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Doskozil heizt Debatte an

Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat mit Angaben, wonach 80 bis 90 Prozent der abgelehnten Asylwerber derzeit nicht das Land verlassen, die Debatte über die Rückführung von Flüchtlingen angeheizt. Das verantwortliche Innenministerium wies Doskozils Zahlen zurück.

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Im Innenministerium kann man die vom Verteidigungsminister genannten Zahlen der nicht umgesetzten Asylentscheidungen nicht nachvollziehen. Das Ressort verwies am Mittwoch auf die aktuelle Datenlage: Im Jahr 2016 habe es bis Ende September in Österreich rund 11.500 negative Asylbescheide gegeben, sagte eine Sprecherin von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP).

„Können wir nicht nachvollziehen“

Seit Jänner wurden 7.826 Betroffene außer Landes gebracht (freiwillige und unfreiwillige Ausreisen). Damit würden rund 3.700 Personen, also gut 30 Prozent, bleiben, die bisher nicht rückgeführt wurden. „Wir können die 80 bis 90 Prozent nicht nachvollziehen“, so die Sprecherin des Innenministers.

Wie viele Personen mit negativem Asylbescheid sich derzeit in Österreich aufhalten, könne man nicht sagen, da man etwa nicht wisse, wie viele davon mittlerweile auf eigene Faust freiwillig Österreich wieder verlassen haben. Gleichzeitig betonte man im Innenressort, dass man sich der Bedeutung des Themas bewusst sei: „Es bestreitet niemand, dass diese Rückführungen eine Herausforderung sind.“

Doskozil bleibt dabei

Doch der Verteidigungsminister bekräftigte gegenüber der APA seine Aussagen. „Nach meiner Einschätzung können wir etwa 90 Prozent der Personengruppen mit negativem Asylbescheid nicht in ihre Herkunftsländer zurückbringen, weil es keine Rückübernahmeabkommen gibt. Es ist untragbar, dass Länder wie Marokko oder Afghanistan ihre Staatsbürger nicht zurücknehmen.“ Dieses Thema muss gesamteuropäisch gelöst werden. „Die EU muss in der Lage sein, mit diesen Ländern Abkommen zu schließen. Ich habe bereits vor Wochen einen Rückführungsgipfel auf Ebene der EU-Fachminister vorgeschlagen“, so Doskozil.

Ruf nach Junktimierung

Der Verteidigungsminister sprach sich zugleich dafür aus, Friedensmissionen der internationalen Gemeinschaft mit Rückführungen in diese Länder zu koppeln. „Wenn die internationale Gemeinschaft einem Land hilft, für Stabilität zu sorgen, dann sollte dieses Land im Gegenzug bereit sein, Flüchtlinge zurückzunehmen“, sagte der Minister.

Zahl für Kurz „zu hoch“

Angesichts der Debatte über die geringe Rückführungsquote forderte Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) erneut die EU auf, mehr Druck auszuüben auf jene Staaten, die nicht bereit seien, ihre Bürger zurückzunehmen. Ohne sich auf die Zahlendiskussion einzulassen, sagte Kurz, die Zahl derer, die trotz eines negativen Asylbescheids das Land nicht verlassen, sei „zu hoch“.

„Wenn wir nicht endlich Druck auf diese Staaten aufbauen, dann wird sich das auch nicht ändern“, so der Außenminister beim EU-Hauptausschuss am Mittwoch. Er fordere daher, dass vonseiten der Europäischen Union diesen Herkunftsländern Subventionen entzogen und Gelder der Entwicklungszusammenarbeit gestrichen würden, wenn sie nicht bereit seien, Staatsbürger zurückzunehmen.

Auf die Frage der FPÖ, warum die österreichische Bundesregierung das nicht tue, sagte Kurz: „Die EZA-Gelder aus Österreich sind so beschränkt, dass wir damit kaum Drohpotenzial aufbauen können.“ Aus der EU würden dagegen Millionen in Länder wie Marokko fließen, weshalb von der Union wesentlich mehr Druck erzeugt werden könne, so der Außenminister.

FPÖ: „Völlig versagt“

Die FPÖ reagierte prompt auf Doskozils Aussagen: Parteichef Heinz-Christian Strache sprach von einem „Offenbarungseid“ der Regierung. Deren Asyl- und Migrationspolitik habe „völlig versagt“, und die „Obergrenze“ sei „eine einzige Augenauswischerei“, so Strache, der erneut einen „Stopp der Zuwanderung unter dem Deckmantel des Asyls“ forderte.

Grüne: „Bewusste Fehlinformation“

Die grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun warf Doskozil „erstaunliche Rechenkünste“ vor. Sie warf dem Verteidigungsminister zudem vor, nicht zu berücksichtigen, dass der Großteil der abgelehnten Asylwerber Österreich freiwillig wieder verlassen habe. Entweder Doskozil habe andere Informationen als das Innenministerium, oder es handle sich um eine „bewusste Fehlinformation“. Korun forderte eine transparente und umfassende Statistik des Innenministeriums.

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