„Dann macht sich EU lächerlich“
Das von der belgischen Region Wallonie blockierte Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada „muss abgeschlossen werden“, sagte der ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, Othmar Karas. „Wenn es nicht abgeschlossen wird, dann macht sich die Europäische Union lächerlich“, so Karas am Montag im Ö1-Mittagsjournal.
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Das Abkommen werde seit 2009 verhandelt und es seien alle Bedingungen der Mitgliedsstaaten erfüllt worden, sagte Karas. Derzeit scheitere „das beste Handelsübereinkommen, das je verhandelt wurde“ nur am Widerstand einer europäischen Region aus innenpolitischen Gründen, die mit CETA nichts zu tun hätten.
Eine Konsequenz daraus sollte sein, dass bei europäischen Entscheidungen die Einstimmigkeit der 28 Mitgliedsstaaten nicht mehr erforderlich sein sollte, stattdessen sollte eine Mehrheit der Mitgliedsstaaten, Mehrheit der Bürger und des Europäischen Parlaments genügen. Außerdem sollten die Entscheidungen dort fallen, wo die Verantwortung und die Kompetenz liege, und das sei bei solchen Handelsverträgen „eindeutig die europäische Ebene“.
Rücktrittsforderung Richtung Charles Michel
Wenige Stunden und eine Reise nach Straßburg später forderte der ÖVP-Delegationsleiter dann den Rücktritt des belgischen Premiers Charles Michel. „Jetzt ist Schluss mit lustig“, so Karas im Straßbuger EU-Parlament.
„Wenn die Gerüchte stimmen, dass Belgien das Handelsabkommen mit Kanada nicht unterschreibt und weiter die EU in Geiselhaft nimmt, sollte Charles Michel umgehend zurücktreten. Er ist in seiner europäischen Mitverantwortung gescheitert.“ Von der Europäischen Kommission fordert Karas, einen „Weg zur Unterzeichnung von CETA zu finden“. „Die Kommission muss für die Abhaltung des geplanten EU-Kanada-Gipfels sorgen.“
Rufe nach neuen Regeln
Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) ist ebenfalls der Meinung, dass die EU neue Regularien aufstellen müsse. Derzeit stehe man vor der „fast absurden Situation“, dass ein Regionalparlament wie jenes Walloniens „die ganze EU aufhält“. Ändere man die Regularien nicht, verliere Europa an Reputation. In Zukunft brauche es andere Bedingungen: „Sonst wird uns niemand ernst nehmen“, so der Wirtschaftsminister in einem Statement auf Facebook.
Einen Tag zuvor hatte Mitterlehners Parteifreund und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl gefordert, dass die Art der EU-Entscheidungsfindung und Kompetenzverteilung innerhalb der Union „dringend überdacht und die politische Vertiefung vorangetrieben werde“. Dabei müsse es „in Richtung viel mehr Abstimmungen mit qualifizierter Mehrheit im Rat“ gehen. Notwendig sei auch „eine Weiterentwicklung der EU-Kommission zu einer echten europäischen Regierung und eine Stärkung des Europäischen Parlaments als Bürgerkammer“.
Reimon sieht Chance für „neue Handelspolitik“
Durchaus positiv über den innerbelgischen Widerstand äußerte sich hingegen Michel Reimon. „Wir können jetzt die Bedingungen für fairen Handel neu definieren. Europa könnte und sollte dann über beide Abkommen gemeinsam abstimmen und sie am besten ablehnen. Europa braucht eine neue Handelspolitik und eine Vertragsreform“, so der grüne EU-Abgeordnete.
Ganz ähnlich formulierte es der Delegationsleiter der FPÖ im EU-Parlament, Harald Vilimsky. Er sah in einer möglichen CETA-Ablehnung einen Sieg der Demokratie und der Bürger gegen die Allmacht von Konzernen, Multis sowie der „EU-Lobby“. Vilimsky zollte der Wallonie „Respekt“ und forderte, dass „mit CETA auch gleich TTIP beerdigt werden“ möge.
Generell sei er für ein Ja zum Handel mit Kanada und allen anderen Ländern, „aber ohne Senkung unserer Standards im Bereich Arbeitnehmerschutz und Lebensmittelsicherheit“. Künftig sollten Abkommen dieser Dimension eine verpflichtende Einbindung der Bevölkerung benötigen, anstatt hinter verschlossener Tür in Brüssel zwischen Beamten, Lobbyisten sowie ausgewählten Politikvertretern auspaktiert zu werden, so Vilimsky.
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