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Stärken und Schwächen der Kandidaten

Der Countdown läuft, die Aufregung steigt. Wenn Hillary Clinton am Montag in der ersten TV-Debatte auf Donald Trump trifft, werden Millionen Menschen vor den Bildschirmen sitzen. Beide US-Präsidentschaftskandidaten spielen mit höchstem Einsatz.

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Laut der am Sonntag veröffentlichten Umfrage für die „Washington Post“ und ABC News standen die Demokratin und der Republikaner bei 41 Prozent der Wählerstimmen. Der Kandidat der Libertären Partei, Gary Johnson, und die Grünen-Politikerin Jill Stein kamen auf sieben beziehungsweise zwei Prozent.

Im direkten Vergleich verbuchten Clinton und Trump 46 Prozent der Wählerstimmen auf sich. Andere Umfragen zeigten zuletzt aber nach wie vor einen knappen oder eindeutigen Vorsprung Clintons. Hinsichtlich Geschlecht und Bildung setzten sich die Tendenzen der Vergangenheit bei der neuen Umfrage fort: Männer favorisieren zu 54 Prozent Trump, Frauen zu 55 Prozent Clinton. Bei der Unterstützung durch weiße Wähler liegt Trump vorn.

Der Kampf um die Unentschlossenen

„Beide Seiten buhlen um die, die ihre Entscheidung noch nicht getroffen haben“, sagt der Debattenforscher Aaron Kall. Clinton und Trump werden am Montag zum ersten Mal gemeinsam auf einer Bühne stehen; sie messen sich also im direkten Vergleich.

Manche Experten meinen, man könne eine Wahl nicht durch eine Debatte gewinnen, aber sehr wohl verlieren. Leistet sich ein Kandidat grobe Patzer, kann er deutlich in der Wählergunst sinken, wie es 1980 dem damaligen Präsidenten Jimmy Carter und 2000 dem damaligen Vizepräsidenten Al Gore passierte. Insgesamt sind drei Debatten geplant. Es scheint aber möglich, dass Trump einen der anderen Auftritte absagen wird. Das hat er während der Vorwahlen schon einmal getan.

Clinton übt, Trump nicht

Clinton übt laut Angaben aus ihrem Stab intensiv in Probedebatten, Trump verzichtet darauf. Er schaue stattdessen Videos von Clintons besten und schlechtesten Auftritten, schreibt die „New York Times“. Der Republikaner selbst gab als Grund für seine Skepsis gegenüber der traditionellen Vorbereitung an, er wolle nicht gestelzt und unnatürlich wirken.

Das Clinton-Lager will dagegen nichts dem Zufall überlassen. Die größte Schwierigkeit sei, dass man schlicht nicht wisse, auf welchen Trump sie treffen wird, sagte ihr Sprecher Brian Fallon unlängst dem Sender MSNBC. Berichten zufolge engagierte Clinton sogar Trumps Ghostwriter Tony Schwartz, um Einblick in die Angriffspunkte des 70-Jährigen zu bekommen. Laut der „New York Times“ will sie ihn dazu bringen, dass er aus der Haut fährt.

Clintons lange Karriere als Imageproblem

Clinton selbst wird hingegen immer wieder vorgeworfen, zu unnahbar zu sein, zu künstlich, zu sehr Politprofi. „Clinton steht seit den 90ern in der Öffentlichkeit, die Menschen haben sehr fest gefügte Meinungen über sie“, sagt Kall. Ihr größtes Problem ist, dass viele Menschen sie für korrupt und unehrlich halten.

Während der Debatten in den Vorwahlen konnte ihr Konkurrent Bernie Sanders sich das zunutze machen - ohne dass er sie dabei allzu hart angriff oder gar beleidigend wurde. So brachte er zum Beispiel niemals ihre E-Mail-Affäre ins Spiel. Von Trump kann sie das nicht erwarten. Er befeuert das Stigma der Lügnerin fleißig.

Gerade deshalb muss Clinton nun glaubwürdig erscheinen. Ihr Vorteil ist, dass sie sehr viel Erfahrung in TV-Debatten hat. Sie reagiert in der Regel souverän, wenn sie angegriffen wird. Im vergangenen Oktober musste sie im Kongress Rede und Antwort stehen zu dem Anschlag in Bengasi in Libyen. Elf Stunden lang grillten die republikanischen Abgeordneten sie mit ihren Fragen. Clinton behielt die Ruhe, war ganz Staatsfrau. Manche raten ihr aber, es mit der Professionalität nicht zu übertreiben. Andernfalls laufe sie Gefahr, dass sie zu hölzern und abgehoben wirke. Auch zu detaillierte Antworten solle sie besser vermeiden.

Peinliche Patzer bei Trumps Auftritten

Trump hat viel weniger Übung als Clinton. Es ist sein erstes direktes Duell. Während der Vorwahlen standen selbst in der letzten Debatte noch drei seiner Konkurrenten mit ihm auf der Bühne. Er konnte so zwischendurch immer wieder abtauchen und musste sich nicht allzu ausführlich zu politischen Konzepten äußern.

Peinliche Patzer unterliefen ihm dennoch: Mal erklärte er, China sei Teil des Handelsabkommens TPP, mal strauchelte er bei einer Frage zum Thema Nuklearwaffen. „Trumps Mangel an politischen Detailkenntnissen kann ein echter Nachteil sein“, schreibt Larry Sabato, Politikprofessor an der Universität Virginia. Trump selbst erklärte, er sei dagegen, dass der Moderator seine Aussagen einem Faktencheck unterzieht.

Trump muss die überzeugen, die der Meinung sind, er sei nicht präsidial genug. Auch in seiner eigenen Partei gibt es diesbezüglich noch immer große Vorbehalte. „Mit einigen Ausnahmen hat er sich in letzter Zeit leicht verbessert, was sein Gebaren angeht“, so Sabato. „Es ist möglich, dass er schon allein präsidial erscheint, wenn er zusammenhängend spricht und nichts total Unmögliches sagt.“ Trump ist ein Kind des Reality-Fernsehens, er hat dessen Regeln verinnerlicht. Manche Experten meinen, er treffe deshalb den Ton der Menschen. „Er redet in kurzen, starken Sätzen“, schreibt Karl Rove, ein ehemaliger Berater von Präsident George W. Bush (2001 bis 2009).

Die wichtigen Momente nach der Debatte

Der Narrativ des Abends wird nicht nur während der 90 Minuten geformt, in denen beide auf der Bühne stehen. Entscheidend sind auch die Momente danach, wenn ganze Mannschaften aus beiden Lagern ausscheren, um ihre Version des Geschehens zu verbreiten. „Manchmal ist einer der Kandidaten in der Debatte besser, aber der andere hat die besseren Spindoktoren“, sagt Debattenforscher Kall. „Es ist alles ein Prozess: die Erwartungen, die tatsächliche Debatte und dann der Nachklang.“

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