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Wechselseitige Verbalattacken

In der SPÖ-ÖVP-Koalition herrscht weiter deutlich erkennbarer Unfrieden bezüglich des EU-Kanada-Handelsabkommens CETA. Die SPÖ solle ihre „Scheingefechte“ rund ums Abkommen einstellen „und ihren bereits begonnenen Schwenk auf die ÖVP-Linie vollziehen“, gab sich ÖVP-Generalsekretär Werner Amon am Freitag in einer Aussendung angriffig.

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SPÖ-Bundesgeschäftsführer Georg Niedermühlbichler hingegen schrieb in einer Aussendung, ohne die ÖVP zu erwähnen, dass sich andere zurücklehnten, nur ja nicht anecken wollten oder sogar querschießen würden, wenn berechtigte Kritik an einem Handelsabkommen geübt werde, das weit mehr als reine Handelspolitik umfasse. Für die SPÖ stehe fest, dass „das Primat der Politik gegenüber Konzerninteressen sichergestellt sein muss“.

Der am Freitag vorgebrachte Vorschlag der EU-Handelsminister, gehe aber in die richtige Richtung. „Eine Machtverschiebung weg vom Gesetzgeber hin zu Konzernen durch eine Paralleljustiz für Investoren ist mit aller Kraft zu verhindern“, so Niedermühlbichler. „Sondergerichte für die Beilegung von Handelsstreitigkeiten zwischen ausländischen Investoren und Staaten waren von Anfang an einer unserer Hauptkritikpunkte an CETA“, erinnerte er.

Amon: „Alle Vorbehalte lassen sich ausräumen“

Amon hingegen sagt: „Alle Vorbehalte lassen sich sachlich auf Basis des Vertrags und der Zusatzerklärung ausräumen.“ Er hat für die SPÖ auch einen „Rat“ in petto. Sie solle „endlich konstruktiv“ vorgehen: „Die Bürger erwarten sich eine ehrliche Debatte, nicht das verantwortungslose Schüren von Ängsten“, meinte der neue schwarze Generalsekretär. „Dass die umstrittenen Schiedsgerichte von einer vorläufigen Anwendung des CETA-Abkommens ausgenommen werden, ist eine langjährige Position Österreichs.“ Wer gegen Freihandel sei, sei gegen Österreich.

Für Kaiser „wichtiger Erfolg“

Als „wichtigen Erfolg und ersten Schritt in die richtige Richtung, um die Anliegen der Österreicherinnen und Österreicher im Handelsabkommen CETA zwischen der EU und Kanada zu schützen“, wertete der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) die am Freitag von den EU-Handelsministern getroffene Entscheidung, einer vorläufigen Anwendung der umstrittenen Schiedsgerichte nicht zuzustimmen. Der rote Kärntner erinnerte seinerseits wiederum die ÖVP-Spitze an die entsprechenden Beschlüsse der Landeshauptleutekonferenz.

Mit denen hätten sich auch die ÖVP-Landeshauptleute unmissverständlich gegen eine vorzeitige Anwendung und für die Aufrechterhaltung bestehender hoher Qualitätsstandards etwa für Produktsicherheit, Verbraucher-, Daten-, Umwelt-, Gesundheits- und Tierschutz ausgesprochen", so Kaiser. „Was für (die ÖVP-Landeshauptmänner, Anm.) Erwin Pröll, Josef Pühringer, Wilfried Haslauer, Hermann Schützenhöfer, Günther Platter und Markus Wallner gut und richtig ist, muss für (ÖVP-Wirtschaftsminister Reinhold, Anm.) Mitterlehner und (ÖVP-Außenminister Sebastian) Kurz bindend sein.“

Haubner: Kern nimmt Wirtschaft „in Geiselhaft“

Diametral anders wiederum Peter Haubner, Generalsekretär des ÖVP-Wirtschaftsbundes: Dass Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) mit Verweis auf den dort festgelegten Investitionsschutz mit einem Veto gegen CETA drohe, bedeute, dass er „damit nicht nur alle anderen europäischen Länder vor den Kopf stößt, er nimmt so auch die gesamte exportorientierte österreichische Wirtschaft für seine innenpolitischen Motive in Geiselhaft“.

Für die österreichische Wirtschaft sei der Schutz von Investitionen im Ausland unverzichtbar, so Haubner, der der SPÖ eine „wirtschaftsfeindliche, protektionistische Position“ zu CETA attestiert. Eine Ablehnung von CETA würde Investitionsschutzabkommen mit anderen Länder gefährden.

Schieder sieht Bewegung

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder sah nach dem EU-Handelsministerrat am Freitag Bewegung in Sachen Schiedsgerichte. Die Absichtserklärung, Schiedsgerichte aus der vorläufigen Anwendung von CETA herauszunehmen, sei „ein erster Schritt in die richtige Richtung“. Die tatsächlichen Beschlüsse müssten aber abgewartet werden. Schieder benannte drei Bereiche für die SPÖ bei CETA als zentral: „Erstens muss klar sein, dass private Schiedsgerichte nicht gegen unseren Willen eingeführt werden können.“

Zweitens müsse die Daseinsvorsorge - Wasserversorgung, Abfallwirtschaft, aber auch sozialer Wohnbau etc. - ausgenommen sein. Und drittens dürfe es nicht zur Absenkung von Standards - Umwelt-, Sozial- und Konsumentenschutzstandards - kommen; das gelte für Standards bei den Arbeitnehmerrechten der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).

Kritik von Umweltschützern

Greenpeace kritisierte nach dem informellen Handelsministerrat in Bratislava das Festhalten der EU an CETA in der vorliegenden Form. „Die Zusatzerklärung, die das Abkommen nun retten soll, kann die Giftzähne bei CETA nicht beseitigen. Problematische Inhalte, die unsere Umwelt- und Sozialstandards gefährden und Konzernen Sonderklagerechte einräumen, bleiben im Vertrag“, so eine Sprecherin von Greenpeace Österreich.

Auch Global 2000 warnte davor, nach dem informellen Rat am Freitag zu meinen, dass damit alle Fallstricke beseitigt wären. Bei CETA gebe es zahlreiche weitere Elemente, die dazu angetan seien, Umweltschutzmaßnahmen und Regulierungen für hohe Lebensmittelstandards auszuhebeln.

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