Jährlich 40 Kilogramm Pestizide pro Hektar
Die Bananenstaude ist eine äußerst empfindliche Pflanze. Ein Umstand, der sich insbesondere auf den konventionellen Anbau der beliebten Frucht auswirkt. Erfolgreiche Ernten auf Plantagen lassen sich nur mittels Pestizideinsatzes sicherstellen. Die Mengen sind enorm: Pro Hektar werden jährlich gut 40 Kilogramm Pestizide eingesetzt - verteilt werden Herbizide, Fungizide, Insektizide und Nematizide.
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Zum Vergleich: Auf einem Erdäpfelacker in Österreich kommt etwa ein Zehntel, also rund 4,5 Kilogramm, zum Einsatz. Mehr als einmal pro Woche wird im Schnitt eine Bananenstaude mit Agrochemikalien behandelt: Bis zu 60-mal jährlich werden Fungizide vom Flugzeug aus auf die Plantage gesprayt - „Aerospraying“ wird das genannt. Mehrmals im Jahr werden zudem Herbizide eingesetzt, um die zwischen den Stauden wachsenden Pflanzen zu vernichten.
Gift für Menschen und Tiere
Auch die Säcke, die über das Bündel der heranwachsenden Früchte gestülpt werden, sind mit Insektiziden imprägniert, um einen Befall mit Insekten zu verhindern. Auch gegen Schädlinge im Boden und Würmer wird vorgegangen - Nematizide werden einmal im Jahr verteilt. Der Einsatz dieser Giftcocktails ist im herkömmlichen Plantagenanbau essenziell - sowohl Mengen als auch Qualität wären ansonsten nicht zu erreichen.

ORF.at/Valentin Simettinger
Die Sigatoka-Krankheit kann nur mit Pestiziden bekämpft werden - doch die Folgen des überbordenden Einsatzes sind verheerend
Aus Kostengründen werden Pestizide vom Flugzeug aus versprüht. Die Nebeneffekte sind gravierend: Vögel, Fische und Reptilien werden einer chronischen Vergiftung ausgesetzt. Doch auch Menschen müssen leiden - so gibt es etwa in Ecuador, dem weltgrößten Bananenexporteur, keine strikte Trennung zwischen Anbau- und Wohngebieten. Neben Plantagenarbeitern oder Piloten wird auch die lokale Bevölkerung geschädigt.
„Gravierende Gesundheitsprobleme“
Einen Einblick in die problematischen Umstände in Ecuador gibt Jorge Acosta gegenüber ORF.at. Jahrelang versprühte er als Pilot giftige Pestizide über Bananenplantagen. Mit der Zeit habe er an Atemwegsproblemen gelitten, berichtet er. „Mir ist bewusst geworden, welche gravierenden Gesundheitsprobleme die von mir versprühten Pestizide verursachen“, so Acosta. Das sei der Grund gewesen, den Beruf aufzugeben und sich stattdessen in einer Gewerkschaft für die Rechte der Arbeiter einzusetzen.
Studie untermauert Gefahren
Die prekären Umstände, die Acosta gegenüber ORF.at schildert, sind auch wissenschaftlich dokumentiert. Eine heuer veröffentlichte Studie im Auftrag der Menschenrechtsorganisation Südwind zum Thema richtet den Fokus auf die gesundheitlichen Folgen des Einsatzes von Pestiziden in Anbaugebieten. Einerseits wurden Bauern und Landarbeiter in Ecuador befragt, Teil der Untersuchung waren außerdem Zellenuntersuchungen. Dazu wurden Speichelproben genommen und untersucht.

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Bananenplantagen sind in der Regel weitläufig angelegt und eng bepflanzt - das Düngen per Flugzeug hat sich deshalb etabliert
Die Ergebnisse waren eindeutig: Bei Arbeitern, die Pestizide anwendeten, waren Symptome wie Schwindel, Erbrechen, Durchfall, Augenbrennen, Hautreizungen, Erschöpfung und Schlaflosigkeit eindeutig häufiger als bei jenen Befragten, die keinen Pestiziden ausgesetzt waren. Studienleiter und Umweltmediziner Hans-Peter Hutter von der Medizinischen Universität Wien erkannte ein sechs- bis achtmal höheres Risiko für entsprechende Beschwerden im Magen-Darm-Trakt.
„Deutlich höheres Krebsrisiko“
Die Folgen der Beschwerden sind Hutters Erkenntnis zufolge lebensbedrohlich: „Die Resultate legen nahe, dass diese Pestizidanwender ein deutlich höheres Risiko aufweisen, an Krebs zu erkranken als (...) Arbeiter, die im Bioanbau tätig sind“, schließt der Experte. Nicht verwunderlich, schließlich enthalten die Sprühmittel unter anderem Wirkstoffe wie Paraquat, das in der Europäischen Union bereits verboten ist, und Glyphosat, das im Verdacht steht, krebserregend zu sein.
Die historisch gewachsene, kleinbäuerliche Struktur - und damit auch der Umstand, wonach Bauern und Arbeiter in der Regel ihre Häuser innerhalb der Plantagen stehen haben, trägt zur Tragweite des Problems bei. Allein deshalb gehen Vorschriften ins Leere, die besagen, dass nach dem Ausbringen der Pestizide Bananenplantagen erst nach 24 bis 48 Stunden betreten werden dürfen. Ohnehin werden die Vorschriften aber nicht eingehalten.
Valentin Simettinger, ORF.at
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