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Dramatiker und Politclown

Der Literaturnobelpreisträger Dario Fo ist tot. Der italienische Dramatiker, Regisseur, Bühnenbildner, Komponist und Schauspieler starb in der Nacht auf Donnerstag im Mailänder Krankenhaus Sacco. Seit ungefähr zwei Wochen lag Fo mit Atembeschwerden und schweren Rückenschmerzen im Krankenhaus, berichteten italienische Medien.

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Fo, der politisch sehr engagiert war, hatte 1997 den Literaturnobelpreis erhalten.In seiner Arbeit wandte er gerne Methoden der Commedia dell’arte an. Fo sah sich als Possenreißer, als Satiriker, als Pantomimen. „Ich bin nicht mit der Idee zum Theater gegangen, Hamlet zu spielen, sondern mit der Ansicht, ein Clown zu sein, ein Hanswurst“, sagte er, als er den Literaturnobelpreis erhielt. Am 24. März feierte Fo seinen 90. Geburtstag.

Satire als schlechtes Gewissen der Macht

„Die Macht, und zwar jede Macht, fürchtet nichts mehr als das Lachen, das Lächeln und den Spott“, so Fos Credo. Satire sei letztlich nichts anderes als das schlechte Gewissen der Macht. Deshalb war es wohl kein Zufall, dass Fo rund 40-mal wegen Beleidigung und Verhöhnung der Mächtigen vor Gericht musste. Mehrmals wurde er gleich von der Bühne abgeführt.

Dario Fo im Oktober 1997

Reuters/Kai Pfaffenbach

Fo bei einer Pressekonferenz auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober 1997

Im Theater verkörperte er lüsterne Päpste, skurrile Politiker und redegewaltige Trunkenbolde. „Wir sind Flegel, und wie alle Flegel dieser Welt gefällt es uns zu lachen und zu spotten, grotesk, vulgär und manchmal auch possenhaft zu sein“, sagte der für seine ausdrucksstarke Mimik bekannte Norditaliener einmal.

„Nachfolge der mittelalterlichen Gaukler“

Sein außergewöhnliches Talent und seine politische und soziale Theaterarbeit wurden 1997 in Stockholm mit dem Nobelpreis gewürdigt - und die versammelte Literaturwelt staunte. Das Komitee aber hatte gute Gründe und bezeichnete ihn als Schriftsteller, „der in der Nachfolge der mittelalterlichen Gaukler die Macht geißelt und die Würde der Schwachen und Gedemütigten wieder aufrichtet“.

Mit Blick auf seine im Jahr 2013 gestorbene Frau Franca Rame sprach Fo stets von „unserem Nobelpreis“. Über 70 Stücke schrieben die beiden gemeinsam, seit sie 1954 geheiratet hatten. Bereits seit Ende der 1960er Jahre feierte das Paar Erfolge, die vor allem Fo schnell über die Grenzen der Heimat hinaus berühmt machten.

Vegebliche politische Ambitionen

Mehr als 30 Werke Fos wurden ins Deutsche übersetzt, darunter „Mistero Buffo“ (1969), „Die offene Zweierbeziehung“ (1983), „Sex? - Aber mit Vergnügen!“ (1994) und „Der Teufel mit den Titten“ (1997). Seine Inspiration fand Fo auch immer wieder im traditionellen Theater der Commedia dell’Arte und deren gesellschaftskritischen Monologen. Tabus kannte er nicht. Selbst ein Schlaganfall im Sommer 1995 ließ ihn nicht kürzer treten: 2006 kandidierte er zum zweiten Mal - vergeblich - für das Amt des Bürgermeisters von Mailand.

Dutzende Picassos gefälscht

2012 erschien sein Theater- und Buchprojekt „Picasso desnudo“. Zwei Jahre später gestand er, dass er dafür zusammen mit seiner Malschule rund 80 Werke des spanischen Künstlers gefälscht hatte, um so Zwist mit Picassos Erben aus dem Weg zu gehen. Denn als Picassos Sohn übertriebene Summen für die Bildrechte gefordert habe, da habe er sich gedacht: „Dann mache ich eben falsche Picassos.“ Später waren die Gemälde unter dem Titel „Falso Picasso“ bei Ausstellungen auch außerhalb Italiens zu sehen.

Weniger bekannt war, dass der Autor auch zeichnete und malte. „Ich kann nicht schreiben, wenn ich nicht gleichzeitig die Möglichkeit habe zu zeichnen, zu malen“, so Fo einmal. Nicht selten helfe ihm das Malen, eine Schreibkrise zu überwinden. Auf der Leinwand „legt sich dann offen, was ich eigentlich schreiben wollte“.

Renzi: Großer Italiener in der Welt

Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi sprach der Familie des Verstorbenen sein Beileid aus. „Mit Dario Fo verliert Italien eine seiner großen Hauptfiguren des Theaters, der Kultur, des bürgerlichen Lebens unseres Landes“, zitierten italienische Nachrichtenagenturen die Worte Renzis am Donnerstag. „Seine Satire, seine Recherche, seine Arbeit auf der Bühne, seine vielseitige künstlerische Tätigkeit bleiben als Erbe eines großen Italieners in der Welt.“ „Der großartige Dario Fo hat uns verlassen“, twitterte der italienische Kulturminister Dario Franceschini. Der Senat in Rom hielt eine Schweigeminute zu Ehren des verstorbenen Autors ein.

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