„Nerve“: Internetmutproben als packender Thriller
Sie klettern auf Turmspitzen und hängen sich mit Skateboards an fahrende Autos: Mit Helm- und Handykameras filmen Jugendliche waghalsige Stunts, um in Sozialen Netzwerken damit zu prahlen. Der New Yorker Sci-Fi-Thriller „Nerve“ greift diesen Trend auf und verarbeitet ihn zu einer packenden, durchaus medienreflexiven Story.
„Player“ und „Watcher“
Im Zentrum des Films, der heute österreichweit in den Kinos startet, steht das fiktive Onlinespiel „Nerve“, das seine Mitspieler in „Watcher“ und „Player“ einteilt. Die einen sehen zu und stimmen ab, während die anderen bei immer riskanteren Mutproben ihr Leben aufs Spiel setzen. Über Handy wird alles mitgefilmt und live gestreamt.

Constantinfilm
Vee (Roberts, r.) und Ian (Franco)
Auch das hübsche Mauerblümchen Vee (Emma Roberts) gerät in den Bann des Spiels: Spontan meldet sie sich als „Playerin“ an und lässt sich von Mitspieler Ian (dargestellt von James Francos jüngerem Bruder Dave Franco) auf eine rasante Tour durchs nächtliche New York entführen. Über die Handys bekommen beide Anweisungen von ihren „Watchern“: Mutproben, die sie für wachsende Geldbeträge ausführen sollen.
Moderne Gladiatorenspiele im Netz
Unter den Livestream-Blicken Tausender Fans rasen Vee und Ian mit verbundenen Augen auf einem Motorrad die 5th Avenue hinunter und balancieren auf einer Leiter von einem Wolkenkratzer zum anderen. Bald wird klar, die anonyme Meute der „Watcher“ will Blut sehen. Der monumentale Showdown von „Nerve“ findet nicht zufällig in einer modernen Gladiatorenarena statt: Wie weit, fragt der Film, ist unsere moderne Sensationsgier von den dekadenten Vergnügungen Roms entfernt?
Das Regieduo hinter „Nerve“, Ariel Schulmann und Henry Joost, ist durch die Zusammenarbeit bei „Paranormal Activity“, Teil drei und vier, spannungserprobt: Subjektive Kameraperspektiven funktionieren bei „Nerve“ ebenso gut wie der ambitionierte Versuch, die „Augmented Reality“ der „Nerve“-Spieler auf die New Yorker Skyline zu projizieren.
Der britische „Guardian“ lobt den Thriller als „den bisher gelungensten Versuch, das Internet auf die Leinwand zu holen“. „Nerve“ ist ein rasanter, greller, klug gemachter Film, der als Popcorn-Movie für Teenager ebenso gut funktionieren sollte wie als medienkritische Parabel. (mcke, für ORF.at)