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Produktion sinkt erstmals seit 2008

Unter dem Druck des Ölpreisverfalls hat sich die Organisation erdölexportierender Länder (OPEC) zum ersten Mal seit acht Jahren auf eine Drosselung ihrer Fördermengen geeinigt. Die Kürzung ist zwar nur mäßig, doch für die Märkte kam die Einigung überraschend. Die Ölpreise schossen in die Höhe.

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Das informelle Treffen in der algerischen Hauptstadt Algier sei zu einer außerordentlichen Sitzung geworden, sagte Katars Energieminister Mohammed al-Sada nach den Beratungen am Mittwochabend. Laut seinen Angaben einigte sich das Kartell dabei auf eine Beschränkung des täglichen Produktionsvolumens auf 32,5 bis 33 Millionen Barrel (je 159 Liter). Die Entscheidung bedeutet eine Senkung der Produktion um fast 750.000 Barrel täglich gegenüber August dieses Jahres.

Russland und andere sollen folgen

Zusätzlich zur Gesamtmenge habe sich die OPEC darauf geeinigt, ein Gremium einzusetzen, das bis zur nächsten offiziellen Sitzung der Organisation im November in Wien die Förderquoten für jeden Mitgliedsstaat bestimmen solle, sagte Sada. Dann sollten auch Nicht-OPEC-Staaten wie Russland dazu aufgefordert werden, ihre Produktion zu drosseln. Russland zeigte sich zu Gesprächen bereit: „Sollte es ein Angebot geben zu einem Treffen zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern, nehmen wir es an“, sagte Russlands Energieminister Alexander Nowak der Agentur Interfax zufolge.

„50 US-Dollar pro Barrel nicht tragbar“

Die Ölpreise zogen angesichts der Einigung deutlich an. Auf dem Terminmarkt legte das Barrel der Nordsee-Sorte Brent zur Lieferung im November um 6,50 Prozent auf 48,96 US-Dollar zu. Am Donnerstag kostete ein Barrel 48,54 US-Dollar und damit 15 Cent weniger als am Vortag. Der Preis für ein Fass der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg auf 47,01 Dollar.

Algeriens Energieminister Noureddine Boutarfa hatte vor dem Treffen deutlich gemacht, dass ein Preis von im Schnitt unter 50 Dollar pro Barrel nicht tragbar sei und den Markt und die Versorgungssicherheit mittel- und langfristig gefährde.

Auftrieb an den Börsen

Der Höhenflug der Ölpreise zog an den US-Aktienmärkten Energietitel mit nach oben, sodass die Wall Street nach dem Bericht über die OPEC-Einigung ins Plus drehte. Die Aktien der Ölkonzerne Chevron und ExxonMobil schnellten um mehr als drei Prozent beziehungsweise fast viereinhalb Prozent nach oben. Damit zählten sie zu den gefragtesten Papieren im Dow Jones.

Auch die Börsen in Fernost beflügelte die OPEC-Einigung. In Tokio legte der Leitindex Nikkei im Vormittagshandel 1,4 Prozent auf 16.699 Punkte zu. Die chinesische Börse in Schanghai stieg um 0,7 Prozent. Auch die Kurse an der südkoreanischen Börse in Seoul, in Hongkong und auf dem australischen Markt kletterten in die Höhe.

Seit Mitte 2014 sind die Ölpreise auf dem Rohstoffweltmarkt in einem langjährigen Tief. Zwischenzeitlich erholten sie sich zwar etwas. Insgesamt machten die geringen Notierungen, von denen Verbraucher bei Benzin und Heizöl profitieren, etlichen Förderländern und Förderunternehmen aber weiter stark zu schaffen. Eine Begrenzung der geförderten Menge soll das Angebot verknappen und die Preise erhöhen.

Annäherung der Erzrivalen

Vor allem Unstimmigkeiten zwischen den großen ölproduzierenden Ländern Saudi-Arabien und Iran waren bisher einer Einigung auf eine Begrenzung der Fördermengen im Wege gestanden. „Die OPEC hat heute eine außergewöhnliche Entscheidung getroffen“, sagte der iranische Ölminister Bidschan Sanganeh nach dem informellen Treffen.

Obwohl die Ölpreise bereits seit Monaten am Boden liegen, konnte sich die OPEC - anders als in früheren Zeiten - lange nicht auf eine Verknappung einigen. Hintergrund war unter anderem die Strategie, dass neue Konkurrenten - wie die Schiefergasindustrie in den USA - mit den niedrigen Preisen wieder vom Markt gedrängt werden sollten. Die traditionellen Förderländer setzten auf einen längeren Atem. Doch zuletzt schlug der Ölpreisverfall auch im reichen Saudi-Arabien auf die Wirtschaft durch.

Die Regierung in Riad hatte sich bisher zudem gegen Ausnahmen für den Iran gesperrt, mit denen das Land sein Ölgeschäft nach Aufhebung der Atomsanktionen wieder in Gang bringen will. Schließlich signalisierte der führende OPEC-Staat Saudi-Arabien doch, dem Iran die Produktion „sinnvoller Höchstmengen“ zuzugestehen. Saudi-Arabien und der Iran ringen als Regionalmächte politisch um die Vorherrschaft am Golf.

Experten sehen Durchbruch

Experten werteten die Einigung als Durchbruch, äußerten aber auch Bedenken mit Blick auf die Umsetzung. Das Kartell habe mit der Übereinkunft bewiesen, dass es auch im Zeitalter von Schiefergas noch Bedeutung habe, sagte Analyst Phil Flynn vom Handelshaus Price Futures Group. „Das ist das Ende des ‚Förderkriegs‘, und die OPEC erklärt sich zum Sieger.“

Jeff Quigley von der Beraterfirma Stratas Advisors mahnte dagegen zu Vorsicht. Es sei noch nicht klar, welches Land künftig wie viel produzieren werde. Die Mitgliedsstaaten der OPEC liefern weltweit etwa ein Drittel des Rohöls und besitzen rund drei Viertel der bekannten Reserven.

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