Mindestsicherung: Kern will keine weiteren Verhandlungen
Der Streit über eine bundesweite Reform der Mindestsicherung spitzen sich weiter zu. Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern sagte gestern Abend im ZIB-Interview, dass nach monatelangen Verhandlungen der „Rubikon“ für die SPÖ erreicht sei. Die Länder könnten nun ihre eigenen Vorstellungen umsetzen.
Kern legte noch einmal das letzte Angebot der SPÖ an die ÖVP dar: „Es soll eine Deckelung geben, aber nicht für jene, die Behinderungen haben, nicht für Alleinerzieherinnen und auch nicht für jene Familien, die 500 Euro im Schnitt aus der Mindestsicherung bekommen.“ Der springende Punkt sei laut Kern der Umgang mit Asylberechtigten.
Kanzler Kern im Interview
Nicht nur zur Mindestsicherung, auch zum Zustand der Koalition nahm Kern im Gespräch mit Hans Bürger Stellung.
„Werden Länder unterstützen“
Von einem Ultimatum an die ÖVP wollte der Kanzler aber nicht sprechen. „Das ist kein Ultimatum. Wir haben uns gemeinsam mit dem Vizekanzler bemüht, eine österreichweite Regelung zu finden. Grundsätzlich ist die Mindestsicherung ja eine Ländermaterie. Das ist nicht gelungen, das auf Bundesebene zu koordinieren.“
Weitere Verhandlungen lehnt Kern ab: "Ich bin davon überzeugt, dass das der richtige Weg ist. Wir haben uns lange Zeit genommen, sind hier nicht zu einem Konsens gekommen, haben hier unterschiedliche Vorstellungen. „Die Länder haben alle ihre eigenen Vorstellungen. Wir werden sie dabei unterstützen.“
Zerwürfnis im Ministerrat
Zuvor hatte noch ÖVP-Sozialsprecher und ÖAAB-Obmann August Wöginger zur APA gesagt: „Wir wollen weiter verhandeln, wir wissen nur nicht, wer in der SPÖ das Sagen hat.“
Das Thema Mindestsicherung soll im Ministerrat laut „Kronen Zeitung“ und „Kurier“ auch zu einem handfesten Krach zwischen SPÖ und ÖVP geführt haben. Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) soll dem Kanzler laut „Kurier“ wegen dessen Verhandlungsführung dabei in der Sitzung „präpotentes Verhalten, das den Teamgeist zerstört“ vorgeworfen haben.
Sollte die Koalition bis Jahresende keine gemeinsame Linie finden, die auch von den Ländern mitgetragen wird, läuft die Bund-Länder-Vereinbarung zur Mindestsicherung aus. Dann können die Länder wieder eigene Sozialhilfemodelle beschließen. Allerdings würde auch der Bundeszuschuss zu den Krankenversicherungskosten der Sozialhilfeempfänger wegfallen.