Ruf nach EU-Sanktionen
Der Streit über die russischen Luftangriffe auf die syrische Metropole Aleppo, bei denen auch zahlreiche Zivilisten unter den Todesopfern sind, eskaliert. Nach dem britischen Außenminister Boris Johnson, der zu Protesten vor der russischen Botschaft in London aufrief, forderte nun die schwedische Außenministerin Margot Wallström EU-Sanktionen gegen Russland wegen des Vorgehens in Syrien.
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„Das russische Vorgehen ist absolut inakzeptabel“, sagte Wallström in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview mit dem deutschen „Spiegel“ (Onlineausgabe). „Wir müssen uns gegen Kriegsverbrechen stellen, sie müssen juristisch verfolgt werden“, sagte Wallström mit Blick auf Luftangriffe im Osten Aleppos. „Die EU könnte über Sanktionen gegen Russland wegen des Krieges in Syrien nachdenken.“ Wallström rief „jeden auf, gegen das, was in Syrien passiert, auf die Straße zu gehen“.
Frankreich hinter den Kulissen tätig
Nach Angaben aus Diplomatenkreisen hatte die französische Regierung bereits Gespräche über weitere EU-Sanktion gegen Russland angestoßen. Die EU hat wegen des Ukraine-Konflikts 2014 unter anderem Wirtschaftssanktionen gegen Russland verhängt und mehrfach verlängert. Diese gelten noch bis Ende Jänner.
Die Frage neuer EU-Sanktionen wegen Syrien könnte auch Thema auf dem EU-Gipfel kommende Woche in Brüssel werden. Das Thema könnte die Bemühungen um ein Spitzentreffen zum Ukraine-Konflikt beeinflussen. Nach russischen Angaben ist ein Treffen der Präsidenten Russlands, Frankreichs und der Ukraine sowie der deutschen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am 19. Oktober in Berlin in Vorbereitung. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte aber am Dienstag wegen eines Streits mit der französischen Regierung über die Luftangriffe in Syrien einen geplanten Besuch in Paris abgesagt.
Johnson ruft zu Demos vor russischer Botschaft auf
Der britische Außenminister Johnson rief unterdessen Kriegsgegner zu Protesten vor der russischen Botschaft in London auf. „Ich würde gerne Demonstrationen vor der russischen Botschaft sehen“, sagte Johnson am Dienstag im britischen Parlament. Er verwies zur Begründung auf russische Luftangriffe auf Aleppo.
Angesichts der Angriffe erschöpften sich die „Vorräte der Entrüstung“, sagte Johnson. Die Regierung in London erwäge Forderungen nach Einrichtung einer Flugverbotszone über Syrien, sagte er ohne weitere Einzelheiten. Moskau unterstützt die syrische Regierung bei der Militäroffensive zur Rückeroberung von Aleppo. Wegen der Luftangriffe hatten bereits die USA ihre Gespräch mit Moskau über eine Feuerpause für Aleppo abgebrochen. Nun soll ein neuer Anlauf darauf genommen werden.
„Russische Verantwortung für Gräueltat“
Johnson beschuldigt Russland auch, für den Angriff auf einen UNO-Hilfskonvoi mit über 20 Toten nahe Aleppo verantwortlich zu sein. „Alle verfügbaren Hinweise deuten auf eine russische Verantwortung für die Gräueltat hin“, sagte er am Dienstag im Londoner Unterhaus. Er sprach von einem Kriegsverbrechen. Russland laufe Gefahr, wegen seiner Syrien-Politik zur Paria-Nation der internationalen Gemeinschaft zu werden. Die USA machen ebenfalls Russland für die Attacke verantwortlich. Russland und Syrien bestreiten, verantwortlich zu sein.
Moskau: Russenfeindliche Hysterie
Russland warf als Retourkutsche der britischen Regierung „russenfeindliche Hysterie“ vor. Zum Zeitpunkt des Angriffes auf die Kolonne Richtung Aleppo seien dort keine russischen Kampfflugzeuge im Einsatz gewesen, sagte am Mittwoch ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau. „Das ist eine Tatsache.“
Die syrischen Regierungstruppen wollen die geteilte Stadt Aleppo vollständig unter ihre Kontrolle bringen, die im Osten von Rebellen, darunter dschihadistische Milizen, kontrolliert wird. Seit Beginn des Einsatzes am 22. September wurden der Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge 290 Menschen getötet, die meisten von ihnen Zivilisten. Die der syrischen Opposition nahestehende Beobachtungsstelle hat ihren Sitz in Großbritannien, ihre Angaben sind von unabhängiger Seite nicht zu überprüfen.
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