Themenüberblick

Klischees als Kassenschlager

Dummdämliche Blicke, flotte Sprüche und Italo-Klischees bis zu den unvermeidlichen Superhits des Italo-Pop - dazu etwas vom „Culture Clash“ zwischen nordischer Rationalität und südlichem Temperament: Dem italienischen Starkomiker Checco Zalone ist mit dieser Mischung ein italienischer Publikumsrenner sondergleichen gelungen, der über zehn Millionen Besucher lockte und inmitten der Brachialkomik mit aktuellen Themen spielt.

Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.

Luca Pasquale Medici alias Checco Zalone ist in Italien eine große Nummer in der Unterhaltungsbranche. Der Schauspieler, Komiker, Liedermacher, Drehbuchautor und Imitator wurde im Jahr 2006 mit einem Lied anlässlich des Fußball-WM-Titels Italiens zur nationalen Bekanntheit und ist seitdem Stammgast in den italienischen Charts und eine etablierte TV-Größe.

Szene aus dem Film "Der Vollposten"

Maurizio Raspante

Mamma (Ludovica Modugno) tut alles für Zalone (der sich selbst spielt)

Zalone versteht das Spiel mit der nationalen Identität und mag es dabei sehr direkt. Sein Künstlername Checco Zalone leitet sich aus dem Dialekt seiner Heimatstadt Bari ab: „Che cozzalone!” bedeutet dort so viel wie „Was für ein Prolet!” Das versteht man von Bozen bis Palermo.

Tausendsassa als Muttersöhnchen

Zalones „Der Vollposten – Avanti Beamti” wurde in Italien zum Kassenschlager, der über zehn Millionen Zuseher in die Kinos lockte und den letzten „Star Wars“-Film in den Schatten stellte. Die Komödie ist mittlerweile der erfolgreichste italienische Film aller Zeiten.

Checco Zalone, der für Hauptrolle, Drehbuch und Musik verantwortlich zeichnete, spielt sich mehr oder weniger selbst und schlüpft in die Rolle des Checco – ein Muttersöhnchen, wie es im Buche steht, das mit Ende 30 immer noch bei den Eltern wohnt, sich trotz langjähriger Beziehung weigert zu heiraten und dessen zentraler Existenzanker die Festanstellung bis ans Lebensende im hiesigen Amt für Jagd und Fischerei bedeutet. Der Sprössling aus einer Beamtenfamilie wurde von klein auf entsprechend sozialisiert – ein Beamter aus Bestimmung.

Die Staatsanstellung ist heilig

Und Checco hat es sich gerichtet, wie man es sich als italienischer Klischeebeamter nur richten kann. Die Festanstellung beim Staat ist heilig, sie ist ein Lebensentwurf, ja nahezu eine Religion, die aber genauso in ihren Grundfesten erschüttert werden kann.

Szene aus dem Film "Der Vollposten"

Maurizio Raspante

Für eine Festanstellung ist Zalone sogar bereit, seine Dauerfreundin (Azzurra Martino) zu heiraten

Denn völlig unvermittelt trifft Checco die Meldung über eine grundlegende Verwaltungsreform. Das Ministerium in Rom macht Dampf und nimmt insbesondere die Strukturen in der Provinz ins Visier. Die ehrgeizige Ministeriumsmitarbeiterin Sironi drängt mittels Abfindung Beamten um Beamten aus dem Staatsdienst. Checco wird ihr härtester Fall. Denn der weigert sich beharrlich, seine Festanstellung aufzugeben.

Al Bano und andere Bekannte

Ein Rahmen, der beste Voraussetzungen bietet, um sich durch die Welt der italienischen Beamten zu blödeln. Zalone setzt auf die großen und altbekannten Italo-Klischees vom Hotel Mamma bis zur institutionalisierten Verwaltungskorruption. Das ist mitunter flach, funktioniert aber zu jedem Augenblick. Dass bereits nach wenigen Minuten Al Bano und Romina Power mit „Felicita” zu hören sind, passt ebenso gut ins Bild, wie immer wieder durchblitzt, dass Italien eine große Tradition in Sachen Brachialkomik besitzt.

Szene aus dem Film "Der Vollposten"

Maurizio Raspante

Valeria (Eleonora Giovanardi) und Zalone: Auge in Auge mit einem Eisbären

So mancher flapsige Sager könnte auch aus einem Film mit Bud Spencer und Terence Hill stammen, ohne deren Klasse zu erreichen. Zalones dummdämliche Blicke machen einem Celentano alle Ehre. Dazu gibt es exotische Kulissen, süße Tiere und launige Musik. Zalone zieht alle Register des Komödienhandwerks und gibt den patscherten Macho. Angesichts der geballt zur Schau gestellten nationalen Identitätsmuster wundert es wenig, dass die Italiener in Scharen die Kinos stürmten. Zalone hält der Nation einen Spiegel vor, weiß aber nicht nur mit althergebrachten Mustern, sondern auch mit gesellschaftlichen Phänomenen jüngeren Datums zu spielen.

Wohin des Weges?

Der widerspenstige Beamte trifft in Skandinavien auf eine gänzlich fremde Welt, in der die Gleichstellung der Frau, Patchwork-Familien, gleichgeschlechtliche Liebe, politische Korrektheit und Mülltrennung selbstverständlich sind. Checcos Assimilation zum Norweger wird inmitten all der Schenkelklopfer zur treffenden Gesellschaftsbeschreibung und zeichnet den Zusammenprall der Kulturen zwischen dem kühlen, rationalen Norden und dem temperamentvollen Süden sehr präzise und natürlich wenig korrekt.

Und es geht hier trotz des schnellen Witzes und der Gesetzmäßigkeiten des Mainstream-Unterhaltungskinos durchaus auch um die Moral. Was wiegen Eigeninteressen in Relation zum Gemeinwohl? Was kann Idealismus tatsächlich zu einer besseren Welt beitragen? Wie viel ist die Freiheit wert - und wie viel Sicherheit bin ich bereit, dafür aufzugeben? Der Film trägt im italienischen Original den bezeichnenden Titel „Quo vado?” und entlässt die Kinobesucher am Ende dennoch mit einer ziemlich deutlichen Botschaft.

Johannes Luxner, für ORF.at

Link: