Kurz beruft Botschafter ein
Die österreichische Politik hat bestürzt auf die Verhaftung von Abgeordneten der prokurdischen HDP, darunter die zwei Vorsitzenden der türkischen Oppositionspartei, reagiert. Politiker aller Parteien betonten, dass sich die Türkei von einer EU-Beitrittsperspektive entferne. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) entschied, den Geschäftsträger der türkischen Botschaft am Freitag einzubestellen.
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Damit solle die Bedeutung der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit unterstrichen und Unmut und Unverständnis über die Verhaftung der Oppositionspolitiker ausgedrückt werden, sagte ein Sprecher von Kurz zur APA.
Bures mahnt Erdogan
„Die Bekämpfung von Terrorismus darf nicht dafür missbraucht werden, politische Gegner zu verfolgen“, kritisierte Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ). Mit der Festnahme der Oppositionspolitiker entferne sich die Türkei auch von der Perspektive auf einen EU-Beitritt, so Bures. „Erdogan muss endlich auf einen Weg der Stabilität und des demokratischen Rechtsstaates zurückkommen“, forderte SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder. Eine Fortsetzung von Verhandlungen mit der Türkei sei für ihn derzeit nicht vorstellbar.
Die Festnahmen zeigten, dass das Regime Erdogan weit davon entfernt sei, europäische Rechtsstandards zu erfüllen, so ÖVP-Klubobmann Reinhold Lopatka. „Andersdenkende durch Verhaftungen mundtot zu machen ist weit vom europäischen Gedanken entfernt. Das dürfen wir nicht akzeptieren“, so der außenpolitische Sprecher der ÖVP.
Kritik auch von Hofburg-Kandidaten
FPÖ-Bundespräsidentschaftskandidat Norbert Hofer forderte einen endgültigen Abbruch der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei. „Die Entwicklung, welche die Türkei genommen hat und immer noch nimmt, steht abseits von europäischen Werten und unserem Demokratieverständnis“, so Hofer. Vor diesem Hintergrund müsse auch das Flüchtlingsabkommen zwischen der EU und der Türkei kritisch betrachtet werden. Aufgrund des eingeschlagenen Kurses des Erdogan-Regimes werde das Abkommen wohl nicht mehr lange halten, so Hofer.
Der von den Grünen unterstützte Bundespräsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen kritisierte, dass sich die Türkei zunehmend zu einem autoritären System entwickle. Die Frage eines EU-Beitritts der Türkei sieht Van der Bellen aufgrund der jüngsten Entwicklungen auf „nicht absehbare Zeit auf Eis gelegt“. Grünen-Chefin Eva Glawischnig sagte, sie „fürchte, dass die parlamentarische Demokratie in der Türkei gerade abgeschafft wird“. Die außenpolitische Sprecherin der Grünen, Tanja Windbüchler, forderte den Abzug des österreichischen Botschafters aus Ankara.
Auch NEOS gegen Kandidatenstatus
„Ein Machthaber, der die Todesstrafe einführen will und zeitgleich Tausende Journalisten und Oppositionelle einsperrt, ist eine Gefahr für die gesamte Region“, sagte der außenpolitische Sprecher von NEOS, Christoph Vavrik. Unter diesen Umständen sei der Türkei der EU-Beitrittskandidatenstatus umgehend zu entziehen.
Erdogan habe innerhalb nur weniger Wochen „ein fast schon totalitäres Regime direkt vor unserer Haustüre errichtet. Dies wird bald auch negative Folgen für Europa haben“, so Team-Stronach-Klubobmann Robert Lugar. Die internationale Staatengemeinschaft sei gefordert, dem Einhalt zu gebieten.
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