Verpflichtende Jobs für wenig Geld
Die atmosphärischen Differenzen innerhalb der Koalition sind am Dienstag nach dem Ministerrat beim Thema Integration deutlich geworden: Kanzleramtsminister Thomas Drozda (SPÖ) lehnte den Vorschlag von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) zur Entlohnung von Asylwerbern zurück. „Ich finde ehrlich gesagt für eine Stunde Arbeit eines Menschen einen Betrag von 2,50 Euro obszön.“
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ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer versuchte zu kalmieren, es brauche eine möglichst sachliche Debatte. Es handle sich nicht um Arbeit, die gemäß Kollektivvertrag zu bewerten sei. Es handle sich um eine „spezielle Situation“, erklärte Mahrer. „Leider gehen die Emotionen immer hoch.“ Drozda konterte: „Man kann es nüchtern bewerten, aber das Signal ist ein anderes.“
Der koalitionäre Disput über den Stundenlohn für Asylwerber schwelt bereits seit Wochen. Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) hatte schon im August verpflichtende Ein-Euro-Jobs für Asylwerber, ähnlich wie in Deutschland, gefordert. Damals reagierte die SPÖ schon eindeutig: Wiens Bürgermeister Michael Häupl sprach von „Unsinn“. Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser sah eine „zweite Reservearmee für den Arbeitsmarkt“ drohen, der ÖGB befürchtete Lohndumping.
SPÖ unterstützt Ländervorschlag
Auch Sobotka hatte mit seinem Vorschlag, Asylwerber für gemeinnützige Tätigkeiten bundeseinheitlich mit 2,50 Euro zu entlohnen, eine Reihe an ablehnenden Reaktionen der SPÖ hervorgerufen. Eine Einschränkung der Stundenzahl sieht Sobotka nicht vor, aber einen Höchstverdienst von 110 Euro. Bis zu dieser Summe können Asylwerber jetzt schon zuverdienen, ohne Leistungen aus der Grundversorgung einzubüßen. Bei einem Stundenlohn von 2,50 Euro brauche es im Monat also 44 Stunden, um diese Zuverdienstgrenze zu erreichen.
Die SPÖ verweist hingegen auf den Vorschlag der Landesflüchtlingsreferenten von vergangener Woche: Sie wollen einen Stundenlohn von fünf Euro. Maximal hätten die Asylwerber nach diesen Plänen zehn Stunden pro Woche arbeiten dürfen. Das würde einen Verdienst von rund 200 Euro im Monat bedeuten - zusätzlich zur Grundversorgung.
Fünf Euro für Sobotka zu hoch
Sobotka hingegen sind zehn Stunden als Maximum zu wenig, handle es sich bei den gemeinnützigen Jobs doch auch um eine Integrationstätigkeit. Zudem ist dem Innenminister der Stundenlohn zu hoch. Die fünf Euro wären ein Anreiz für Personen in Tschetschenien, Afghanistan und Afrika, „sich sofort auf den Weg zu machen“, so Sobotka. Im November will er die Landesflüchtlingsreferenten einladen, deren Vorschläge werden zunächst geprüft.
Integrationsminister Kurz wollte zuletzt nicht mehr an der Diskussion teilnehmen: „Ich bin da nicht am Verhandlungstisch, darum mische ich mich da nicht ein.“
Für Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) handle es sich ohnehin nur um technische Fragen: „Ich sehe da keinen ideologischen Konflikt oder eine Auseinandersetzung zwischen zwei Parteien.“
Liste über Tätigkeiten
Die prinzipielle Einigung der Koalitionspartner über den Ausbau der gemeinnützigen Tätigkeit von Asylwerbern besteht schon seit Juni. Geplant ist die Umsetzung ab Anfang nächsten Jahres. Bis dahin sind aber noch etliche weitere Fragen offen. Klärungsbedarf in der Koalition besteht auch bezüglich jener Tätigkeiten, die überhaupt von Asylwerbern ausgeführt werden dürfen. Sobotka drängt hier auf die Verwendung einer konkreten Liste. Diese hat das Innenministerium bereits zusammengestellt, nun müssen Fragen aus dem Arbeits-, Versicherungs- und Steuerrecht geklärt werden.
Bis Mitte Oktober sollen nun die Details geprüft werden. Die gemeinnützige Arbeit darf keine Schwarzarbeit sein und soll dem Arbeitsmarkt keine Konkurrenz machen. Der Innenminister ist der Ansicht, auch Wirtschaftskammer-Chef Christoph Leitl von der Notwendigkeit einer Liste überzeugt zu haben. Letzterer hatte zuletzt wie auch Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) gemeint, dass die Bürgermeister wohl selbst am besten einschätzen könnten, welche Tätigkeiten hier vorstellbar sind.
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