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„Tatsächlich tot“

Ist die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten für das transatlantische Freihandelsabkommen TTIP der Todesstoß? Trump sieht in internationalen Handelsverträgen und dem Abbau von Zöllen eine Gefährdung von Arbeitsplätzen und Wettbewerbsfähigkeit - eine Unterzeichnung in seiner Amtszeit gilt als unwahrscheinlich.

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Das Abkommen, das auch in Europa viele Gegenstimmen hat, sei nun „tatsächlich tot“, meint der neue Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Martin Kocher, am Mittwoch. „Ich glaube nicht, dass es jetzt noch eine Möglichkeit gibt. Ob man in den nächsten Jahren mit einer neuen Verhandlungsrunde beginnt, wird man sehen.“ Die Gespräche über die Verträge laufen seit mittlerweile 2013.

Bi- statt multilateral

Zwar hatte weder Trump noch seine demokratische Rivalin Hillary Clinton ausführlich zu TTIP Stellung bezogen. Doch der Wahlsieger wetterte regelmäßig gegen die Entfesselung des Welthandels, sei es gegen das 1994 unterzeichnete NAFTA-Abkommen der USA mit Mexiko und Kanada oder das transpazifische Handelsabkommen TPP mit elf Pazifikanrainerstaaten. Die USA würden durch TPP „vergewaltigt von wohlhabenden Menschen, die uns ausnutzen wollen“, sagte Trump im Juni.

NAFTA will er neu verhandeln, die TPP-Handelsvereinbarung aufkündigen. Statt auf multilaterale setzt Trump auf bilaterale Vereinbarungen mit einzelnen Staaten und Wirtschaftsräumen. Dass Trump all seine Drohungen in puncto Welthandel wahr machen wird, glaubt der IHS-Chef nicht. „Ich glaube, dass bestehende Handelsverträge eingehalten werden. Die amerikanische Wirtschaft profitiert extrem von NAFTA.“

Chancen für aktuelle Variant „vorbei“

Auch Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) sieht die Chancen auf TTIP schwinden. „Ich glaube, dass die Chancen für die Variante, die wir jetzt haben, eigentlich total vorbei sind. In der Form wird TTIP sicherlich nicht kommen“, so der Wirtschaftsminister.

EU hofft noch

Die EU gibt das geplante Abkommen hingegen noch nicht verloren. Es gebe unverändert gute Gründe für den Handelsvertrag wie neue Jobs und ein besseres Investitionsklima, sagte Kommissionsvizepräsident Jyrki Katainen am Mittwoch in Brüssel. Es sei klar, dass mit dem Regierungswechsel in Washington nun eine Pause bei den Verhandlungen entstehe. Aber eine klare Positionierung Trumps gegen TTIP kenne er nicht. „Ich persönlich habe keine starken Worte gegen TTIP gehört“, sagte Katainen.

Auch die deutsche Regierung schreibt das Freihandelsabkommen nicht ab. Regierungssprecher Steffen Seibert verneinte am Mittwoch eine Frage, ob das umstrittene TTIP-Abkommen mit dem Sieg von Trump bei den Präsidentschaftswahlen in den USA tot sei.

Handelsminister wollen Obamas Restzeit noch nutzen

Die EU-Handelsminister treffen einander am Freitag in Brüssel, wo unter anderem auch über die neuen Vorzeichen bei TTIP beraten werden soll. Bis zum offiziellen Ende der Amtszeit von US-Präsident Barack Obama am 20. Jänner wollen die Verhandlungspartner möglichst viel vom Vertragstext fertigbekommen, hieß es aus EU-Ratskreisen. Wie es weiter geht, entscheide dann die schätzungsweise Mitte kommenden Jahres festgelegte Handelspolitik von Trump. Beim EU-Handelsrat soll der derzeitige Verhandlungsstand dargelegt werden.

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