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71,5 Prozent der Morde mit Schusswaffe

Laut Zahlen des FBI ist in den USA die Anzahl der Morde im Jahr 2015 gegenüber dem Vorjahr um 10,8 Prozent angestiegen. Insgesamt wurden Schätzungen zufolge 15.696 Menschen ermordet - das sind 1.536 mehr als 2014.

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Dabei wurden gegenüber 2014 900 mehr Morde an männlichen Schwarzen und Afroamerikanern verübt, bei Weißen waren es rund 450 Mordopfer mehr. In 71,5 Prozent aller Fälle wurde eine Schusswaffe verwendet - 2014 waren es noch 67,9 Prozent. Von der Justiz als „gerechtfertigt“ klassifizierte Morde wurden in der Statistik nicht berücksichtigt. Im Jahresvergleich ist der Gesamtanstieg die höchste Zunahme seit 1971.

Mehr Gewaltverbrechen, weniger Eigentumsdelikte

Besonders betroffen vom Anstieg sind laut dem Bericht größere Städte wie Chicago, Washington D.C. und Baltimore. Allein in Chicago wurden 2015 488 Menschen ermordet - das sind 54 mehr als im Jahr davor. In Chicago-Stadt leben rund 2,8 Mio. Menschen, in der Metropolregion fast zehn. Zum Vergleich: In Österreich wurden 2015 39 Menschen ermordet. Insgesamt finden 45 Prozent aller Morde in den USA im Süden statt.

Summa summarum gab es bei Gewaltverbrechen (Mord, Vergewaltigung, Raub und Körperverletzung) gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 3,9 Prozent. Fast 1,2 Millionen Taten wurden verzeichnet. Körperverletzungen machen mit 63,8 Prozent den größten Anteil aus, gefolgt von Raub (27,3 Prozent), Vergewaltigung (7,5 Prozent) und Mord (1,3 Prozent). Eigentumsdelikte gingen um 2,6 Prozent zurück, verursachten aber immer noch einen Schaden von 14,3 Milliarden Dollar (12,7 Mrd. Euro).

Drittniedrigste Rate in 20 Jahren

Auch wenn der Trend alarmiert: Insgesamt gingen die Raten an Gewaltverbrechen in den letzten beiden Jahrzehnten erheblich zurück. Sowohl vor fünf als auch vor zehn Jahren waren die Kriminalitätsraten höher als heute. Insgesamt hatte 2015 die drittniedrigste Verbrechensrate in den letzten zwei Jahrzehnten. Gegenüber dem Höhepunkt der Welle an Gewaltverbrechen in den frühen 90er Jahren halbierte sich die Zahl der Morde nahezu.

Eine Frau hockt in der Nähe des Tatorts von Burlington vor Blumen und Luftballons

AP/Stephen Brashear

Nachdem ein Schütze in einem Einkaufszentrum in Burlington im Bundesstaat Washington fünf Menschen erschossen hat, herrscht in der Kleinstadt Trauer

Es gebe aber „immer noch so viel zu tun“, kommentierte Justizministerin Loretta Lynch die Zahlen am Montag. Die Kriminalität ist auch im US-Wahlkampf ein vieldiskutiertes Thema. Der Bericht könnte dahingehend zum „politischen Football“ gemacht werden, so Robert Smith von der Harvard Law School. Während der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump für eine harte Linie gegen Kriminelle eintritt, will seine demokratische Widersacherin Hillary Clinton den Zugang zu Waffen beschränken.

„Hysterische Reaktionen“ befürchtet

Gegenüber dem „Guardian“ befürchten Kriminologen, dass die neuen Zahlen in der Politik gerade angesichts der nahenden Präsidentenkür „hysterische“ Reaktionen auslösen könnten. So vermutet etwa Rechtswissenschaftler John Pfaff von der Universität Fordham unmittelbar Rufe nach mehr Festnahmen und einer längeren Haftzeit. Bereits jetzt haben die USA eine der weltweit höchsten Inhaftierungsraten.

Die Kriminalitätsstatistiken des FBI haben in den letzten Jahren auch immer wieder wegen inkonsistenter Angaben bei Fällen von Gewaltanwendung durch die Exekutive für Kritik gesorgt. Bei der Veröffentlichung des diesjährigen Reports rief FBI-Direktor James Comey deswegen auch zu mehr Transparenz und Haftung für die Exekutivorgane auf. Man arbeite außerdem an einer Datenbank, in der Fälle von Polizeigewalt verzeichnet werden.

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