Sowjetunion lud Österreich ein
Franz Viehböck war der erste und bisher letzte Österreicher im Weltall. 25 Jahre nach der Mission Austromir, dem Flug zur russischen Raumstation Mir und der wissenschaftlichen Arbeit dort, erinnert sich Viehböck auch an den Tag des Abfluges, den 2. Oktober 1991.
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Losgegangen war alles viel früher. Bei einem Besuch in Österreich im Juli 1987 machte der damalige sowjetische Premierminister Nikolai Ryschkow das Angebot, dass sich Österreich an einem bemannten sowjetischen Raumprojekt samt Flug eines Österreichers zum Orbitalkomplex Mir beteiligen könnte. Noch 1988 meldeten sich auf eine öffentliche Ausschreibung für den „Posten“ eines „Austronauten“ mehr als 180 Österreicher, um eine Chance für einen Flug ins All zu erhalten.

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Viehböck (r.) gab sich auch im All als Österreicher zu erkennen
Harte Tests und schwierige Ausbildung
Im März 1989 schafften es schließlich nach harten Vortests 28 Männer und drei Frauen zum ersten Training in Österreich. Die Entscheidung im Herbst 1989 fiel dann in Moskau: Der Arzt Clemens Lothaller (geboren 8. Mai 1963) und der Techniker Viehböck (geboren am 24. August 1960) wurden dazu ausgewählt, die Kosmonautenausbildung neben ihren russischen Kollegen zu machen.

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Viehböck und der Zweitgereihte Lothaller
Am 7. August 1991 endlich die ersehnte Entscheidung: Viehböck gilt als „Favorit“, Lothaller als Ersatzmann. Mit Viehböck sollen als Kommandant der Russe Alexander Wolkow und als Dritter in der Sojus-Mission der Kasache Tachtar Aubakirow ins All fliegen. Das zweite Team besteht aus Lothaller, Kommandant Alexander Wiktorenko sowie dem Kasachen Talgat Mussabajew.
Kommission gibt Go
Nach dem „August-Putsch“, dem politischen Umsturz in Moskau, zittern indes alle Beteiligten, ob das Projekt weiterhin einigermaßen im Zeitplan realisiert werden kann. Ende September steht auf der Gagarin-Rampe des russischen Weltraumbahnhofs in Baikonur in Kasachstan die Sojus-Rakete bereit. Am Abend entscheidet die Raumfahrtkommission, dass der damals 30-jährige Viehböck ins All fliegen soll. Er habe keine Angst, sagt Viehböck bei der Pressekonferenz in Baikonur am Tag vor dem Start.

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Viehböck lässt die Raumfahrt auch 25 Jahre danach nicht los
Am 2. Oktober 1991 ist es schließlich so weit. Sieben Minuten vor dem Start ergeht das Kommando aus dem Kontrollraum in Baikonur: „Kljutsch na start“ (Schlüssel auf Startstellung). Fünf Sekunden vor dem Start das Kommando: „Saschiganije“ (zünden).
Donauwalzer zur Begrüßung
Exakt um 6.59 Uhr MEZ hebt Sojus-TM 13 von der Rampe ab. Der Start geht problemlos vor sich. Achteinhalb Stunden nach dem Start bringt Viehböcks Frau im Krankenhaus Wiener Neustadt ein gesundes Mädchen zur Welt - Viehböck selbst ist bereits Tausende Kilometer über der Erde. Am 4. Oktober dockt die Rakete an der Raumstation an. Viehböck steigt mit seinem Team unter den Klängen des Donauwalzers als Begrüßungsmelodie in die Raumstation um. 15 wissenschaftliche Experimente aus Österreich werden bis zum Ende der Mission durchgeführt.
„Mir wäre das Herz in die Hose gerutscht“
Die Rückkehr nach über einer Woche im All findet am 10. Oktober statt. Um 4.57 Uhr und 18 Sekunden öffnet sich der Fallschirm der Sojus-Landekapsel; um 5.12 Uhr und 17 Sekunden schließlich die Landung bei Arkalyk etwa 900 Kilometer von Baikonur entfernt. Viehböcks erste Worte nach der Landung: „Mir geht es gut - alles in Ordnung. Es war aber eine harte Landung. Wenn ich dafür nicht so viel trainiert hätte, wäre mir das Herz in die Hose gerutscht.“

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Die Strapazen, aber auch das Glück sind Viehböck nach der Landung anzusehen
25 Jahre danach ist Viehböck immer noch von seiner Reise fasziniert. „Das Hinausschauen aus dem Fenster (von Mir, Anm.), das ständige Gefühl der Schwerelosigkeit. Und dann natürlich die ganzen technischen Details. Der Start, der Wiedereintritt in die Atmosphäre, die Landung“ seien das Beeindruckendste gewesen, so Viehböck im Gespräch mit der APA.
Umweltschäden als Mahnung
Zu den bedrückenden Erlebnissen zählten aber die Blicke auf die großen Umweltschäden auf der Erde. „Nach dem Golfkrieg brannten in Kuwait die Ölfelder, in Brasilien haben wir die Rauchsäulen des brennenden Urwalds gesehen, der Aralsee war nicht blau, sondern mangels Wassers grau.“
„Ich habe viel gelernt. Die Raumfahrt ist in der Zwischenzeit viel internationaler geworden“, so Viehböck anlässlich des Jubiläums. „Ich bin damals zur Raumstation Mir geflogen. Das war kurz nach dem Ende des Kalten Krieges. Jetzt fliegen die Raumfahrer zur Internationalen Raumstation. Bei der Technik hat sich da nicht so viel geändert. Man fliegt noch immer mit den Sojus-Raumkapseln. Die sind sicherlich modifiziert worden“, sagte Viehböck. Die grundsätzliche Technik sei in der russischen Raumfahrt gleich geblieben. Die Raketen, welche die Raumkapseln ins All befördern, basieren weiterhin auf den ersten Interkontinentalraketen der längst zugrunde gegangenen Sowjetunion.
Treffen der Weltraumfahrer in Wien
„Austromir hat auch meine berufliche Karriere komplett geändert. Ich bin ins Management gegangen und hatte dort dann mit der Raumfahrt zu tun.“ Etwa erst 500 Menschen waren bisher im Weltall, rund 100 von ihnen treffen sich nun in Wien zum 29. Astronauten- und Kosmonautenkongress. Darunter sind nach Angaben der Organisatoren Männer und Frauen, die schon fünf, sechs Raumflüge hinter sich und in Summe fast zwei Jahre im Weltall verbracht haben. „Erwartet wird auch Alexej Leonow, der 1965 den ersten Weltraumspaziergang gemacht hat“, so Viehböck, der das Treffen (3.-7.10.) zusammen mit dem Österreichischen Weltraumforum (ÖWF) organisiert. Es soll junge Menschen für Technik und Raumfahrt begeistern.
Marsflug mit Retourticket als Traum
Obwohl es nie zu Austromir 2, also zu einer Nachfolgemission, kam, hat sich Österreich laut Viehböck in Sachen Raumfahrttechnologie recht gut behauptet. Österreichs Forschung und Industrie hätten durchaus einen kleinen Anteil an den Fortschritten in der Raumfahrt, so Viehböck. „Bei fast jedem Raketenstart ist ein Teil ‚Made in Austria‘ dabei.“
So stammten Treibstoffleitungen der Ariane-Rakete aus Österreich. Einen ersten Schub in Sachen Raumfahrt habe das Land erlebt, als es in den 1980er Jahren das Fenster für das Weltraumlabor Spacelab lieferte. Sein Flug 1991 habe Österreichs Ambitionen weiteren Auftrieb gegeben. Heute sind laut Viehböck rund 100 meist kleine Firmen mit insgesamt etwa 1.000 Mitarbeitern für die Raumfahrt tätig. Ein Flug zum Mars, der aus seiner Sicht in den nächsten 20 Jahren wohl möglich sein wird, würde Viehböck reizen. „Aber nur mit genauer Risikoabschätzung und Rückflugticket.“
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