Fast 12.000 Vertriebene
Erstmals seit Beginn der Offensive auf Mossul vor zwei Wochen sind irakische Soldaten am Montag in das Stadtgebiet der nordirakischen Metropole vorgerückt. Laut irakischem Militär hätten Truppen den Stadtteil Karama erreicht. Mossul ist die zweitgrößte Stadt des Irak und seit zwei Jahren in der Hand der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
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In der Umgebung von Mossul nahmen kurdische Milizen nach Angaben des irakischen Militärs zudem fünf Ortschaften ein. Andere Armee-Einheiten stießen demnach vom Süden her auf die Stadt vor. Schiitische Milizen hatten angekündigt, die Verbindung zwischen Mossul und al-Rakka in Syrien einzunehmen, um IS-Kämpfern den Fluchtweg abzuschneiden.
Tausende IS-Kämpfer verschanzt
Die irakische Armee und ihre Verbündeten befürchten nun einen verlustreichen Häuserkampf, bis Mossul ganz in ihrer Hand ist. In Mossul sollen sich zuletzt noch zwischen 6.000 und 8.000 IS-Kämpfer verschanzt gehabt haben. Sie sollen Sprengfallen gelegt, Tunnel gegraben und Schützengräben ausgehoben haben. Erschwerend kommt hinzu, dass der IS nach UNO-Angaben Zivilisten als menschliche Schutzschilde einsetzt, um die Regierungstruppen von Angriffen abzuhalten.

Grafik: Omniscale/OSM/APA/ORF.at; Quelle: The Guardian
Am Wochenende hatten die irakische Armee und mit ihr verbündete Milizen den Belagerungsring um Mossul enger gezogen. Ziel der Angriffe auf Städte und Dörfer westlich von Mossul war, die Verbindungen der Extremisten zu ihren Hochburgen im benachbarten Syrien abzuschneiden. Die Kämpfer hätten am Sonntag fünf Dörfer eingenommen, hieß es aus Militärkreisen.
IS rief vor zwei Jahren Kalifat in Mossul aus
Mitte Oktober hatten die irakische Armee, kurdische Peschmerga sowie schiitische und lokale Milizen mit der Großoffensive auf Mossul begonnen. Alleine an der Front im Süden der Metropole wurden seit Beginn der Offensive nach irakischen Militärangaben etwa 750 IS-Kämpfer getötet. Der IS versuchte mit Gegenoffensiven und einer Reihe von Anschlägen, die Kräfte der Regierungsallianz zu binden und so den Vorstoß auf Mossul zu bremsen.
Die Eroberung Mossuls wäre militärisch und symbolisch eine schwere Niederlage des IS. Vor zwei Jahren hatte IS-Chef Abu Bakr al-Bagdadi in Mossul ein Kalifat ausgerufen, das neben dem Irak auch große Teile Syriens umfassen soll. In dem IS-Herrschaftsgebiet stehen Andersgläubige unter Lebensgefahr. Viele wurden von den radikalen Islamisten getötet oder versklavt.

Reuters/Ahmed Jadallah
Irakische Soldaten im befreiten Karakosch 30 Kilometer vor Mossul
In den vergangenen Monaten hatten die irakischen Regierungstruppen unter anderem bereits die Städte Falludscha, Ramadi, Tikrit und Karakosch wieder unter ihre Kontrolle gebracht. Der IS wurde auch aus der ebenfalls im Nordirak gelegenen Erdölmetropole Kirkuk vertrieben, wo die Islamisten unter dem Druck des Vormarsches auf Mossul eine Entlastungsoffensive gestartet hatten.
Familien zwischen den Fronten
Nach Angaben der Regierung sind bisher fast 12.000 Menschen vor den Kämpfen aus der Region geflüchtet. Sie seien in mehreren Lagern in Umland von Mossul eingetroffen, sagte das irakische Ministerium für Migration und Flüchtlinge am Donnerstag. Der Landesdirektor für den Irak der Hilfsorganisation Norwegian Refugee Council (NRC), Wolfgang Gressmann, sagte, die geflüchteten Menschen hätten Verzweiflung und Angst erleben müssen.
„Familien müssen sich entscheiden, ob sie das Risiko eingehen wollen, im Kreuzfeuer gefangen zu sein, von Scharfschützen auf der Flucht erschossen oder in ihren Häusern angegriffen zu werden“, sagte er. Gressmann warnte, die Zahl der Vertriebenen könnte in den nächsten Wochen auf mehr als 200.000 steigen. Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) rechnet mit bis zu einer Million Menschen, die vertrieben werden könnten.
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