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Weitere Proteste erwartet

China meint es im Kampf gegen jegliche Unabhängigkeitsbestrebungen in Hongkong ernst. Peking mischte sich nun in eine innenpolitische Krise der Sonderverwaltungszone direkt ein. Der chinesische Volkskongress verbannte am Montag zwei neu gewählte Unabhängigkeitsbefürworter aus dem Hongkonger Parlament.

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Proteste vom Vorabend ignorierte der Kongress und folgte vielmehr einer entsprechenden Interpretation des Grundgesetzes für Hongkong, dass Abgeordnete aus der Hafenmetropole ihre Treue auf das Grundgesetz der Sonderverwaltungszone Chinas schwören müssen. Der Eid dürfe in Form und Inhalt nicht verändert und müsse „ernsthaft, feierlich und vollständig“ abgelegt werden, so die Interpretation aus Peking.

„Ein Land - zwei Systeme“

Seitdem Großbritannien die ehemalige Kronkolonie 1997 an China zurückgab, gilt für Hongkong eine Teilautonomie nach der Formel „Ein Land, zwei Systeme“. Immer wieder kommt es zu Protesten für mehr Eigenständigkeit von China

Wer diesen Amtseid ablehne, disqualifiziere sich für ein öffentliches Amt. Die Eide der beiden Abgeordneten „sollten als ungültig betrachtet werden, und sie können nicht wiederholt werden“. Hongkongs pekingnaher Regierungschef Leung Chun Ying kündigte umgehend an, dass die Entscheidung aus Peking „vollständig“ in der Sonderverwaltungszone umgesetzt werde. China reagierte damit auch auf wachsende Unabhängigkeitsbestrebungen in Hongkong.

Amtseid abgeändert

Zwei neue Abgeordnete aus dem Hongkonger Legislativrat, „Baggio“ Leung Chun-hang und Yau Wai Ching, hatten bei ihrer Vereidigung den Amtseid auf provokative Weise geändert und China ihre Gefolgschaft verweigert. Sie demonstrierten ihre Überzeugung, dass Hongkong nicht Teil Chinas sei. Der Fall löste eine innenpolitische Krise aus und beschäftigt Gerichte in Hongkong, deswegen lehnten Kritiker eine Intervention aus Peking ab.

Baggio Leung wird aus dem Parlament gezerrt

APA/AFP/Anthony Wallace

Die Abgeordneten sorgten für Turbulenzen im Parlament

Denn das Hongkonger Parlament erklärte die Vereidigung der beiden Abgeordneten zunächst für ungültig. Der Zutritt zum Plenarsaal wurde ihnen zwar verboten. Die Mandatare Yau und Leung setzten sich aber über das Verbot hinweg. Jedes Mal wurde die Sitzung abgebrochen, was den Parlamentsbetrieb in Hongkong seither lähmte.

Weitere Proteste erwartet

Noch vor der Entscheidung über die Absetzung der beiden Abgeordneten waren Tausende Hongkonger gegen eine Einmischung in die Unabhängigkeit der Justiz auf die Straße gegangen. Die Polizei hatte mit Pfefferspray und Schlagstöcken reagiert. Angesichts der Entscheidung aus Peking werden nun neue Proteste erwartet.

Demonstranten in Hong Kong

APA/AFP/Isaac Lawrence

Schon vor der Entscheidung hatten Tausende Hongkonger dagegen protestiert

„Das große Risiko ist, dass der Ständige Ausschuss (des chinesischen Volkskongresses, Anm.) den Eindruck erweckt, dass die Gerichte in Hongkong eigentlich keine Rolle spielen, wenn es um öffentliche Rechtsfragen geht“, sagte Alvin Cheung vom US-Asieninstitut der New York University (NYU) in Hongkong. „Wenn das Vertrauen in die Gerichte einmal verloren geht, ist es sehr schwer, es wiederzugewinnen.“

„Rechtsstaatlichkeit gesichert“

„Die Interpretation (des Grundgesetzes, Anm.) demonstriert die feste Entschlossenheit und den Willen der Zentralregierung, sich einer Unabhängigkeit Hongkongs zu widersetzen“, sagte der Sprecher des Hongkong-Amtes beim Staatsrat in Peking. Damit werde die Autorität der Verfassung und die Rechtsstaatlichkeit in Hongkong gesichert. „Aktivitäten, die Nation zu teilen, werden nicht erlaubt.“

Als eigentlich eigenständiges Territorium genießt Hongkong mehr Freiheiten. Der Wirtschafts- und Finanzplatz etwa bleibt autonomes Zoll- und Steuergebiet. Es gibt eine eigene Währung, und es herrscht weitgehend Presse- und Meinungsfreiheit. Jegliche Formen weiterer Rechte werden aber von Peking unterbunden. Schon vor zwei Jahren hatten prodemokratische Demonstrationen mit Straßenblockaden Teile der Sieben-Millionen-Einwohner-Stadt über Wochen lahmgelegt.

Hintergrund waren die für 2017 versprochenen ersten direkten Wahlen in Hongkong, wofür Peking aber eine freie Nominierung der Kandidaten verweigert hatte. Nur 40 der 70 Sitze im Hongkonger Parlament werden nach dem allgemeinen, freien Wahlrecht besetzt. Die übrigen 30 werden von Hongkonger Interessengruppen bestimmt, die in der Mehrzahl dem Pro-Peking-Lager angehören.

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