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„Es gibt vieles, das wir tun können“

Nach den jüngsten Hackerangriffen auf politische Institutionen in den USA erwägt die US-Regierung angeblich, sich mit einer großangelegten Cyberattacke auf Russland zu revanchieren. Präsident Wladimir Putin selbst soll damit „schikaniert“ und „bloßgestellt“ werden, berichtete der US-Nachrichtensender NBC unter Berufung auf mehrere hochrangige Quellen innerhalb des Geheimdienstes CIA.

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In dem Bericht von Mitte Oktober wurden keine konkreten Strategien erwähnt, allerdings soll die CIA bereits erste Vorbereitungen getroffen und potenzielle Ziele ausgewählt haben, um Putins „zwielichtige Taktiken“ ans Licht zu bringen. Andeutungsweise könnten Geldflüsse an und über Oligarchen im Zentrum der Operation stehen. Die Cyberattacke sei als Denkzettel für die ihr vorgeworfene Manipulation des US-Wahlkampfs geplant.

Biden will „eine Botschaft“ schicken

US-Vizepräsident Joe Biden bestätigte die Pläne indirekt in der NBC-Sendung „Meet The Press“: „Wir senden eine Botschaft“ an Russland - und zwar „zu einem Zeitpunkt unserer Wahl und unter den Umständen, die die größte Wirkung entfalten werden“. Auf die Frage, ob die Öffentlichkeit davon erfahren werde, dass die Botschaft abgeschickt worden sei, antwortete Biden knapp: „Hoffe ich nicht.“

Offenbar braucht es für die Umsetzung der Pläne nur noch die Billigung von US-Präsident Barack Obama. Innerhalb der Regierung gebe es aber Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die Pläne wirklich in die Tat umgesetzt werden sollten - oder ob traditionelle Druckmittel wie Sanktionen einer geheimen Cyberoperation nicht vorzuziehen wären. Falls der Schuss vor den Bug dazu dienen soll, allfällige Einflussnahmen auf den laufenden US-Wahlkampf zu verhindern, blieben dafür allerdings nur noch maximal drei Wochen.

Auch Trump glaubt an russische Hacks

Neben dem Konflikt um Syrien sind die US-russischen Beziehungen durch Vorwürfe aus Washington belastet, Moskau mische sich mit Hackerangriffen auf Computersysteme politischer Organisationen und Institutionen in den laufenden US-Präsidentschaftswahlkampf ein. Der russische Außenminister Sergej Lawrow bezeichnete diese Anschuldigung als Unsinn. Belastet wird durch die Enthüllung jedenfalls der Versuch eines Neustarts zu US-russischen Gesprächen zum Syrien-Konflikt am Wochenende in der Schweiz.

Allgemein werden allerdings russische Hacker verdächtigt, hinter der Veröffentlichung von kompromittierenden Mails der US-Demokraten zu stehen. Auch der republikanische US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump, dessen Chancen der Kreml mit den Hacks angeblich erhöhen will, zweifelt nicht an der russischen Verantwortung für Cyberattacken auf das Umfeld seiner Konkurrentin Hillary Clinton. Er erklärte im Wahlkampf, er ermuntere russische Hacker, nach noch mehr belastendem Material zu suchen.

Ein Spiel für zwei

Der Geheimdienstexperte Sean Kanuck, bis zum vergangenen Frühjahr für das Weiße Haus hauptverantwortlich für die Evaluierung von Cyberbedrohungen aus Russland, zeigte sich gegenüber NBC überzeugt, dass der Angriff stattfinden wird: „Wenn man jemanden öffentlich beschuldigt und dann keine Taten folgen lässt, kann das die Glaubhaftigkeit von Vergeltungsdrohungen nachhaltig schwächen“, erklärte Kanuck gegenüber dem Sender.

Offenbar fürchten die USA jedoch ihrerseits eine Retourkutsche aus dem Kreml nach einer Cyberattacke. „Wir haben immer gezögert, das, was wir haben, auch zu verwenden“, zitiert NBC einen Ex-Geheimdienstmitarbeiter. Wenn man aber sage „‚Jetzt haben wir genug von den Russen‘, dann gibt es vieles, das wir tun können“. Der erste Schritt wäre dabei die „Erinnerung, dass man dieses Spiel auch zu zweit spielen kann und dass wir viel in der Hand haben“.

Angst vor direkter Cyberkonfrontation

„Schritt zwei“ wäre, „in ihren Netzwerken herumzupfuschen“, dann werde „aber zum Thema: Die können uns bei anderen Dingen noch viel Schlimmeres antun“, so die anonyme Quelle gegenüber NBC. Ein Kollege bestätigt, dass es Überlegungen zu direkten Cyberangriffen schon lange gebe, diese aber immer wieder verworfen worden seien, weil „keine der Optionen überragend gut“ gewesen sei: „Wollen Sie, dass Barack Obama ein Scheck platzt?“

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