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Hunderttausende in Dresden erwartet

Kurz vor den Feierlichkeiten zum Tag der deutschen Einheit ist Dresden von zwei Sprengstoffanschlägen erschüttert worden. Verletzt wurde niemand, doch die Einsatzkräfte sind nun nach den Worten des Dresdener Polizeipräsidenten Horst Kretzschmar rund um den 3. Oktober „im Krisenmodus“.

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Vor einer Moschee und dem internationalen Kongresszentrum gingen am späten Montagabend zwei selbst gebastelte Sprengsätze hoch. Die Ermittler gehen von einem fremdenfeindlichen Hintergrund aus, auch wenn es Kretzschmar zufolge bisher kein Bekennerschreiben gibt.

Zuerst detonierte am Montagabend kurz vor 22.00 Uhr ein Sprengsatz vor einer Moschee. Der Imam und seine Familie blieben unverletzt. Es entstand erheblicher Sachschaden. Kurz darauf explodierte ein weiterer Sprengsatz am Internationalen Congress Center. Die Polizei sieht „eine Verbindung zu den Feierlichkeiten anlässlich des Tags der deutschen Einheit“, die am Samstag beginnen. „Brücken bauen“ lautet das Motto in diesem Jahr.

Gauck und Merkel erwartet

Die Feierlichkeiten starten bereits am Samstagnachmittag mit einem großen Bürgerfest. Herzstück ist die Ländermeile, auf der sich alle 16 deutschen Bundesländer präsentieren. Am Sonntagabend wird den Besuchern eine multimediale Licht- und Lasershow vor der Altstadtkulisse geboten.

Am 3. Oktober werden unter anderen der deutsche Präsident Joachim Gauck und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu den Feierlichkeiten in der Stadt erwartet. Nach einem ökumenischen Gottesdienst in der Frauenkirche gibt es in der Semperoper den offiziellen Festakt, der für die Bürger über eine Leinwand auf den Theaterplatz übertragen werden soll.

Warnung vor Fremdenhass im Osten

Die Warnungen der Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Länder, Iris Gleicke, vor Fremdenhass in Ostdeutschland dürften da noch nachhallen - und bekommen mit den mutmaßlich fremdenfeindlichen Anschlägen nun neue Aktualität. In der vergangenen Woche hatte die SPD-Politikerin im Jahresbericht zum Stand der deutschen Einheit die zunehmende Fremdenfeindlichkeit in Ostdeutschland als „ernste Bedrohung“ für die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung in den neuen Ländern bezeichnet.

Eigentlich sollte der Einheitsfeiertag auch dazu dienen, das Image von Dresden und Sachsen aufzupolieren. „Wir wollen die Feierlichkeiten dazu nutzen, uns als modernes, weltoffenes und gastfreundliches Land zu präsentieren, und für unsere Besucher unvergessliche Momente schaffen“, sagte Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) noch am Montag.

Wegen Rechtsradikaler in den Schlagzeilen

Erst Mitte September hatten Auseinandersetzungen zwischen Rechtsradikalen und jungen Flüchtlingen in Bautzen für Schlagzeilen gesorgt, was einmal mehr die Diskussion über den Umgang Sachsens mit rechten Umtrieben befeuerte. Immer wieder gab es in dem Bundesland Angriffe auf Flüchtlingsheime und Ausländer - wie auch in anderen Teilen Deutschlands. Doch angesichts der seit fast zwei Jahren andauernden Aufmärsche der antiislamischen PEGIDA-Bewegung (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes) und starker Neonazi-Strukturen steht Sachsen in einem besonderen Fokus.

Zahlreiche Kundgebungen angemeldet

Der 3. Oktober ist nun just ein Montag. Und Montag ist PEGIDA-Tag. Die Bewegung um Lutz Bachmann meldete auch für den Einheitstag eine Kundgebung an, ebenso wie das rechtsgerichtete Bündnis „Festung Europa“ um die ehemalige PEGIDA-Frontfrau Tatjana Festerling. Darüber hinaus machen zahlreiche linke Gruppen mobil. Die Antifa ruft dazu auf, die Einheitsfeier „zum Desaster“ zu machen.

Insgesamt sind nach Angaben der Stadtverwaltung rund um den Einheitsfeiertag bisher elf Versammlungen und Demos angemeldet. Nach den Anschlägen muss die Polizei, die ohnehin mit einem Großaufgebot in Dresden präsent sein wird, die Sicherheitsplanung möglicherweise nochmals überdenken. In einem ersten Schritt wird nun der Schutz islamischer Einrichtungen verstärkt. Die zwei Moscheen in Dresden stehen Kretzschmar zufolge ab sofort unter Polizeischutz, ein islamisches Zentrum wird zusätzlich „intensiv bestreift“.

Andrea Hentschel, AFP

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