilnehmers soll Clinton in der rund 30-minütigen Konferenz „stoisch“ gesprochen haben.
Sanders „traurig, aber nicht überrascht“
Clintons Kontrahent im Vorwahlrennen, Bernie Sanders, sagte unterdessen, er sei traurig, aber nicht überrascht vom Wahlausgang. „Es schockiert mich nicht, dass Millionen Menschen, die für Herrn Trump gestimmt haben, das taten, weil sie den wirtschaftlichen, politischen und den Status quo bei den Medien leid waren“, schrieb Sanders in einem in der „NYT“ veröffentlichten Kommentar.

APA/AP/Patrick Breen
Sanders kündigte Reformvorschläge an
Der Senator aus Vermont, der nach seiner Vorwahlniederlage Clinton unterstützt hatte, kündigte eine Reihe von Reformvorschlägen zur Neubelebung der Demokratischen Partei an. „Sie muss sich von ihren Verbindungen mit dem Unternehmensestablishment lösen und wieder eine basisdemokratische Partei der arbeitenden Bevölkerung, der Älteren und Armen werden.“
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