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Ehre, Treue, Narben und Kickl

Sie fühlen sich als „Verteidiger Europas“, aber können oder wollen nicht einmal Österreich erklären, wie, warum und wovor es verteidigt werden soll: Die rechten bis rechtsextremen Gruppierungen taten am Samstag alles in ihrer Macht Stehende, um unabhängige Berichterstattung über ihr Treffen in Linz zu verhindern. Die Übung gelang nur bedingt.

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Auch ohne Vertreter objektiver Medien wurde etwa bekannt, dass der Salzburger Weihbischof Andreas Laun in Linz mit einem Referat über „Das christliche Fundament Europas“ eingeplant war. Gegenüber der APA erklärte Laun, er wolle tatsächlich zu diesem Thema sprechen, habe in seinem Kalender aber „das Bildungshaus Puchberg bei Wels eingetragen“ und wisse „nicht, welche Leute das sind“. In einer darauf folgenden Aussendung der katholischen Kirche wusste er es wieder.

Absage nach „Ersuchen“ von Erzbischof

„Ich bedaure die Polarisierungen rund um den Kongress und sage meine Teilnahme daran ab“, hieß es in der Kathpress-Aussendung. Launs geografische Verwirrung wurde offenbar auch durch das Salzburger Erzbistum geklärt: Betont wurde in der Aussendung, dass Laun mit seiner Absage „dem ausdrücklichen Ersuchen des Salzburger Erzbischofs Franz Lackner“ nachkomme.

Zwei Verhaftungen

Verhaftet wurden zu Beginn der Veranstaltung zwei Personen, die das Treffen mit Stinkbomben stören wollten.

Verwirrung gab es außerdem um die Teilnahme von Vertretern des Senders Servus TV, der von den Veranstaltern als „Medienpartner“ bezeichnet wurde. Gegen diesen Titel wehrte sich Servus TV zwar, bestätigte aber, dass man über die Veranstaltung berichten werde. Ob ein Kamerateam an Ort und Stelle sei, konnte oder wollte ein Sprecher des Senders gegenüber der APA am Samstag nicht beantworten.

SS-Paraphrasen in Schönschrift

Ein Lokalreporter der „Kronen Zeitung“ berichtete über den Kurznachrichtendienst Twitter von der Veranstaltung, bis er „höflich, aber bestimmt (...) ersucht wurde, die Twitterei zu unterlassen“. Als Einblicke lieferte er etwa Fotos von rechtsextremem Merchandising, das in Linz an den Mann gebracht werden sollte - etwa einen „Schriftkünstler“, dessen Aushängeschild der kalligrafierte Schriftzug „Ehre und Treue“ ist, offenbar in Anlehnung an das SS-Motto „Unsere Ehre heißt Treue“.

Auch alle anderen Teilnehmer warben in Linz unter ihresgleichen um Zuspruch. Burschenschaftler keilten etwa unter mannshohen Fotos von blutverschmierten Gesichtern und dem Slogan „Ich will nicht ohne Narben sterben“ Mitglieder. Dazu boten Verschwörungstheoretiker und Verleger rechter und rechtsextremer Zeitschriften ihre Waren feil, und FPÖ-Generalsekretär Herbert Kickl hielt das Eröffnungsreferat mit dem Titel „Was hat Europa zu verteidigen?“

Laut Kickl muss Europa sein „Volk“ verteidigen. Man müsse sich fragen, wozu es Zuwanderung gebe, so Kickl unter dem Applaus der Anwesenden. Weiters sprach er sich laut Veranstalterangaben gegen Bundespräsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen, „mieselsüchtige“ Parlamentarier bei den politischen Gegnern und die Gleichstellung von Homosexuellen aus, die als „fortpflanzungsfeindliche Ideologie (...) den Erhalt des Volkes“ gefährde.

Schieder wünscht sich andere Schlagzeilen

Weiter hielt der Protest gegen die Veranstaltung an. SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder verurteilte das Abhalten des Treffens in Repräsentationsräumen des Landes Oberösterreich. Statt wegen rechtsextremer Kongresse sähe er Österreich lieber „wegen seiner Menschen, die Zivilcourage zeigen und für eine gerechte Gesellschaft eintreten“, in den Schlagzeilen. Ausdrücklich sprach Schieder seine Unterstützung für Kundgebungen friedlichen Protests gegen das Treffen aus.

Schon am Abend vor der Veranstaltung hatte das Ensemble des Linzer Landestheaters mit einer Erklärung gegen das Treffen protestiert. „Wir sagen Nein zur Ausgrenzung, wir wollen eine bunte, demokratische Welt“, hieß es in der Rede nach der Aufführung des Stücks „Jägerstätter“. Jeder in Europa habe selbst Vorfahren, die ins Unbekannte aufgebrochen wären. Es folgten minutenlange Standing Ovations.

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