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„Guter Transitpunkt“

Riesige unzugängliche Regionen, gepaart mit durchlässigen Grenzen haben Argentinien in den vergangenen Jahren zu einer Drehscheibe für den internationalen Drogenhandel gemacht. Argentiniens Regierung kündigte zuletzt eine verschärfte Vorgangsweise an - für die Drogenkartelle bleibt das Land ungeachtet dessen offenbar weiterhin attraktiv.

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Davon spricht laut „Wall Street Journal“ („WSJ“) auch Argentiniens Sicherheitsministerin Patricia Bullrich. Ihr zufolge werde in Argentinien zwar kein Kokain produziert, das Land sei wegen seiner „porösen Grenzen, Straßen, Flüsse und Häfen“ aber ein „guter Transitpunkt“.

„Sicherer Platz für Investitionen“

Das „WSJ“ erinnert mit Verweis auf einen Bericht des US-Außenministeriums zudem daran, dass seit 1999 lediglich sieben große Geldwäschefälle erfolgreich verfolgt worden seien. Das habe Drogenhändler aus Kolumbien, Peru und Mexiko geradezu „inspiriert“, in Argentiniens abgelegenen Regionen in Ländereien und luxuriöse Anwesen zu investieren. „In Argentinien fanden Drogenhändler einen sicheren Platz für Investitionen“, wird in diesem Zusammenhang der argentinische Bundesrichter Gustavo Lozada zitiert.

Den Anfang machte mit den Kauf von Landsitzen und Apartments laut „Frankfurter Zeitung“ bereits in den 90er Jahren der einstige Chef des mexikanischen „Juarez“-Kartells, Carrillo Fuentes. Geht es nach Lizette Yrizarry von der US-Drogenbehörde DEA versuchen Kartelle aus Mexiko und Kolumbien seitdem verstärkt, sich im Land zu etablieren.

Allein die durch das Land geschleuste Menge an Kokain wird offiziellen US-Angaben zufolge mittlerweile mit rund 70 Tonnen pro Jahr beziffert. Laut UNO-Weltdrogenbericht rangiert Argentinien nach Brasilien, Kolumbien, Ecuador und der Dominikanischen Republik bereits auf Rang fünf der wichtigsten Transitländer für das nach Europa und Asien geschmuggelte Kokain.

Argentiniens „blinde Flecken“

Die Drogen werden unter anderem mit Kleinflugzeugen über die Grenze geflogen, sagt dazu Pablo Gerardo Prado, der an der argentinisch-bolivianische Grenze die im Kampf gegen den Drogenschmuggel eingesetzten Einsatzkräfte anführt. Dasselbe Bild zeige sich dem „WSJ“ zufolge auch an der Grenze zu Paraguay, wo es ebenfalls nur in Einzelfällen gelinge, die abgeworfenen Drogenpakete sicherzustellen.

Fahnder mit Hund im Hafen von Rosario (Argentinien)

Reuters/Enrique Marcarian

Drogenspürhunde im Hafen von Rosario

Da nur 17 Prozent des argentinischen Staatsgebietes radarüberwacht sei, gebe es vielmehr zahllose „blinde Flecken“, weswegen für die Kartelle zum Einsammeln der Drogenpakete in der Regel auch meist keine Eile bestehe, wie ein weiterer Bundesbeamter der Zeitung sagte. Auf dem Luft- und Landweg werden die Drogen dann zu argentinischen Regionalhäfen gebracht, wo sie dann per Schiff ihren Weg in Europas Städte finden.

Macris lange Einkaufsliste

Argentiniens Präsident Mauricio Macri sprach bereits im Jänner dieses Jahres von einem schwerwiegenden Problem und kündigte eine verschärfte Vorgangsweise an. Per Notfallgesetz wurde etwa der Abschuss von mutmaßlichen Drogenschmugglerflugzeugen durch die argentinische Luftwaffe ermöglicht. Zudem orderte Macri umfangreiches Radarequipment und bessere Ausrüstung für die an der Grenze stationierten Sicherheitskräfte.

Auf Macris Einkaufsliste finden sich auch neue Flugzeuge. Allein vom US-Außenministerium wird seit Juli etwa der Verkauf von 24 Patrouillenflugzeugen an Argentinien geprüft. Laut Luis Green vom argentinischen Grenzschutzprogramm sollen auch AWACS-Überwachungsflugzeuge angeschafft werden. Israel soll zudem Überwachungsballons liefern.

„Mexikanische Verhältnisse“ befürchtet

Beobachter fürchten angesichts des von Macri ausgerufenen Kampfes gegen Drogen indes bereits „mexikanische Verhältnisse“. In Mexikos Drogenkrieg starben seit 2006 geschätzte 130.000 Menschen. Argentinien sei vor solchen Verhältnissen zwar noch weit entfernt, sagt dazu Juan Gabriel Tokatlian von der Universität Torcuato Di Tella gegenüber dem „WSJ“. Berichtet wird dennoch von einer deutlichen Zunahme von Bandenkriminalität, zudem habe sich der Drogenkonsum in Argentinien seit dem Jahr 2000 verdreifacht.

Besorgt über die Entwicklung in seinem Heimatland zeigte sich auch Papst Franziskus. „Hoffentlich können wir die Mexikanisierung Argentiniens noch aufhalten“, mailte er laut „Frankfurter Rundschau“ im Vorjahr an einen in der Drogenprävention aktiven Freund in Buenos Aires.

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