Erst auf Druck veröffentlicht
Auf Druck einer Bürgerrechtsorganisation hat die US-Regierung ihre bisher geheime Anleitung für Drohnenangriffe außerhalb der offiziellen Kriegsgebiete veröffentlicht. Das 18-seitige Handbuch der Regierung von Präsident Barack Obama wurde Anfang August von der Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
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Es enthält neue Einzelheiten zur Genehmigung der Angriffe mit unbemannten Flugzeugen in Ländern wie Pakistan, Libyen, Somalia und dem Jemen, in denen die US-Streitkräfte nicht offiziell Krieg führen. „Handlungen, einschließlich tödlicher Handlungen, gegen designierte Terrorziele sollten so gezielt und präzise wie vernünftigerweise möglich erfolgen“, heißt es in dem Handbuch.
Angriffe „vom Präsidenten persönlich gebilligt“
Jeder Angriff auf Terrorziele außerhalb der offiziellen Kriegsgebiete muss vom Präsidenten persönlich gebilligt werden. Die Pläne müssen rechtlich detailliert geprüft werden, bevor sie an den Nationalen Sicherheitsrat und den Präsidenten gehen.
Mit Ausnahme „außergewöhnlicher Umstände“ dürfen Drohnenangriffe laut dem Handbuch nur erfolgen, wenn es „praktisch Gewissheit“ gibt, dass keine Zivilisten dabei zu Schaden kommen. Bei der Genehmigung von Drohnenangriffen soll zudem die Souveränität anderer Staaten berücksichtigt werden. Wie weit die Angriffe mit den betroffenen Staaten wie Pakistan abgestimmt werden, ist oft unklar, doch sorgen sie dort regelmäßig für Proteste.
Der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, Ned Price, betonte, dass das Handbuch Zivilisten bei Drohnenangriffen Schutz gewähre, der über „die Anforderungen des Rechts in bewaffneten Konflikten“ hinausgehe.
Erstmals auch Totenzahlen veröffentlicht
Die US-Regierung hatte Ende Juni erstmals Schätzungen zur Zahl der Opfer der 473 Drohnenangriffe zwischen 2009 und 2015 veröffentlicht. Durch Drohnen- und andere Luftangriffe der USA in Pakistan, dem Jemen, Somalia, Libyen und anderen Ländern sind nach offizieller Schätzung in dem Zeitraum bis zu 116 Zivilisten getötet worden. Das geht aus dem Bericht des US-Geheimdienstkoordinators James Clapper hervor.
In dem Bericht heißt es im Detail, dass in den Jahren 2009 bis 2015 bei 473 Luftangriffen bis zu 116 Zivilisten sowie 2.581 „Kämpfer“ außerhalb der Länder Afghanistan, Irak und Syrien getötet worden seien. Die drei Länder wurden nicht aufgenommen, da die USA dort an großen Militäroperationen beteiligt sind. Die Mehrzahl der sonstigen Luftangriffe führten die USA in Pakistan, im Jemen, in Libyen und Somalia aus. Fast alle Angriffe wurden von Drohnen, einige wenige auch von Flugzeugen oder Marschflugkörpern ausgeführt.
Geheimdienstchef widerspricht NGOs
Der Bericht soll die Zusage von Obama erfüllen, „so viele Informationen wie möglich“ über die Drohnenangriffe publik zu machen. Der Einsatz der ferngesteuerten und unbemannten Fluggeräte im Anti-Terror-Kampf wurde unter seiner Präsidentschaft massiv ausgeweitet. Das Geheimdienstdirektorium räumte ein, dass seine Zahlen zu den getöteten Zivilisten deutlich unter denen von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) liegen. Diese reichten „von 200 bis mehr als 900“ getöteten Zivilisten seit 2009. Allerdings verfüge die US-Regierung über ganz andere technische und menschliche Ressourcen, um die Totenzahlen zu prüfen, heißt es in dem Bericht.
Zahlungen an Familien getöteter Zivilisten
Obama unterzeichnete Ende Juni ein Dekret, das mehr Schutz für Zivilisten garantieren soll. Es müssten „alle möglichen Vorsichtsmaßnahmen“ getroffen werden, um den Tod von Zivilisten zu verhindern, hieß es darin. Die Streitkräfte sowie der Geheimdienst CIA sollten zudem gegebenenfalls ihre Verantwortung für den Tod von Zivilisten anerkennen und mit dem Roten Kreuz und anderen NGOs zusammenarbeiten. Die Anordnung umfasst auch Reparationen für die Familien getöteter Zivilisten.
Obamas Sprecher Josh Earnest sagte Ende Juni dazu: „Der Präsident glaubt, dass unsere Anti-Terror-Strategie effektiver und glaubwürdiger ist, wenn wir sie so transparent wie möglich halten.“ Obama hatte bereits 2013 mehr Transparenz versprochen. Amnesty International begrüßte die Veröffentlichung als einen Schritt zu mehr Transparenz, kritisierte aber, dass eine Analyse dadurch erschwert werde, dass nicht definiert werde, was „Zivilist“ bedeutet.
USA sollen 7.000 Drohnen haben
Obama hatte im April den Tod unschuldiger Zivilisten durch Drohnenangriffe eingeräumt. Manche Kritik an diesen Einsätzen sei „legitim“ gewesen, sagte er damals. Es gebe „keinen Zweifel, dass Zivilisten getötet wurden, die nicht getötet werden sollten“. Allerdings seien die Einsatzbestimmungen für die Kampfdrohnen „so streng sind wie noch nie“, versicherte der US-Präsident.
Es werde immer darauf geachtet, dass zum Zeitpunkt des Einsatzes keine Frauen und Kinder anwesend seien und es sich beim Zielort nicht um ein Wohngebiet handle, sagte Obama. Nach Erkenntnissen der Stiftung New America, die US-Drohnenangriffe auswertet, verfügen die USA über mehr als 7.000 Drohnen, von denen 200 mit Waffen ausgerüstet sind.
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