Welterfolg im zweiten Anlauf
Am 8. September 1966 war „Raumschiff Enterprise“ zum ersten Mal in den vielzitierten unendlichen Weiten unterwegs: Captain Kirk, Mr. Spock und Co. gaben ihr TV-Debüt - in Farbe, wenn es denn der Fernseher zuließ. Die friedliche Mission der Besatzung fand ein Millionenpublikum, doch die Serie hätte das Trockendock beinahe nie verlassen.
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„Computerlogbuch der Enterprise, Sternzeit 1513,1, Captain Kirk.“ Der Kapitän, gespielt vom Kanadier William Shatner, damals Mitte 30 und noch ohne den Bauch in seiner Uniform einziehen zu müssen, ist gemeinsam mit Schiffsarzt „Pille“ McCoy (DeForest Kelley) auf der Oberfläche des Planeten „M-113“ unterwegs, um eine Routineuntersuchung durchzuführen.
An Bord der Enterprise hielt indes Mister Spock die Stellung. Der Wissenschaftsoffizier, verkörpert von dem im Vorjahr verstorbenen Schauspieler Leonard Nimoy, war offensichtlich nicht von dieser Welt: Ohne Emotionen - dafür mit spitzen Ohren. Vor dem blassen Halbvulkanier fürchteten sich vor allem die Sendeverantwortlichen vor Ausstrahlung dieser ersten Folge, „Das Letzte seiner Art“ (engl. „The Man Trap“).
Spitze Ohren als Hindernis
Ein stoischer Außerirdischer als Teil der Besatzung - das war 1966 ein gewagter Schritt für das amerikanische Hauptabendprogramm. Aus Angst, Werbekunden zu vergraulen, wurden die Ohren von Spock auf Bildern kurzerhand abgerundet, die Anweisung an „Star Trek“-Erfinder Gene Roddenberry war unmissverständlich: Spock müsse im Hintergrund bleiben. Nur wenige Wochen nach der Erstausstrahlung häufte sich die Fanpost für Nimoy - der Sender musste zurückrudern, der Vulkanier avancierte zum eigentlichen Star der Serie.

Universal Pictures
60er Jahre Farbpracht - Captain Kirk und Spock (vorne), im Hintergrund ein Andorianer - die blauen Aliens trugen nicht immer Rot
Ob „Star Trek“ überhaupt den Weg auf die Fernsehschirme finden würde, war lange Zeit ungewiss: Die Pilotfolge legte Roddenberry dem Sender NBC schon 1965 vor - sie wurde von selbigem abgelehnt. Normalerweise bedeutete das das vorzeitige Ende einer Fernsehsendung, doch Roddenberry bekam eine zweite Chance, überarbeitete sein Konzept und konnte ein Jahr später mit der Episode „Where No Man Has Gone Before“ letztlich doch überzeugen.
Zukunft setzt auf Vielfalt
Mit einigen Auflagen, schwachem Budget und schwer abschätzbaren Einschaltquoten ging „Star Trek“ in Serie. Das Geschehen auf der Brücke wurde durch das Wechselspiel zwischen Kirk als Mann der Taten, Spock als Stimme der Vernunft und McCoy als dessen impulsiven Gegenpol definiert. Rundherum setzte Roddenberry auf Diversität, die seinen Prinzipien entsprach: „Star Trek“ spielt in einer Gesellschaft, die Vorurteile hinter sich gelassen hat - Utopia im Weltall.
TV-Hinweis
Anlässlich des 50-Jahr-Jubiläums zeigt der ORF den zwölften Teil der Kinokultreihe. „Star Trek: Into Darkness“ ist am Donnerstag um 20.15 Uhr in ORF eins zu sehen.
Roddenberry - ehemaliger Kampf-, dann Linienpilot, später Polizist - stellte mit Nichelle Nichols als Kommunikationsexpertin Uhura eine schwarze Schauspielerin auf die Brücke des Raumschiffs. George Takei, Amerikaner mit japanischen Wurzeln, übernahm das Steuer der Enterprise - bis dahin war asiatischen Schauspielern im Fernsehen vor allem die Rolle des Bösewichts vorbehalten.
Zeitgenössischer Anstrich für „Trek“-Episoden
Mit Chekov (Walter Koenig) wurde in der zweiten Staffel die Crew um einen Russen ergänzt. Dass Roddenberry damit auf einen erzürnten Bericht der russischen Tageszeitung „Prawda“ reagierte, die das Fehlen eines sowjetischen Offiziers bemängelte, ist wahrscheinlich nur ein Gerücht. Stattdessen ähnelte Koenig optisch dem „Monkees“-Sänger Davy Jones und sollte inmitten der Beatlemania das junge Publikum ansprechen. Sein - falscher - russischer Akzent diente dabei eher als Gimmick.
In den einzelnen Folgen verarbeiteten Roddenberry und seine Schreiber oft aktuelle Themen und verpackten sie in ein leicht durchschaubares Science-Fiction-Szenario. Egal ob Vietnam-Krieg, Vorurteile über die Hautfarbe oder Kalter Krieg (mit den durch die Farbe Rot charakterisierten Klingonen als Erzfeinden): „Star Trek“ trug fast immer eine Botschaft in das Abendprogramm - vorbei an den wachsamen Zensoren der Fernsehsender, die Politisierung im Unterhaltungsprogramm vermeiden wollten.
„Trekker“, nicht „Trekkie“
Bereits kurz vor dem Ende der zweiten Staffel wurde jedoch bekannt, dass „Star Trek“ keine Fortsetzung bekommen würde. Die Quoten waren nicht überragend, der Sender war überzeugt davon, dass Science-Fiction für Kinder sei - zwei Jahre vor der Mondlandung schien das Weltall noch unerreichbar. Ohne das Publikum genau zu kennen, stand das Raumschiff vor dem vorzeitigen Ende seiner im Vorspann als „fünfjährige Mission“ bezeichneten Reise.
Buchhinweis:
Edward Gross und Mark A. Altman: The Fifty-Year Mission. Thomas Dunne Books, 544 Seiten, 26,99 Euro.
Doch die Fanclubs, mit Roddenberrys Unterstützung, mobilisierten ihre Anhänger. Mindestens 200.000 Briefe soll NBC erhalten haben, bis der Sender resignierte: Anschließend an eine der vermeintlich letzten Folgen wurde angekündigt, dass doch eine weitere Staffel gedreht werden würde - gefolgt von der Bitte, das Briefeschreiben ab jetzt wieder einzustellen.
Zu den „Trekkern“, jenen Fans, die - im Gegensatz zu den abschätzig als „Trekkies“ bezeichneten Anhängern - Realität und Fiktion streng unterscheiden und Schauspieler Shatner von der Figur Kirk trennen können, zählten Studenten, Uniprofessoren und Autoren wie Isaac Asimov. Die Zukunft von „Star Trek“ war dadurch ein weiteres Jahr gesichert, wenngleich die Serie auf einen undankbaren Sendeplatz spätabends verlegt wurde, was der Serie nach 79 Folgen das Aus brachte.
Kinofilme ohne Ende
Die Popularität erreichte erst in den Jahren und Jahrzehnten darauf ihren Höhepunkt: Durch gesteigertes Interesse an der Raumfahrt, Science-Fiction im Allgemeinen und endlose Wiederholungen der Serie, die der ORF ab 1973 ausstrahlte, wurde „Star Trek“ Teil der Populärkultur und Spock zum „Vorzeige-Außerirdischen“. Science-Fiction war so sehr Teil des Mainstreams geworden, dass mit „Star Wars“ sogar plötzlich Platz für Konkurrenz da war.

Paramount Pictures
Seit 2009 übernimmt Chris Pine die Rolle von Captain Kirk - der Neustart unter der Leitung von Regisseur J. J. Abrams hält mittlerweile bei drei Kinofilmen
Es folgten insgesamt sechs Kinofilme mit der ursprünglichen Crew, der letzte davon wurde 1991 veröffentlicht: Fast gleichzeitig mit dem Zerfall der Sowjetunion wurde Frieden mit den Klingonen geschlossen. Nach 25 Jahren übernahm der Brite Patrick Stewart gemeinsam mit einer neuen Enterprise das Kommando, es folgten vier weitere Fernsehserien und ebenso viele Filme. 2009 betätigte Regisseur J. J. Abrams 2009 den Reset-Knopf und kehrte mit neuer Besetzung - aber alter Besatzung - zu den Ursprüngen zurück.
Neue Serie ab 2017
Im kommenden Jahr soll Roddenberrys Vision nach längerer Pause erneut den Weg auf die Fernsehschirme finden: „Discovery“ heißt das neue Projekt, das auf dem Storygerüst des 1991 verstorbenen Produzenten aufsetzt. Zeitlich ist die Serie vor den Abenteuern von Kirk und Crew angesetzt, „Trekker“ sind ihrem Ruf getreu eher skeptisch, was die Prämisse anbelangt. Doch die Euphorie über eine neue „Trek“-Serie überwiegt.
Veraltete Optik, zukunftsweisende Elemente
Nach heutigen Maßstäben wirkt die Optik der Serie veraltet, die Außerirdischen erinnern an Faschingsfiguren. Viele Elemente von „Star Trek“ sind jedoch zeitlos geblieben. Das beginnt bei der Technik - Stichwort „Beamen“ - und zieht sich bis in die Bereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens.
So trifft Kirk in der Episode „The Devil in the Dark“ auf ein „Horta“, eine steinartige Lebensform, die zahlreiche Menschenleben auf dem Gewissen hat. Doch anstatt sie - Auge um Auge - auszulöschen, versucht die Besatzung der Enterprise, mit dem unbekannten Wesen zu kommunizieren.
„Ich bin Arzt und kein Maurer“ verlautbart „Pille“ lapidar, doch das wenig ansehnliche Horta hat Gefühle, fühlt sich bedroht und versucht letztlich nur, die eigenen Kinder zu beschützen. Unvoreingenommen und ohne Angst auf Fremdes zugehen: Das ist einer der unumstößlichen Grundpfeiler von „Star Trek“, quer über alle Generationen hinweg - und genauso aktuell wie vor 50 Jahren.
Florian Bock, ORF.at
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