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Umverteilung geht nur schleppend voran

Rund 75.000 Flüchtlinge sind nach Angaben von Amnesty International (AI) seit Wochen unter menschenunwürdigen Bedingungen an der syrisch-jordanischen Grenze gestrandet. Die Menschen im Niemandsland seien seit zwei Monaten von humanitärer Hilfe praktisch abgeschnitten. Es mangle an Nahrung, Wasser und Medizin, viele Menschen seien gestorben.

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Filmaufnahmen zeigten, dass es in der Region um die seit Ende Juni geschlossenen Grenzstationen Rukban und Hadalat Massengräber gebe, berichtete die Menschenrechtsorganisation am Donnerstag. Die Situation sei eine tragische Folge des Versagens der internationalen Gemeinschaft in der Flüchtlingskrise.

Syrische Flüchtlinge zwischen der syrischen und jordanischen Grenze

APA/AFP/Khalil Mazraawi

Tausende sitzen im Niemandsland zwischen Syrien und Jordanien fest

235.000 Menschen warten in Libyen

Weiter westlich warten laut UNO 235.000 Flüchtlinge in Libyen auf die Gelegenheit zur Überfahrt über das Mittelmeer nach Italien. Terrorismus und Flucht seien Symptome derselben Krankheit: des Mangels an einer staatlichen Behörde in Libyen, sagte Martin Kobler, der deutsche UNO-Sonderbeauftragte für Libyen, in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung „La Stampa“ (Donnerstag-Ausgabe).

Man müsse die Ursachen der Flucht - Terrorismus und Armut - bekämpfen. „Der Kampf muss vor allem in den Herkunftsländern der Migranten geführt werden. Nur so kann man den Notstand in Libyen bewältigen“, so der UNO-Sondergesandte.

Flüchtlinge während der Überfahrt von Libyen nach Italien

AP/Emilio Morenatti

Ein Boot mit Flüchtlingen vor der Küste Libyens

Seit Jahresbeginn wurden in Italien 75.681 Asylanträge gestellt, 64.638 davon von Männern und 11.043 von Frauen. Die meisten Asylsuchenden stammen laut Statistik aus Nigeria, Pakistan, Gambia und Eritrea, teilte der Präsident der nationalen Kommission für Asylrecht, Angelo Trovato, am Mittwoch vor dem Parlament mit.

Auffanglager in Griechenland überfüllt

Die Zahl der Flüchtlinge in Griechenland, stieg unterdessen am Dienstag erstmals auf mehr als 60.000. Wie der griechische Flüchtlingskrisenstab mitteilte, hätten in 24 Stunden 183 Menschen aus der Türkei nach Griechenland übergesetzt. Damit stieg die Zahl der registrierten Flüchtlinge auf 60.042.

Die Auffanglager auf den Inseln Chios, Lesbos, Samos und Kos sind überfüllt. Allein auf Chios werden derzeit nach Angaben des griechischen Flüchtlingskrisenstabs knapp 3.600 Flüchtlinge festgehalten, obwohl es nur 1.100 offizielle Plätze gibt. Die Situation sorgt auch bei den Bürgern der Insel zunehmend für Unmut.

Flüchtlingsjunge in einem Camp

ORF.at/Romana Beer

Das Flüchtlingslager Souda liegt direkt in Chios-Stadt

Erst vorige Woche kam es auf Chios zu Zusammenstößen zwischen Inselbewohnern, Bereitschaftspolizei und Flüchtlingen. Wie das Insel-Onlineportal Politis berichtete, waren nach friedlichem Beginn der Kundgebung rund 150 Inselbewohner unangemeldet auf die Lager marschiert. Die Polizei setzte Tränengas ein, um die Lage in den Griff zu bekommen. Vor dem Auffanglager Souda sei es erneut zu Ausschreitungen gekommen. Flüchtlinge hätten aus dem Lager heraus Steine auf die Demonstranten geworfen und gefordert, nach Athen reisen zu dürfen.

Kaum Umverteilung aus Griechenland und Italien

Die vieldiskutierte Umverteilung von Flüchtlingen innerhalb der EU geht währenddessen nur schleppend voran. Beschlossen ist eine Verteilung von bis zu 160.000 Asylsuchenden, die in Italien und Griechenland angekommen sind. Erledigt waren aber bis Juli gerade einmal gut 3.000 Fälle - 2.213 Flüchtlinge aus Griechenland und 843 weitere aus Italien wurden in andere EU-Länder gebracht.

Millionen Kinder können keine Schule besuchen

Mehr als die Hälfte der weltweit rund sechs Millionen Flüchtlinge im Schulalter können laut UNO-Angaben keine Schule besuchen. Insgesamt seien 3,7 Millionen Mädchen und Buben in zahlreichen Ländern betroffen, hieß es in einem Bericht des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR).

Der UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi, sprach von einer „Krise“ für Millionen von Kindern. Schulbildung für Flüchtlinge werde schmerzlich vernachlässigt, obwohl sie eine der wenigen Chancen für eine bessere Zukunft bieten könnte. Nur 50 Prozent der Flüchtlingskinder besuchten eine Volksschule - im Vergleich zu einem globalen Durchschnitt von 90 Prozent. Lediglich ein Prozent könne studieren gegenüber 34 Prozent weltweit.

Amnesty: „Mehr als nur Rhetorik liefern“

Besonders prekär sei die Lage in ärmeren Staaten. Von den 4,8 Millionen Flüchtlingen aus Syrien in den Ländern der Region seien 35 Prozent im Schulalter. In der Türkei könnten aber nur 39 Prozent der syrischen Flüchtlingskinder zur Schule gehen, im Libanon 40 Prozent und in Jordanien immerhin 70 Prozent. Insgesamt gibt es den Angaben zufolge derzeit für 900.000 syrische Flüchtlingskinder keine Schule.

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